Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

plan04: Neue Vorhänge im Institut Français?

‚Rideaux‘ – eine Installation der Künstlerin Claire Maugeais im französischen Kulturinstitut

Gotische Baukunst und 50er Jahre Architektur, der Gegensatz könnte nicht größer sein. Doch im Rahmen der Architekturwoche „plan04“ bringt die französische Künstlerin Claire Maugeais zusammen, was nicht zusammen gehört. „Rideaux“ ist ein grafisches Spiel mit Motiven der Architektur. Eine Installation im Institut Français, die gotische Ornamentik und die funktionale Schlichtheit der Nachkriegszeit eigentümlich miteinander verbindet.

Als Wilhelm Riphahn 1953 das französische Kulturinstitut am Sachsenring konzipierte, hatten klare Formen Priorität. Nach dem Krieg plante der Kölner Architekt ein Gebäude des Austauschs, einen Ort zum Lesen, Arbeiten und Lernen. Das Licht dazu kam von allen Seiten: Riphahn baute Räume mit großzügigen Fensterreihen, mit Kuppeln und Oberlichtbändern, die für Maugeais nun zur Arbeitsfläche werden. Mit Papier beklebt sie die Fenster des Vortragssaales, mit Plastik die Böden, mit Polyester verhängt sie die Wände. Doch ihre Kunst verdeckt den Bau nicht gänzlich. Claire Maugeais, geboren 1964 in Angers, arbeitet mit der Transparenz ihrer Materialien. Die Wand wird durch den Polyester nur teilweise verhüllt, durch das Papier dringt nach wie vor Licht.

Ihre Motive entnimmt Maugeais der Architektur. Mit der Kamera hat die französische Künstlerin die Fassade des Kölner Doms in Ausschnitten festgehalten und ihre Fotografien in großflächigen Papierbahnen auf die Fenster des Institut Français geklebt. Doch statt des filigranen Dekorums der gotischen Kirche zeigt sie nur grobe Details, die schlichten Stützglieder des Baus, seine Postamente, nicht aber das Maßwerk. Es sind die Strukturen von Architektur, die Maugeais interessieren. Der klare Riphahn-Bau mit den großen Fensterflächen ist dafür eine ideale Projektionsfläche. Besonders bei Dunkelheit verdichtet sich ihre Installation zu einem faszinierenden Ensemble. Aus der Ferne wirken die großflächigen Fotografien wie Faltenwürfe. Von außen scheint es so, als habe das Institut Français neue Vorhänge (französisch: „Rideaux“) erhalten, die sich dem Betrachter erst aus der Nähe als Fotografie von Architekturelementen zu erkennen geben.

Die beklebten Fenster ergänzt Maugeais durch bedruckte Polyesterbahnen, die sie an die Wände des Vortragssaales geheftet hat. Sie zeigen die groben Rasterungen eines imaginären Hochhauses. In Falten gelegt, nehmen sie die Musterung auf, die die gegenüberliegenden Fenster tragen. „Rideaux“ ist somit ein Wechselspiel aus erdachten und realen Architekturelementen, aus realem Faltenwurf und dem bloßen Eindruck eines Vorhangs. Im Eingangsbereich zeigt sie dazu kleinformatige Collagen mit Fassaden von Architekturklassikern wie die von Walter Gropius. Mit buntem Tapetenpapier ergänzt, soll die schlichte Funktionalität dieser Gebäude aufgebrochen, den Gebäuden der Eindruck von Individualität verliehen werden. Unbewusst schließt Maugeais damit den Kreis bis zu Riphahn: Der Architekt, der wie kein anderer das Gesicht der Stadt Köln nach 1945 prägte, war ein Traditionalist. In seinen Gebäuden fanden sich Formen des Internationalen Stils, sogar des Expressionismus wieder. Gropius war eines seiner Vorbilder – und eben der Künstler, dessen Bauten Maugeais nun in einer ihrer Collagen verarbeitet.

Annika Wind

[i]Die Ausstellung ist noch bis zum 12.10.2004 zu sehen. Der Eintritt ist frei.[/i]

porträt

Claire Maugeais im Institut Français