Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Eine Zauberkiste mitten in Köln

‚Liebe Deine Stadt‘ prämierte das Haus Wefers

Eines entgeht sicher, wenn man nur vorbeifährt: egal, entlang welcher Straße der Blick an diesem Gebäude vorüberstreift: die Überraschung der vollkommen verschieden gestalteten Fassaden, der vielen differenzierten Details und Materialien bleibt unentdeckt. Wer sich aber einmal die Zeit genommen hat, an dem kleinen, lauten Vorplatz auszuruhen und alle drei Fassaden in den Blick zu nehmen, der kann sehr schnell nachvollziehen, warum dieses Gebäude die traditionell rotweiße Schleife des Monats Septembers erhielt.

Es ist das Haus Wefers, welches im Rahmen der plan 05 ausgezeichnet wurde. Wie schon in den vergangenen Monaten berichtet, geht von der Initiative „Liebe Deine Stadt“ die Frage nach einer baulichen Kölner Identität aus, die anhand exemplarischer Gebäude aus den 1950er bis 70er Jahren ins Blickfeld gerückt wird.

Liebesgeschichte

Die Entstehungsgeschichte dieses Gebäudes liegt nicht nur räumlich mitten in Köln: Der Bauherr, ein Kölner Unternehmer, der Architekt, einer der wichtigen und präsenten Kölner Architekten seiner Zeit, das Grundstück, mitten in Köln. Diese Dreiecksgeschichte wurde liebevoll erklärt und verklärt vom Laudator Martin Struck, dem Kölner Erzdiözesanbaumeister.

Karl Band entwarf 1956 dieses Wohn- und Geschäftshaus für Josef Stracke, der seit 1952 Inhaber der von Wilhelm Wefers gegründeten Firma war, in der noch heute Paramente und kirchliche Kunst verkauft wird. Das Projekt liegt in der Tradition des Architekten, der über 100 Bauten im Köln der 1950er und 60er Jahre realisierte und sich mit ihnen für die Umsetzung einer gemäßigten Moderne einen Namen in der Stadt gemacht hatte.

Eine Zauberkiste also

Wie auch schon in anderen Projekten bildete an diesem Bauplatz die alte römische Stadtmauer und damit verbunden die Höhenunterschiede zwischen den angrenzenden Straßen eine der vielen Randbedingungen, die auf diesem trapezförmigen Grundstück an drei sehr unterschiedlich geprägten Straßen, umtost vom Verkehr und mit Blick auf den Dom, beachtet werden mußten. Karl Band entwickelte nach der Beschreibung von Martin Struck einen freigestellten Baukörper im fließenden Stadtraum, der auf die vielen heterogenen Bedingungen mit drei sehr verschiedenen, voneinander abgesetzten Fassaden reagierte. Der freie Pylon markiert den Eingang zum Geschäft und ist der klassisch-moderne Anziehungspunkt dieser „Zauberkiste“, wie sie von Struck in Anlehnung an Le Corbusier genannt wird.

Tatsächlich sind die Materialien und Gestaltungen dieser drei Fassaden so facettenreich, als hätte man mehrere Gebäude vor sich: die reduzierte Backsteinfassade entlang der Burgmauer, weitgehend geschlossen und nur durch kleine Fenster im Raster durchbrochen, die Schaufensterseite mit den verglasten, gestaffelten Kuben, die sich um die Ecke ziehen und die Wohnseite mit dem flächenfüllenden Raster von Öffnungen, die sich entlang der Komödienstraße darüber schiebt sind nur einige der vielen Gestaltungselemente, die sich an diesem Gebäude finden lassen. Und auch im Geschäft, wie der Besucher dank des freundlichen Hausherren bestaunen durfte, fehlt es nicht an noch original erhaltenen Details eines gut durchdachten Innenraumes.

So fiel es nicht schwer, den wohlwollenden Äußerungen Strucks bis zur Ebenbürtigkeit zum Dom zu folgen – Haus Wefers ist eben ein Gebäude, welches sich gut lieben läßt -und das sogar in Köln.

Ragnhild Klußmann

Weitere Termine:

Die nächste Schleife für das Gebäude des Monats Oktober wird an die Kölner Oper gehen. Der Termin wird noch bekannt gegeben.

Weitere Informationen unter www. liebedeinestadt.de

01 Wefers Gesamtansicht

Gesamtansicht Haus Wefers

02 Wefers Burgmauer

Die Schleife an der Backsteinfassade entlang der Burgmauer

03_wefers_komdienstrae

Wohnfassade Komödienstraße

04_wefers_kuben_und_flchen

Kuben und Flächen

05_wefers_innenraum

Im Innenraum: Geländer und Zwischenebene zeigen originale Details