Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Neues Leben in alten Räumen

Eine Spurensuche in die 50er Jahre: Die Renovierung der „Brücke“ geht zu Ende.

Keine Kisten, kein Staub, kein Baulärm mehr. In die Räume des Kölnischen Kunstvereins ist Ruhe eingekehrt. Zwei Jahre hatte die Sanierung des ehemaligen britischen Kulturinstituts „Die Brücke“ an der Hahnenstraße in Anspruch genommen. Eine Zeit, die zur Spurensuche in die 50er Jahre wurde, nicht zuletzt für die Architekten Adolf Krischanitz und Volker Spies.

Ein altes Gebäude in neuem Glanz

Farbschicht um Farbschicht hatten die Maler entfernt. Zuerst die braune, dann die grüne und rote, bis das Weiß zu Tage kam. Heute präsentiert sich die Eingangshalle in der „Brücke“ so, wie sie Wilhelm Riphahn 1949/50 konzipierte. Die Wände sind wieder weiß, ein Foyer aus den 70er Jahren hat der alten Weitläufigkeit des Raumes Platz gemacht.

Suche nach neuen Nutzern

Fast fünf Jahrzehnte lang hatte das „British Council“ am Neumarkt residiert. Im Jahr 2000 kam dann das Aus: Die britische Regierung beorderte seine Mitarbeiter nach Berlin, der Kölner Standort wurde aufgelöst. Fortan bestimmten Studentenpartys und kurzzeitige Filmreihen, Ausstellungen und Vorträge von „Kölndesign“ das Leben im Riphahn-Bau, der zunehmend verfiel. Das Problem lag auf der Hand: Wie im Institut Français war die britische Regierung stets nur Nutzer, nicht aber Besitzer ihres Kulturinstitutes gewesen, das ihr die Stadt Köln kostenfrei zur Verfügung gestellt hatte. Folglich hatte man die Instandsetzung des Gebäudes über Jahrzehnte vernachlässigt. Nun jedoch wollten oder konnten weder private Investoren noch die Stadt sich dazu entschließen, dauerhaft in seinen Erhalt zu investieren.

Glück im Unglück

Das Bauloch am Neumarkt wurde da zum Glücksfall. Hier sollte der Kölnische Kunstverein ein neues Zuhause finden , nachdem die Stadt sein altes Domizil an der Cäcilienstraße im Herbst 2002 hatte abreißen lassen. Doch der zuvor angekündigte neue Museumskomplex ließ auf sich warten – bis heute. Kurzerhand machte sich die renommierte Kölner Künstlerinstitution selbst auf die Suche nach Alternativen und wurde, wenige Meter von der alten Haustür entfernt, fündig.

Neues Leben in alten Räumen

Für den Kunstverein war „Die Brücke“ geradezu ideal. Mit einer Bibliothek, einem Theater-, Lese- und Kinosaal sowie mehreren Verwaltungszimmern hatte Riphahn einen großzügigen Winkelbau mit überkragenden Dächern konzipiert, dessen Funktion getreu der Bauhaus-Tradition seine Form bestimmte. Der ehemalige Lesesaal im Erdgeschoss und ein Seminarraum im dritten Stock wurden zur Ausstellungsfläche, die Studier- und Konferenzzimmer der ersten Etage des Längsbaus zum Verwaltungstrakt. Mit Hilfe der Stadt Köln, Fördergeldern und von Sachspenden brachte der Kölnische Kunstverein einen Fonds zur Renovierung des Gebäudes zusammen.

Ein Architekt als Archäologe

Unter der Leitung des Wiener Architekten Adolf Krischanitz wurde Volker Spies mit den Renovierungsarbeiten beauftragt. „Zeitweise haben wir wie Archäologen gearbeitet“ erinnert sich der 33-jährige Architekt heute. Unter Schichten von Teppichboden und Linoleum waren Solnhofer Natursteinplatten zum Vorschein gekommen, mit denen Riphahn seinen Bau hatte auslegen lassen. Im Theatersaal wurde der, zugegeben nicht besonders reizvolle, graue Linoleumboden erhalten, schließlich war auch er ein Kind seiner Zeit. Nur im ehemaligen Lesesaal entschieden sich die Architekten zu einem Novum: Unter dem Linoleum hatte man Asphaltterazzo entdeckt und ihn als ungewöhnlichen, aber reizvollen Bodenbelag im neuen Ausstellungsraum renoviert.

Zurück zur alten Weitläufigkeit

In erster Linie sollte Riphahns zwei- bzw. dreigeschossiger Flachdachbau seine klaren Strukturen zurückerhalten: Eigenwillige Konstruktionen der 50er Jahre wie die Rippendecken im Lesesaal wurden, so weit es der Brandschutz zuließ, erhalten. In den Wänden des Lesesaals hatte jahrzehntelang eine Luftheizung geschlummert. Die Architekten ließen sie restaurieren und dafür unregelmäßig angeordnete Heizkörper entfernen. Kleine Details, die schließlich dem Raum seine Weitläufigkeit zurückgaben.

Fluchtwege

Zweifellos war Riphahn ein Experte in Sachen Brandschutz. Das Problem: Anfang der 50er Jahre hatte der Kölner Architekt Auflagen beachtet, die heute längst überholt sind. Im ersten Stock veranlasste der Brandschutzexperte, die Rippendecke abzuhängen. Feuer- und Bewegungsmelder fehlten. An einige ungewöhnliche Fluchtwege hatte Riphahn jedoch bereits gedacht: Mit einer Rutschstange gelangte der Filmvorführer des Kinos direkt auf die Hahnenstraße. Eleganter hätte man sich vor Feuer nicht retten können.

Noch immer fehlt das Geld

Von der Inneneinrichtung aus den 50er Jahren sind nur noch Fragmente erhalten: Im Foyer wurden die originalen Glühlampenfassungen aus gedrücktem Messing restauriert, die Türen aufgearbeitet, der Neonschriftzug „Die Brücke“ erneuert. Inzwischen ist ein Großteil der Sanierung abgeschlossen, doch nach wie vor fehlt das Geld für eine Renovierung der Außenfassade aus Muschelkalkplatten und für einige Fenster.

Die Fundamente

Die Geschichte der „Brücke“ und ihres Standortes liest sich wie ein Stück Stadtgeschichte. 1859 hatte Julius Schlöndorf hier das Apostel-Gymnasium errichten lassen – die Schule, die später Bundeskanzler Konrad Adenauer besuchen sollte. Die Nationalsozialisten hatten für den Bau im historistischen Stil jedoch wenig übrig. Mit den Plänen einer 70 Meter breiten Schneise, die sich vom Aachener Weiher bis zum Neumarkt ziehen sollte, wurde das Gymnasium abgerissen. Übrig blieben der alte Baumbestand des Schulhofes und die Kellerräume – Elemente, die Riphahn in die Konzeption des „Brücke“-Baus mit einbezog.

Ein Haus als „Kulturbrücke“

An der vielbefahrenen Hahnenstraße sind die alten Bäume heute ein Segen: Dank ihnen ist Riphahns Winkelbau ein Stück von der Straße abgerückt. Zentrales Thema ist das Licht, das durch große Fensterflächen wie die im Lesesaal oder durch geschwungene Erkerfenster wie die im Theatersaal einfällt. Nach dem Nationalsozialismus sollte das britische Kulturzentrum zur „Kulturbrücke“ zwischen den Deutschen und ihren Besatzern werden. Folglich konzipierte Riphahn einen Ort des Austauschs, hell und weitläufig.

Wohnen und Arbeiten

Die Laubenganghäuser der Hahnenstraße und das britische Kulturinstitut zählen zu Riphahns ersten Nachkriegsbauten, in denen er einen wichtigen Aspekt des Bauhauses berücksichtigte: Wohnen und Arbeiten. Der Kölnische Kunstverein, dem die Stadt Köln das Gebäude nun für 30 Jahre zur Verfügung stellt, hat diese Idee wieder aufgegriffen. Im ehemaligen Verwaltungstrakt hat sie zehn Künstlerateliers für Stipendiaten der Imhoff-Stiftung eingerichtet. Auch die alte Hausmeisterwohnung hat eine neue Aufgabe bekommen: Regelmäßig wird hier ein Künstler untergebracht, der im neuen alten Riphahn-Bau wohnen, arbeiten und seine Kunst ausstellen wird.

Annika Wind

Noch bis zum 6. März 2005 präsentiert das Museum für Angewandte Kunst die Ausstellung „Riphahn – Architekt in Köln“.

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Die Kunst ist eine Baustelle

Internetseite Volker Spies

Internetseite Adolf Krischanitz

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Der ehemalige Lesesaal dient heute als Ausstellungsfläche, wie hier für den Künstler Roman Ondák im Sommer 2004. Foto: Kölnischer Kunstverein

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Blick ins neue Foyer. Foto: Volker Spies

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Schmuckstück des neuen Foyers: Die Treppe. Foto: Volker Spies

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Der Eingangsbereich des heutigen Foyers. Foto: Volker Spies

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Gelüftet und großzügig der Verwaltungstrakt heute. Foto: Volker Spies

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Blick in den ehemaligen Verwaltungstrakt. Foto: Volker Spies

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Toilettenanlage nach der Renovierung. Foto: Volker Spies

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Toilettenanlage vor der Renovierung. Foto: Volker Spies