Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die Kunst zu leben

Rolf KeTan Tepel hat den Bauwagen in dem er lebt, zur Kunst erklärt.

Sein Bauwagen ist mehr als nur eine Behausung. Rolf KeTan Tepel hat die vier Wände, in denen er lebt, zur Kunst erklärt. 24 Jahre sind es her, seitdem der Kölner sich entschloss, auszusteigen. Kurz vor dem Abitur kaufte er einen alten Zirkuswagen, baute ihn um und zog los. Eine Tour auf vier Rädern, auf der er einiges ins Rollen brachte, zuletzt sogar tonnenschwere Steine.

13 Jahre Wanderschaft

13 Jahre lang wanderte Tepel mit seiner Frau und fünf Kindern durch das Land. Vor zehn Jahren schließlich kehrte die Familie nach Köln zurück. „Ich wollte wieder in meiner Heimatstadt leben“, sagt der selbsternannte „LebensKünstler“, der jedoch auch hier nicht wirklich sesshaft wurde. Während die Familie in seinem Atelier an der Kyllstraße ein Zuhause gefunden hat, wechselt Rolf Tepel weiterhin mit seinem „WandelWagen“ die Standorte. Eine Reise, die er von Straße zu Straße durch die Rheinmetropole fortsetzt.

Bauwagen: Grauzone Kölner Stadtentwicklung

Nach wie vor sind Bauwagen-Kolonien eine Grauzone in der Kölner Stadtentwicklung. Tepels Art zu leben ist geduldet, aber nicht erwünscht. In den Zwischenräumen der Stadt suchen sich die Bewohner solcher Parallelwelten ihre Nischen. So wechseln Künstler und Bauwagen fast täglich den Standort. „Natürlich würde ich auch länger bleiben, wenn es nur einen geeigneten Platz gäbe“, sagt der Familienvater. Dann sei es auch möglich, dass auch Frau und Kinder zurück in das rollende Gefährt ziehen würden. Tepel selbst bezeichnet sich als „LandschaftsBewohner“, der das Leben auf wenigen Quadratmetern nicht als Notlösung, sondern als bewusste Alternative zum konventionellen Wohnen sieht.

Fünf Kunstprojekte in Köln

Holzwände statt Beton, vier Räder statt einer festen Adresse beinhalten für ihn jedoch noch mehr. Sie sind zum Teil seiner Kunstprojekte geworden, die er zurzeit im Kölner Stadtgebiet verwirklicht. Als im Zuge von Baumaßnahmen für die neue U-Bahn in der Südstadt die alte Eisenbahnbrücke an der Bonner Straße abgerissen wurde, rettete er die wertvollen Basaltsteine vor der Entsorgung und entwickelte mit ihnen fünf Installationen an unterschiedlichen Standorten der Stadt. Im Frühjahr entstand so auf dem Gelände des ehemaligen Riehler Freibades ein Amphitheater, das heute von einem Zirkusverein genutzt wird.

Neues Leben aus alten Steinen

Weitere Brückensteine fanden in Vingst-Buchheim auf dem Schulhof einer Grundschule ein neues Zuhause. Drei Tage lang hatte Tepel seinen „WandelWagen“ vor dem Schulgebäude geparkt, den Kindern seine Art zu leben und die Kunst des Steinbildhauens erklärt. Inzwischen ziert den zuvor trostlosen Schulhof eine riesige Steinspirale. Ein ähnliches Projekt ist im Friedenspark in der Südstadt geplant, wo bereits einige Basaltsteine darauf warten, zu einer Feuerstelle arrangiert zu werden. Ein Vorhaben, das der Künstler im nächsten Jahr zu Ende bringen will.

Steine für das „Eierplätzchen“

Eine andere Idee, aber ein gleiches Konzept setzte Tepel in der Nähe des Römerparks um, als er im Sommer mit seinem Bauwagen auf einem Platz in der Südstadt parkte. Aus dem „Eierplätzchen“ zwischen Teutoburger- und Mainzerstraße war nach dem Krieg ein Parkplatz geworden. Ein Ort, den die Bewohner bestenfalls für ihre Hunde, aber nicht mehr zum Spaziergang oder Spielen nutzten. Kurzerhand lieferte Tepel auch hierhin eine Reihe der Brückensteine und bat die Anwohner, die Autos umzuparken. „Ich bin ins Gespräch gekommen, die Bewohner haben sich erinnert, wie es hier früher einmal aussah“, so Tepel, der als Ziel seiner Kunst den Austausch zwischen den Kölnern sieht. Unabhängig von Ämter und Verfahren holte der 48-Jährige das „Eierplätzchen“ in das Bewusstsein der Anwohner zurück. Inzwischen wird der Platz an der Stichstraße wieder für Autos genutzt – Tepels Steine jedoch sind als Gedankenanstöße geblieben.

Steine des Anstoßes

Für das nächste Jahr hat der Künstler auf dem Platz vor der Alten Feuerwache einen „Spendenbrunnen“ geplant, den er aus einem der Basaltsteine meißeln will. Zudem will er in Zukunft „Steine des Anstoßes“, „Kulturjokersteine“ und einen „Stein vom Herzen“ verteilen, die auf Personen verweisen sollen, die sich besonders oder gar nicht für die Allgemeinheit engagiert haben. Mit seinen Brückensteinen will Tepel Markierungen setzen, Aufsehen erregen. Tonnenschwere Kunstobjekte, die auf besondere Missstände, aber auch Lobenswertes in der Kölner Stadtentwicklung verweisen sollen.

Annika Wind

untitled

Gäste erwünscht – Hausherr Rolf KeTan Tepel vor seinem rollenden Heim. Foto: Annika Wind