Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Ideen Projekte Bauten

Die Düsseldorfer Ausstellung im K20, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, zeigt Museumsbauten im 21. Jahrhundert.


„Das Museum ist der bildhafte Ort des Nachdenkes und der heilsamen Verunsicherung.“ Coop Himmelb(l)au, Musée des Confluence in Lyon

Museen scheinen die Aufgabe von Wahrzeichen übernommen zu haben, die früher Kathedralen zukam. Sie gelten immer mehr als kulturelle Identifikationssymbole in unserer Gesellschaft. Spätestens seit dem Bilbao-Effekt ist uns bewusst, dass Museen die Attraktivität der Städte steigern und viel mehr sind als bloße Hülle für Bilder oder Skulpturen. Sie werden selbst zur monumentalen Skulptur und stehlen oft der eigentlichen Kunst die Schau.

Absolut sehenswert!

Aber machen Sie sich selbst ein Bild: Als erste Station einer internationalen Tournee zeigt K20 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen einen Querschnitt durch die Museumsarchitektur im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. 26 der interessantesten Projekte, die entstanden, gegenwärtig entstehen oder geplant sind, werden anhand von Modellen, Photographien, Computer-Simulationen, Plänen oder Skizzen veranschaulicht.

Der Besucher gewinnt den Eindruck, ein Museum zu planen, sei der Traum eines jeden Architekten: Denn gerade bei Museumsbauten ist die Handschrift des Architekten sowie dessen Grundidee von Architektur und Raum besonders gut lesbar. Frank O. Gehry schafft mit seiner unverwechselbaren „Dekonstrukion des Raumes“ in der Corcoran Gallery of Art in Washington neue Identität durch Architektur. Tadao Ando – zurückhaltend wie immer – respektiert Natur und Kultur, indem er sein Chichu Kunstmuseum auf der Insel Naoshima in Japan als Teil der Landschaft in die Erde gräbt und Wood / Marsh Architecture bezeichnen ihr ACCA – Australian Centre for Contemporary Art – als „Ausstellungsmaschine“. Wie eine Felsformation ragt die mit Corten-Stahl verkleidete Skulptur aus der Landschaft empor.

Zwischen Erlebnis- und Containermuseum

So unterschiedlich alle Projekte auch sind – eines wird deutlich: Ein Museum ist heute mehr als nur ein Ausstellungsraum. Es beinhaltet weit mehr Funktionen. Es ist Museum, Forschungs- und Bildungseinrichtung, Schule, Auditorium oder Bibliothek in einem. Wie kann ein solch großer komplexer Apparat funktionieren? Rafal Vinoly Architects lösen diese Problematik beim Nasher Museum of Art at Duke Universtity in Durham, USA mit einem über alle Baukörper gespannten Dach. Dieses Atrium dient als Eingangshalle, Versammlungsraum, Ruhezone und Treffpunkt. Steven Holl bringt im Nelson Atkins Museum of Art in Kansas City jede Nutzung in einzelnen Gebäuden unter, die wiederum durch eine Wegestruktur wie an einem Faden aufgereiht miteinander verbunden sind.

Da der Schwerpunkt der Ausstellung im K20 eher auf dem äußeren Erscheinungsbild, der Formensprache von Museen liegt, wird oft nicht erkennbar, wie die Architekten mit der Ausstellungsarchitektur an sich, den auszustellenden Objekten umgehen. Denn gerade bei solch spektakulären Museumsbauten ist die Integration, die Beziehung zwischen Kunst und Architektur oft schwer zu vereinbaren und tritt gegenseitig in Konkurrenz. So schneidet Tadao Ando den skulpturalen Raum auf eine kleine, speziell für diesen Ort ausgewählte Anzahl an Werken zu. Und Anamorphosis Architects schaffen im Museum für Hellenische Geschichte in Athen ein Museum ganz ohne Originale. Die Geschichte wird hier nur durch Kommunikationsmittel dargestellt. So verbildlichen Räume, Licht und Materialien die verschiedenen Epochen: Das Amphitheater steht für die klassische Antike, die Kuppel für das byzantinische Zeitalter und die Zelle für die Neuzeit.

Der „white cube“ war Gestern

Den weißen, schlichten, formlosen Raum, der alle Ausstellungsmöglichkeiten offen lässt, gibt es in kaum einem der ausgestellten Projekte. Viel mehr erstaunen neue Ideen und Präsentationsmöglichkeiten: Diller Scofidio + Renfro arbeiten beim Eyebaem Museum of Art and Technology in New York mit elektronischen Namensschildern, die den Gast auf seinem Weg begleiten und ihn immer mit allen nötigen Informationen versorgen. Spacelab Look-Fournier bezeichnen ihr Kunsthaus Graz als „friendly alien“ – hier können die Besucher auf Laufbändern durch die Ausstellungsräume gleiten.

Die Ausstellung „Museen im 21. Jahrhundert“ macht Spaß – denn trotz so vieler unterschiedlicher Architekturrichtungen und Darstellungsmöglichkeiten, ist dem Art Centre Basel, welches diese Ausstellung kreierte, ein einheitliches Erscheinungsbild gelungen. Auf zwei Etagen präsentiert das K20 die 26 Projekte, aufgeteilt in europäische, amerikanische, asiatische und australische Architekten. Leicht verständliche Erläuterungstexte an den Wänden geben Hintergrundinformationen.

Im Anschluss an Düsseldorf wandert diese Ausstellung übrigens nach Rom, Linz, Lyon, Trento, Lissabon, Berlin, Humlebaek bei Kopenhagen und Oslo – anschließend ist eine USA-Tournee geplant.

Museen im 21. Jahrhundert

Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

01. April bis 25. Juni 2006

Öffnungszeiten: Di-Fr 10.00-18.00 Uhr

Sa, so 11.00-18.00 Uhr

Mo geschlossen

jeden 1. Mittwoch im Monat 10.00-22.00 Uhr

Preise: 6,50 (erm. 4,50) Euro

Hinweis: Anlässlich der Ausstellung finden 2 besondere Ausflüge vom K20 zur Langen Foundation von Tadao Ando statt:

Ostersonntag, 16. April und Pfingstsonntag 4. Juni 2006, jeweils um 10 Uhr.

Coop

Coop Himmelb(l)au, Musée des Confluences, Lyon, 2001-2008

Gehry_Corcoran

Gehry Partners LLP, The Corcoran Gallery of Art, Washington, USA, 1999-2003

Wood Marsh

Wood/Marsh Architecture, melbourne, ACCA – Australian Centre for Contemporary Art, 2001

Anamorphosis

Anamorphosis Architects, Museum für Hellenische Geschichte, Athen, in Planung 2011

Diller_Scofidio

Diller Scofidio + Renfro, Eyebeam Museum of Art and Technology, New York, 2001

Hadid_MAXXI

Zaha Hadid Architects, MAXXI, Museo Nazionale delle Arti del XXI Secolo, Rom, 1997-2007