Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Der Traum vom Turm

Türme, Hochhäuser, Wolkenkratzer – das NRW-Forum zeigt sie alle

Der Griff zum Himmel

Türme, Hochhäuser und Wolkenkratzer sind mehr als nur hohe Gebäude. Sie streben dem Himmel zu. Und sie sind Metaphern. Sie verkörpern den Wunsch des Menschen nach Herrschaft. Seien es die Kathedralen des Klerus, die Geschlechtertürme italienischer Familien oder die modernen Türme der asiatischen Staaten – das Verlangen nach Macht gab es immer: Macht über andere Menschen, aber auch Macht über Technik. In einer Zeit, in der dem Menschen das Erreichen des Himmels wirklich möglich ist, stehen Hochhäuser mehr denn je für die Verbindung von menschlicher Imagination und technischem Fortschritt.

Vom Inbegriff aller Türme …

Absurd, wenn man den Weg des Turmbaus zurückverfolgt. So war doch der Turm zu Babel – der Inbegriff aller Türme – keineswegs als Weg zum Himmel hinauf, sondern viel eher als Treppe vom Himmel herunter gedacht. Für Gott Marduk nämlich, der so aus dem Himmel zu den Menschen hätte hinabsteigen können. Für uns ist die Richtung meist umgekehrt: Der Turm als Symbol menschlicher Selbstüberhebung. Immer höher, immer schöner – mit dem Turm von Babel beginnt 562 v.Chr. die faszinierende Geschichte der „vertikalen Ekstase“.

… zum Traum vom Turm

Wie diese weitergeht, zeigt das NRW Forum Düsseldorf in einer einzigartigen Ausstellung. „Der Traum vom Turm“ ist die bisher vollständigste Abbildung der Hochhausgeschichte der gesamten Welt. Fast alle bedeutenden Türme und Hochhäuser sind im Maßstab 1:200 nachgebaut und von Babel bis nach Beijing chronologisch angeordnet – der Besucher wandelt staunend durch „große“ Geschichte.

Haben Sie gewusst, dass der Kölner Dom genauso hoch ist wie das Seagram Building in New York? Oder das Thyssenhaus in Düsseldorf nur drei Meter kleiner ist als der Campanile di San Marco? Da die rund sechzig Modelle auf hohen Sockeln stehen, muss der Besucher den Kopf heben, um ihre Spitzen zu sehen – fast wie in einer Straße in New York oder Shanghai. Außer den gelben Spots, welche die einheitlich weiß dargestellten Modelle bestrahlen, gibt es kaum Beleuchtungsakzente – der restliche Raum bleibt im Halbdunkeln: „Metropolis“.

Warum bezeichnet man Hochhäuser auch als „Kathedralen des Kommerz“? Wann entstanden die ersten Ideen für eine multifunktionale Hochhaus-Stadt? Wie sieht heute ein energieeffizientes Hochhaus aus? Die Ausstellung gibt Antworten.

Amerika geht in Führung

Deutlich werden vor allem die Unterschiede zwischen amerikanischen und europäischen Hochhausträumen. Während in den USA mit allen Mitteln und Tricks für immer höhere Gebäude gekämpft wird, ist man in Europa meist weniger an der schlichten Höhe, als an der bautechnische Qualität interessiert. Als 1925 in Köln das Hansa-Hochhaus gebaut wurde – das mit 65 Metern für lange Zeit das höchste Hochhaus Europas war – entstand in den USA 1931 das Empire State Building mit beeindruckenden 448 Metern.

Mythos – Ingenieurkunst – Baukultur

Aber die Ausstellung zeigt natürlich nicht nur die Dimensionen der „Türme“, sondern auch die unterschiedlichsten Facetten des Hochhausbaus. Geschichte, Technik, Städtebau und Zukunftsvisionen – der Besucher erhält einen kurzen Themenabriss. Neben den Modellen finden sich Bücher in Originalausgaben, Fotografien aus den 30er Jahren wie auch aus der jüngsten Gegenwart sowie Gemälde und Drucke, die sich künstlerisch mit dem „Turm“ auseinandersetzen. Für viele der jüngsten Bauten gaben Architekten sogar Entwürfe frei, die erst noch auf ihre Realisierung warten. Der „Skin Tower“ von Werner Sobek ist nur einer davon.

Die Ausstellung lohnt – für den Profi wie auch für den Laien. Vielleicht wünschen sich Architekturkenner mehr Hintergrundinformationen und kritischere Beiträge, andere erfreuen sich an den verständlichen Darstellungen. Eines bekommen alle aber ganz sicher – Fernweh, Reiselust und Freude an Architektur.

Der Traum vom Turm

6. November 2004 – 20. Februar 2005

NRW-Forum Kultur und Wirtschaft

www.nrw-forum.de

Öffnungszeiten: Di – So 11-20 Uhr, Fr -24 Uhr

Eintrittspreise: Erw. 5,50 Euro und Ermäßigungen

Natalie Gemmrig

Turm von Babel

‚Der Turm zu Babel‘ von Jan Breughel

Turm_Plakatmotiv

Das Plakatmotiv der Ausstellung

©NRW-FORUM Kultur und Wirtschaft

Empire State Building

Nur eines der 60 Modelle: Das Empire State Building von Shreve, Lamb and Harmon war 41 Jahre lang das höchste Gebäude der Welt.

©NRW-FORUM Kultur und Wirtschaft

1 Kommentar

Nur Altbauten und nur Hochhaeuser finde ich langweilig. Interessant sind
Städte in denen attraktive
Hochhäuser und mittelalterliche Architektur
zusammenpassen. So wie in Köln. Dom plus Hochhäuser in
Deutz. Eine Schande für Köln
ist eher die schäbige Nachkriegsarchitektur.