Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

In die Jahre gekommen

Die Domplatte soll abschnittsweise umgebaut werden. Im Bereich der Nordseite laufen die Bauarbeiten bereits.

Im typischen Kölner „Wir-haben-schon-mal-angefangen“-Charme wird derzeit die Kölner Domplatte umgestaltet. Die bestehende Treppenanlage vom Bahnhofs- zum Domvorplatz mit Aufgängen und Rolltreppe wird abgerissen und durch eine neue breite Freitreppe ersetzt.

Das heutige Erscheinungsbild rund um die Kölner Kathedrale wird geprägt von der in den 70er Jahren nach Plänen des Kölner Architekten Fritz Schaller entstandenen Domplatte und dem in den 80er Jahren erbauten Komplex Museum Ludwig/Philharmonie. Beide Maßnahmen verwischen die topographische Situation zwischen Bahndamm und Domhügel. In gleicher Weise hat die Überbrückung der siebenspurigen Trankgasse vor dem Nordportal dazu geführt, dass Domhügel und Hauptbahnhof miteinander verwachsen sind. Die Domplatte – in ihrer skulpturalen Betonanmutung ganz ein Kind ihrer Zeit – verdeckt die Topographie des Domhügels und ein frühchristliches Baptisterium aus dem 6. Jahrhundert.

Darüber hinaus ist das Umfeld des Kölner Doms im Laufe der Stadtentwicklung immer stärker durch den Hauptbahnhof und die hochliegenden Bahngleise eingeengt und die untere Stadtebene zur Andienungs- und Servicezone degradiert worden. Die erhöhte Position des Domes als Abschluss und Eckpfeiler der Kernstadt ist kaum mehr ablesbar.

Komplexe Aufgabenstellung

Rückbaupläne der Domplatte aus dem Büro Schaller gibt es seit 1985, die auch seit dem immer weiter entwickelt wurden. Parallel dazu wurden mehrere Gutachterverfahren, die sich mit der Domumgebung auseinandersetzen, durchgeführt. Der letzte Workshop fand 2002 statt und sollte unter Berücksichtigung des Urheberrechts des Kölner Büros Schaller/Theodor den Bereich zwischen Domchor und Dionysoshof neu und nachhaltig strukturieren. Die Jury empfahl die Pläne des Architekturbüros Allmann, Sattler und Wappner als Grundlage für weitere Planungen. Doch bisher ist weder ein Auftrag erteilt, noch stehen die dafür notwendigen Gelder zur Verfügung.

Die Bauarbeiten auf der Bahnhofsseite sind dagegen in vollem Gange. Hier soll die wesentliche topographische Situation der Stadt nach Plänen des Kölner Büros Christian Schaller wieder herausgearbeitet werden. Die wohl auffälligste Umgestaltungsmaßnahme des mehr als 20 Millionen Mark teuren Umbaus wird eine 70 Meter breite Freitreppe sein, die sich über die Trankgasse vom Bahnhofsvorplatz zum eigentlichen Domvorplatz spannt. Sie verjüngt sich über mehr als 30 Stufen und zwei Zwischenpodeste auf etwa 51 Meter am oberen Ende.

Dafür wird die bestehende Treppenanlage bis zur Tunnelmittelwand abgerissen. Flankiert wird die Treppenanlage durch zwei ruhig gestaltete Kopfbauten. Der Westliche integriert die notwendige Aufzugsverbindung zur Domebene und zum U-Bahnhof. Der deutlich zurückgenommene Ostkopf fasst den neu entstehenden Platz vor dem Alten Wartesaal. Die Schmuddelecken hier sollen gelüftet und die wenig attraktiven Kioskbauten abgebrochen werden. Allerdings bleibt die Trankgasse – teils von der Treppe verdeckt – als vierspurige Straße erhalten.

Domplatte und Hauptbahnhof werden durch den Abbruch der Domherrenstube und der Brücke zum Bahnsteig 1 wieder voneinander getrennt. Ebenso wichtig wie der „Rückbau“ der bestehenden Treppenanlage ist die Neugestaltung des Platzes selbst. Durch die Verlegung der Taxenvorfahrt in die Nordspitze, die Nutzung der Domprobst-Ketzer-Straße als Zufahrt und ein im übrigen freigeräumter und einheitlich mit Granit ausgelegter Platz entsteht ein neues und – so ist zu hoffen – angemesseneres Vorfeld für den Dom. Für die Vergrößerung der Platzfläche ist die Stadt selbst zuständig. Sieben etwa neun Meter hohe Lichtstelen werden den neuen Bahnhofsvorplatz belichten. Für das Lichtkonzept zeichnet das Atelier Kress&Adams Köln verantwortlich.

Integration des Doms in das Stadtgefüge

Seit Jahren wird Abhilfe für diesen Ort, der als allgemeine Misere empfunden wird, gefordert. Nun ist das erste Baufeld abgeteilt, die Abbrucharbeiten sind in vollem Gange, jedoch ohne weitere entwurfsrelevante Parameter der Umgebung mit einzubeziehen. Schon der vorgezogene Umbau des Museum Ludwigs ist unter diesen Umständen wenig nachvollziehbar. Kontroverse Diskussionen um diesen Bereich sind historisch begründet und bei der Dichte des besonderen städtebaulichen Gesamtpotenzials nahezu unvermeidbar. Auf engstem Raum müssen die Interessenlagen von Verkehr, Kultur, Religion und Natur Berücksichtigung finden. Dieses komplizierte Aufeinandertreffen so unterschiedlicher Interessen in so intimer Nachbarschaft sollte zu koordiniertem Handeln zwingen, wenn es darum geht Bahnhofsvorplatz, Eingang zur Kunst und Domplatte einer grundlegenden Auffrischung zu unterziehen. Doch es drängt sich der Eindruck auf, dass von einer überzeugenden Gesamtmaßnahme im Umfeld des Domes kaum die Rede sein kann.

Barbara Schlei
Redaktion

Nordansicht1

Nordansicht: Schaller/Theodor Architekten

domplatte 1

Mit der Freitreppe soll die topographische Situation rund um den Dom wieder sichtbar gemacht werden.

Perspektive: Schaller/Theodor Architekten

domplatte 2

70 Meter breit wird die neue Freitreppe zwischen Dom und Bahnhof werden.

Perspektive: Schaller/Theodor Architekten

domplatte 3

Eine Reihe von neun, sieben Meter hohen Lichtsteelen soll den Bahnhofsvorplatz beleuchten.

Perspektive: Schaller/Theodor Architekten

14 Kommentare

..bin ja schon froh, dass dort überhaupt was passiert und das schlimmste Grauen geschreddert wird. Gibt auch so noch genug völlig verbaute Pinkelecken in Köln. Bahnhofsplatz und Domplatz sind und waren scheußlich – in den 70gern,80gern,90gern, und heute erst recht !!!!

Warum hier das Urheberrecht greift bleibt mir unerklärlich!
Das die ursprüngliche Planung ein Fehler war zeigt doch der jetzige Entschluss des Rückbaus, und das soll jetz auch noch belohnt werden. Ein unfairer Ausgang des Wettbewerbs.

Diese „Lichtstelen“ werden den Platz sicher nicht bereichern. Sie wirken viel zu nüchtern und funktional streng. Schöne historisierende Laternen würden dem Ort besser zu Gesicht stehen.

nuechterne allerweltsmoderne, kein charm, keine lebensfreude, kalter beton mit lichtstelzen. kein bezug zu koeln
modernistische klischees zum abwinken. in 20 jahren wird erneut alles abgerissen, um endlich die situation der 30er jahre wieder herzustellen,der modernismus-stil gefaellt einfach nicht

Warum macht man den Umbau der Trankgasse in einen Autotunnel nicht rückgängig

der abriss ist ein guter anfang.
leider fehlt es an lebenswerten alternativen.

Die vergrößtere Fläche des Bahnhofvorplatzes sieht in der Grafik sehr verwaist aus. Z.B. ein Brunnen in seiner Mitte, an dem man sich auch berweilen kann, wäre meiner Ansicht nach eine gute Idee.

Eine Verbesserung ist die neue Treppe zweifellos; leider fehlt -wie fast immer in Köln- ein gutes Gesamtkonzept, der Artikel analysiert das sehr treffend. Ob die 10 Mio. Euro sinnvoll angelegt sind, bleibt anzuzweifeln.

Schrecklich !
Kalt und leer, so soll es also wieder einmal sein. Wo sind die Bäume ? Wo Bänke zum verweilen wenn die Bahn sich verspätet ?
Und wo ist in diesem Entwurf der Behindertengerechte Aufzug/Weg ?

Köln hat zwar die Herzlichsten Einwohner, aber auch die schrecklichsten Architekten !!!

schaut mal nach Wiesbaden. Auch da hat man angefangen die kalten und hässlichen Betonkonstruktionen abzureissen.
Der Naturstein hat noch lange nicht ausgedient und eine freundliche Beleuchtung und ein Brunnen wäre auch nicht schlecht, auch wenn dann die Tauben wieder alles zuscheissen…

Das mit dem Naturstein meines Vorschreibers möchte ich aufgreifen. Wo ist der Bezug zur umgebenden Landschaft wie dem Bergischen Land , der Eifel und dem Siebengebirge(wo der Domstein ja irgendwann mal“gewachsen“ ist). Immerhin laufen wohl relativ viele Pendler aus diesen Regionen über den Platz.Und ein paar Bäume die gross und wirklich alt werden dürfen( d.h. mit ausreichend Bodenfreiheit)
ständen dem Eintrittstor auch zu Gesicht, nach dem Motto“ in Köln kann man gesund alt werden“.

Glaubt denn ernsthaft jemand, dass Touristen aus aller Welt nach Köln kommen, um hier eine puristische Granitfläche zu bewundern, die KEINERLEI Bezug zum historischen Profil der Stadt hat? Ich meine, die Entwürfe sind besser als der Ist- Zustand, aber das kann doch nicht der Maßstab sein!

Kopfsteinpflaster, Altstadtlaternen, Bäume und Bänke wurden dem Dom besser stehen und mit Sicherheit den Erwartungen auswärtiger Besucher eher entsprechen.
Soll denn an Köln auf ewig das Stigma der häßlichen Stadt haften bleiben?
Oder gelingt es uns noch an die Vorkriegsgröße anzuknüpfen?

Die vorangegangenen Kommentierungen sind zwar schon etwas älter… aber ist mal einer auf die Idee gekommen, sich Plätze rund um große Kathedralen z.B. in Frankreich oder England anzusehen?