Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Teil II: Das neue Deutz – ein Ausblick

Wir blicken mit Jürgen Steffens auf die Zukunft der rechtsrheinischen Innenstadt.

Der Jahn-Turm wird nicht gebaut und die Bauhöhen in Deutz müssen fallen. Auf dieser Grundlage wird 2006 neu über den Stadtteil nachgedacht. Dennoch hat Jürgen Steffens die Aussicht auf ein Hochhauskonglomerat als städtebaulichen Akzent noch nicht aufgegeben.

    Steffens: „Wir haben ein Hochhaus da stehen und das hat rund 100 Meter. Dieses eine da für sich alleine stehen zu lassen, ist für mich eine städtebauliche Katastrophe.

    Man muss zudem in dem angekündigten Verfahren versuchen, den städtebaulich wichtigen Ausgangspunkt des ICE-Bahnhofs für eine wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zu festigen. Das ist auch für den Stadtteil enorm wichtig, dass sich dort etwas mit Masse entwickelt. Allerdings muss der Maßstabssprung vom alten Deutz zum ICE-Bahnhof wohl überlegt werden.

Mit der UNESCO planen – und nicht gegen sie

Wirtschaftsdezernent Streitberger hat für Deutz eine Arbeitsgruppe aus Rat, Verwaltung, Architekten, Bauwirtschaft, Denkmalschützern, Grundstückseigentümer und Anliegern installiert. Mit Unterstützung von drei geladenen Planungsbüros – darunter auch Jaspert, Steffens, Watrin und Drehsen – soll eine neue Rahmenplanung für Deutz erstellt werden, über die die Welterbe-Kommission der UNESCO im Juli 2006 erneut entscheiden wird.

    Steffens: Ich würde mir wünschen, dass man in der jetzt eingeleiteten Entwicklung die UNESCO mit an den Tisch holt. Ich würde mir ebenfalls wünschen, dass sich die UNESCO in diesem Verfahren als eine Institution erklärt, die hier auch städtebaulich Verantwortung übernehmen will. Denn bisher betrachtet sie nur ein Ergebnis und sagt dann: ‚Gefällt mir nicht. Hochhäuser weg‘. Aber da wir nun schon einmal ein Hochhaus dort stehen haben, kann man das nicht einfach negieren. Wir müssen ausgehend von diesem Turm die weitere Entwicklung steuern können und zwar mit der UNESCO zusammen. Es muss ein vernünftiger gemeinsamer Weg gefunden werden, der keine Lösung von vornherein ausschließt.

Nach wie vor im Zentrum der Planung: Der ICE-Terminal Köln-Deutz/Messe

Noch einmal betont Jürgen Steffens die Rolle des Personennah- und –fernverkehrs als Zukunfts- und Wirtschaftsfaktor. Das Büro Jaspert, Steffens, Watrin und Drehsen hat vor einigen Jahren seinen Schwerpunkt auf die Planung von Bahnhöfen gelegt. Ging es 1993 noch um Stationen für die Wuppertaler Schwebebahn, entwickeln sie zur Zeit den Neußer Bahnhof und Bahnhof Döppersberg in Wuppertal. Im Dezember 2005 gewann das Büro zudem den 1. Preis des Wettbewerbs zur Neuordnung des Bahnhofs Luxemburg und seines städtebaulichen Umfelds, bei dem ebenfalls

um schnelle internationale Zugverbindungen geht.

    Steffens: Wirtschaftliches Wachstum hängt sehr eng auch mit öffentlicher Verkehrsinfrastruktur zusammen. Deswegen sollten Stadt und Land den Bahnhof auch immer wieder ganz oben auf die Tagesordnung setzen. Er ist für den Stadtteil das Initial zur wirtschaftlichen Entwicklung, die ja auch im Hinblick auf die De-Industrialisierung im Rechtsrheinischen in Angriff genommen werden muss – städtebaulich natürlich mit fundierten Konzepten. Wir haben eines geliefert und werden auch in der weiteren Planung dabei sein. Wir werden wieder unseren Beitrag leisten, gemeinsam mit zwei anderen Büros; nicht in Konkurrenz sondern kooperierend.

Neben JSWD sind das Büro Astoc Architects & Planners, ebenfalls aus Köln, zur Teilnahme am morderierten Workshopverfahren eingeladen worden sowie Trojan + Trojan aus Darmstadt.

Bereits in 2006 wird am ICE-Terminal Köln-Deutz/Messe gearbeitet. Doch umgesetzt wird ein kostensparender Zwischenschritt und nicht die eigentliche Vision. Diese ist jedoch nach wie vor das Ziel, das langfristig verwirklicht werden soll. „Wir verbauen uns durch Provisorien nicht den Ausblick auf die Zukunft und unser Auftraggeber, die Bahn, zieht da auch mit“ erläutert Steffens und gibt sich mit Blick auf Planungsgebiete wie Mediapark und Rheinauhafen gelassen. „Wir haben es bei größeren städtebaulichen Projekten immer mit längeren Entwicklungsachsen zu tun. Es ist nur wichtig, dass man eine Vision schafft für einen Standort und dass man sagen kann, in 10 bis 15 Jahren ist sie realisiert.“

Stadtgestalt als Imageträger – Wofür steht Köln?

Der Ausblick erweist sich als versöhnlich. Wie Jürgen Steffens berichtet, gibt es durchaus Interessenten, die am Standort Deutz in Bauten mit geringeren Geschossflächen und niedrigeren Bauhöhen investieren wollen. „Außerdem sind 60 Meter für Köln ja auch schon hoch“ räumt er salomonisch ein.

Doch jenseits der Diskussion um Schutzzonen und Bauhöhen geht es in der Auseinandersetzung um ganz grundsätzliche Fragen. Darf das neue Deutz gegenüber dem historischen Stadtzentrum und dem Dom als ebenbürtig auftreten oder ist die respektvolle Unterordnung der richtigere Weg? Und vor allem: Wer trifft die Entscheidung für Köln und mit welchen wirtschaftlichen Folgen?

So darf man in 2006 nicht nur auf tragfähige Lösungen für Deutz und sondern auch auf Leitlinien für die künftige Stadtgestalt gespannt sein.

Petra Metzger

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->Teil I: Der Deutzer „Hochhausjammer“ – ein Rückblick

Jürgen Steffens

Dipl.- Ing. Jürgen Steffens, Jahrgang 1960. Nach dem Studienabschluss an der RWTH Aachen arbeitete er drei Jahre im Büro Behnisch. Lehrtätigkeit in Aachen und an der Fachhochschule Koblenz und Bochum. Seit 1992 führt er mit Konstantin Jaspert ein Büro; seit 2000 mit Konstantin und Frederik Jaspert, Olaf Drehsen und Rolf Watrin. Seit 2004 ist Steffens Vorsitzender von koelnarchitektur e.V.

Das neue Deutz

Der Dom und die Hochhäuser. Abbildung aus der Stadtbildverträglichkeitsstudie 2003.

Constantin Höfe

Die Constantin Höfe von JSWD gelten als maßstabssbildend für das neue Deutz. Sie werden noch in diesem Jahr bezugsfertig. Quelle: HOCHTIEF AG

Deutzer Bahnhof

Der Deutzer Bahnhof, künftig ICE-Terminal Köln-Deutz/Messe, ist Ausgangs- und Zielpunkt der städtebaulichen Planungen. Quelle: koelnmesse

4 Kommentare

Deutz sollte gegenüber dem historischen Stadtzentrum und dem Dom als ebenbürtig auftreten! Köln sollte eine Möglichkeit erhalten, sich frei (!) ins 21. Jahrhundert zu entwickeln. Kölner und Köln-Besucher wollen dieses wenigste von einem selbstbewussten Statement und alles andere wäre un-motivierend, kraftlos und kleinlich.

Die Idee Deutz als Kontrast zum links-reihnischen Köln mit hervorragender sichtbarer Architektur zu entwickeln
verlangt geradezu ein Konzept in dem Höhen-begrenzungen keine Rolle spielen dürfen. Die Konstantinhöfe sieht man nur, wenn man unmittelbar vor ihnen steht, diese Gebäude würden in Städten wie Bielefeld oder Kassel auch gut ins Stadtbild passen. Um eine weitere Provinzialisierung Kölns im Stadtbild zu vermeiden, sollte die Bebauung in Deutz ein modernes aufstrebendes Köln signalisieren.

Die Planungen (Foreal) und im Bau befindlichen (Constantinhöfe) Bauten in Deutz sind architektonisch höchstens unteres Mittelmass! Wie sich die Stadt nach jahrelangen Hochhausplanungen von der Unesco vorführen liess ist absolut blamabel.

Das neue Deutz bekommt einen neuen Ausblick seitens der HGK beschert. Gegenüber des geplanten Büro Komplexes der Strabag Köln soll eine neue Müllanlage auf einem maroden Grundstück der HGK und unmittelbar in Nähe der Ellmühle, im Deutzer Hafen entstehen. Was hat das mit Stadtpolitik zu tun?