Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Realität [BAUEN]

Jammern verboten – Pragmatismus erwünscht

Der 2. Kongress der Initiative StadtBauKultur NRW sucht das Besondere im Banalen. Kostspieliger Luxus oder tragendes Element jeder Bauaufgabe: Welche Rolle spielt Gestaltungsqualität im baukulturellen Alltag?

Nicht selten steht „Das Schöne“, oder „Das Vorbildliche“ im Mittelpunkt der Diskussion, wenn von Baukultur die Rede ist. Bei prominenten Bauaufgaben oder in zentralen Lagen wird das „Außergewöhnliche“ gern gefordert, werden renommierte Baukünstler eingekauft, soll Aufsehen erregt werden. Geht es aber um das scheinbar Banale, z.B. Einfallstraßen, Gewerbegebiete oder Einfamilienhäuser spielt Baukultur keine Rolle mehr: Dabei machen diese das weitaus größere Bauvolumen aus, prägen weit eher die baukulturelle Realität des Landes.

Berührungspunkte zwischen den beiden Extremen sind immer noch die Ausnahme. Wie sieht es mit dem baukulturellen Alltag aus, den scheinbaren Randbereichen dieses Diskurses, die in der Summe doch das größte Bauvolumen ausmachen?

Bei der Betrachtung der gebauten R E A L I T Ä T wird häufig lamentiert, Entwerfer würden sich nur noch den Bedingungen der Investoren anpassen und bei privaten Bauherren spiele zeitgenössische Architektur ohnehin keine Rolle.

In der Tat wird Baukultur häufig als kostspieliger Zusatz gehandelt und gerät zunehmend ins Abseits von neuen Investitionen. Allerdings wird sie gerne für prominente Bauaufgaben oder in zentralen Lagen gefordert und dann, meist in Person renommierter Baukünstler, als „Marke“ eingekauft.

Gerade in einem urbanen Flächenland wie Nordrhein-Westfalen geraten damit zahlreiche Bauaufgaben aus dem Blickfeld, die alltägliche Arbeits- und Lebensräume gestalten und dadurch baukulturelle R E A L I T Ä T maßgeblich prägen.

Der diesjährige Jahreskongress der Initiative StadtBauKultur NRW, konzeptioniert vom Europäischen Haus der Stadtkultur in Gelsenkirchen, bringt nun erstmals beide Seiten an einen Tisch. Ziel des Jahreskongresses ist es, die Qualitätsspielräume des Alltags zu analysieren und dort Potenziale einer baukulturellen Qualifizierung aufzuzeigen.

Zentrale Frage ist, welche Potenziale in der ‚Realität als Bauaufgabe’ stecken und unter welchen Bedingungen sich scheinbar Banales ins Besondere wenden lässt. Planer und Projektmanager, Architekten und Theoretiker, Politiker und Investoren werden sich am 30. September in Wuppertal zu einem eintägigen Dialog versammeln.

Eröffnet wird der Kongress von Oliver Wittke, dem neuen nordrhein-westfälischen Minister für Bauen und Verkehr. Zu den Referenten gehören Theoretiker und Baukünstler wie Susanne Hauser (TU Graz), Jean-Phillipe Vassal (Lacaton&Vassal architects, Paris) oder Friedrich von Borries (Raumtaktik Berlin), aber auch Praktiker und Entscheider wie Burkhard Drescher (RAG Essen), Rudolf Sellhorst (Bundesverband Deutscher Fertigbau, Bad Honnef) oder Rolf Heyer (LEG Dortmund) u.v.a. Pressemitteilung StadtBauKultur NRW

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© Thomas Serres