Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kommunalwahlen 2004

– ein Vergleich der Wahlprogramme zum Thema der Stadtentwicklung

Langsam fängt sie wieder an. Die Verfolgung im öffentlichen Raum. Sie schauen uns hinterher, grinsen uns an, verfolgen uns auf Schritt und Tritt. Im Auto, in der Fußgängerzone, beim Blick aus dem Fenster. Nein, wir werden sie nicht vergessen, die Kommunalwahl 2004.

Aber wissen wir eigentlich, was uns die Parteien für die Stadtentwicklung in den nächsten Jahren versprechen? Welche Konzepte sie vorschlagen, wo es Unterschiede gibt? Nach dem ersten Lesen der Wahlprogramme lassen sich bemerkenswerte Unterschiede festmachen: Während die Grünen oder die SPD ihre Aussage auf zehn Seiten festhalten, begnügt sich zum Beispiel die FDP mit einer einzelnen Seite in ihrem Wahlprogramm zum Thema Stadtentwicklung. Und ansonsten? Die CDU ist klar strukturiert und verständlich, Schlagworte und Verallgemeinerungen kommen vor konkreten Vorschlägen. Die SPD fordert ihre Leser heraus. Wer sich durch diesen Text gekämpft hat, hat Durchhaltevermögen bewiesen. Das Programm der Grünen ist strukturiert, für den Laien verständlich und meist auch mit konkreten Vorschlägen bestückt. Ganz im Gegenteil dazu das Programm der FDP. Einzelprojekte werden aus dem Zusammenhang gegriffen, oft fehlt ein Gesamtkonzept oder eine Begründung. Themen wie die Beleuchtung des Doms, die andere Parteien gar nicht aufgreifen, werden extra aufgeführt. Wo sind hier die Prioritäten? Last but not least, die PDS. Gefolgt von scharfer Kritik am Bestehenden und plakativen Aussagen. Die vielen Ausrufezeichen im Text sollen vielleicht zeigen, dass diese Partei weiß was sie will.

Schlauer bin ich eigentlich nicht geworden, zu wenig inhaltliche Unterschiede habe ich entdeckt – und Lust auf Stadtpolitik habe ich auch keine bekommen. Haben wir denn keine Visionen mehr? Stadt und Architektur können nicht von konventionellen Konzeptlösungen leben. Warum macht ihr den Bürgern denn nicht mehr Lust auf ihre eigene Stadtentwicklung? Es interessiert die Menschen doch. Aber Aussagen wie „wir wollen moderne, kreative Konzepte im Wohnungs- und Gewerbebau“ sind weder kreativ noch modern. Können Visionen schaden?

Aber wahrscheinlich bin ich naiv, wenn ich weiterhin von kleinen Corbusiers auf unseren Wahllisten träume …

Im Folgenden Auszüge aus den Wahlprogrammen einiger Parteien zu ausgewählten Themen:

I Immer wiederkehrende Schlagworte

CDU: nachhaltige Stadtentwicklung / Köln als moderne Metropole, als Einkaufsstadt

SPD: Stadtentwicklung als permanenter Prozess / Fachkonzepte fördern / Stadterneuerungspolitik

Stadtteilmanagement

Grüne: kompakte Stadt / urbanes, ökologisches Köln

FDP: mehr Stadtbild

PDS: Bürgerbeteiligung

II Hochhausprojekte:

CDU: „Das für das Rechtsrheinische entwickelte Hochhauskonzept werden wir auch für das linksrheinische Köln unter besonderer Beachtung der kulturellen Schätze der Stadt weiterentwickeln.“

SPD: „Anstelle immer wiederkehrender Einzeldiskussionen, die Zeit kosten, müssen wir uns auf räumliche und sektorale Fachkonzepte auch gesamtgesellschaftlich verständigen. Dies gilt u.a. für das Hochhauskonzept.“

Grüne: „Hochhäuser tragen nur wenig dazu bei, Zersiedelung zu verhindern. (…) An ausgewählten Standorten können sie jedoch architektonische Glanzlichter setzen, neue Investoren und Arbeitsplätze in die Stadt ziehen und eine gute öffentliche Verkehrserschließung optimal nutzen. Deshalb haben wir den geplanten Hochhäusern um den Deutzer Bahnhof zugestimmt. Wir haben aber auch durchgesetzt, dass zukünftig Hochhäuser nur noch auf Grundlage eines vom Rat zu beschließenden Hochhauskonzeptes genehmigt werden dürfen. (…)

FDP: „(…) für die Realisierung des ICE-Terminals mit seiner Hochhausrandbebauung bis zu einer Höhe von 150 Metern, (…) und für den Schutz des Domes durch die strikte Freihaltung seiner Umgebung und der Sichtachsen von höherer Bebauung (…). Wir wollen keine Betonwüsten.“

PDS: „ (…) wird sich dafür einsetzen, dass Hochhäuser nur dann gebaut werden, wenn das Gesamtbild der Stadt und das Stadtklima nicht unter den Neubauten leiden. Wir werden uns gegen den Bau von Hochhäusern wehren, wenn es sich hierbei nur um Prestigeobjekte der Stadt und Investoren handelt!“

III Köln und der Rhein

CDU: „Der Rhein (…) wird als verbindendes Element zwischen dem linksrheinischen Köln mit seiner aus der Geschichte geprägten Stadtkultur und dem modernen Medien-, Dienstleistungs- und Industriestandort im Rechtsrheinischen zu betrachten sein. Wir werden das Wohnen, Arbeiten und Erholen am Rhein weiterentwickeln. Wir werden diesen Standortvorteil für Köln weiterentwickeln, indem das Rheinufer auf beiden Seiten zu einem Boulevard mit großzügigen öffentlichen Räumen für Sport, Erholung, Restaurationen etc. entwickelt wird.“

SPD: „Der Rhein als Erholungs- und Lebensraum. Dabei sollten der Wunsch nach aktiver Freizeitgestaltung am und auf dem Rhein, Rheinevents, aber auch Bedürfnis nach stiller Erholung und die Belange des Naturschutzes Berücksichtigung finden. Das Ufer auf beiden Seiten des Stroms sollte durchgängig frei zugänglich bleiben bzw. gemacht werden.

Grüne: „Der Rhein als Mitte der modernen Stadt. Wir wollen ein Gesamtnutzungskonzept, welches unterschiedliche Bereiche definiert: urbane, freizeitgenutzte und naturbelassene Uferbereiche. Sie müssen grundsätzlich frei zugänglich sein.

z.B. Außengastronomie auf der Zoohöhe, Sportgelände und Badeanlagen am südl. Ende des Rheinauhafens, Uferpromenade an den rechtsrheinischen Rheinauen, Wohngebiete östlich des Mühlheimer Hafens, Wassertaxi, …

FDP: „Die FDP setzt sich ein (…) für die Wiederherstellung und Aufwertung des Rheinparks und einem Laufband über den Rhein, um die beiden Bahnhöfe zu verbinden. (…) die Schaffung einer Rheinparkpromenade rechtsrheinisch vom Rheinpark bis zu den Poller Wiesen.“

PDS: „Die PDS fordert, dass das Rheinufer nicht bebaut wird. Wir unterstützen das Anliegen der Bürgerinitiative Hochwasserschutz (…). Die PDS ist gegen die Bebauung von Mühlheim Nord und lehnt das Projekt „Wohnen am Rhein“ ab. Wir fordern Planungsstopp für alle unmittelbar am Rhein gelegenen Wohnbebauungen.“

IV Wohnungspolitik

CDU: „Wir werden weiterhin verstärkt Gebiete für Einfamilien-, Zweifamilien- und Reihenhäuser entwickeln (…). Freifinanzierter Wohnungsbau anstelle von öffentlich gefördertem Wohnungsbau. Weg von der Objektförderung, hin zur Subjektförderung z.B. durch erhöhtes Wohngeld.“

SPD: „Katastrophale Fehlentwicklung stoppen. Größere Neubauwohngebiete sollten alle Wohnformen abdecken. Der erforderliche soziale Geschosswohnungsbau (…) zu einem Drittel Berücksichtigung finden. Die städtische Wohnungsgesellschaft muss weiterhin ihren sozialen Zielen verpflichtet bleiben. (…)“

Grüne: „Soziale Durchmischung durch Mix von öffentlich und frei finanziertem Wohnungsbau, Miet- und Eigentumswohnungen, Geschoss- und Einfamiliengausbau. Raum für Experimente: Umnutzung von leer stehendem Büroraum, flexible Grundrisse, Kombination von Wohnen und Arbeiten. Wohnquartiere dürfen nicht nur von Bauträgern entwickelt werden. (…) Die GAG als wohnungspolitisches Steuerungselement.“

FDP: Keine Aussage im Programm

PDS: Keine Aussage im Programm

Im Folgenden haben wir die kompletten Wahlprogramme für Sie verlinkt:

CDU

SPD

Grüne

FDP

PDS

Natalie Gemmrig

wahl 2

wahl 1

Politiker aller Parteien lächeln vor dem ‚Kölner Loch’…

Wer hätte es besser gemacht?

1 Kommentar

Bei einem „Internet-Portal“, das Architektur und Stadtplanung zum Thema hat, find ich es begrüßenswert, dass die Redaktion sich die Mühe gemacht hat vor einer Kommunalwahl die bestimmt nicht sehr amüsant geschriebenen Pateiprogramme durchzuarbeiten und in Bezug auf ein Thema, das den Leser dieser Seite interessieren sollte, aufzuarbeiten. In meinem Fall kann ich sagen, diese Arbeit war sinnvoll, denn sie hat mir bei der Wahlentscheidung zumindest weitergeholfen.

Schönen Dank