Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die Schlafmaschine

Von Aalto bis Zumthor – Architektenmöbel im MAKK

Zeitgleich mit dem Start der diesjährigen Möbelmesse und der Passagen eröffnete auch das Museum für angewandte Kunst Köln eine eigene Möbelschau und zeigt Architektenmöbel von Aalto bis Zumthor. Ein geschickter Brückenschlag, denn schließlich hat das MAKK 2012 zum „Architekturjahr“ ernannt.

Eine als „Architektenhaus“ inserierte Immobilie lohnt in den seltensten Fällen einen Maklertermin. Paradox, denn schließlich sollte jedes Haus der Entwurf eines Architekten sein. Doch wie ist es dann mit den Architektenmöbeln? Handelt es sich hier um verkleinerte Architekturen oder um die Erweiterung des architektonischen Raumes? Das MAKK zeigt an über 130 chronologisch geordneten Exponaten aus den letzten 100 Jahren die Eigenheiten und ästhetischen Vorlieben der Architekten als Möbeldesigner.

Die Architekten als Erfinder des Möbeldesigns

Alle Architekten, deren Entwürfe in der Ausstellung gezeigt werden, haben sich in erster Linie als Baumeister verstanden. Charakteristisch für ihre Möbel ist, dass ein Sessel oder Tisch immer vollkommen anders gedacht wurde, als andere Sessel oder Tische vor ihm. Als Josef Hoffmann oder Frank Lloyd Wright Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Möbeldesign begannen, gab es weder diesen Begriff, noch den Beruf des Industriedesigners.

Wenig komfortabel und einladend sahen ihre Entwürfe aus und unterschieden sich in ihrer extremen Funktionalität deutlich von den damals üblichen handwerklich hergestellten Jugendstileinrichtungen. Ganze Zimmereinrichtungen kann das MAKK aus den eigenen Beständen in dieser Ausstellung zeigen.

Immer wieder ist zu sehen, wie die Architekten das Möbeldesign im 20. Jahrhundert revolutioniert haben. Sie haben die Handwerker vor neue Herausforderungen gestellt, indem sie mit artfremden Materialien wie dem bei Marcel Breuer, Le Corbusier und Mies van der Rohe verwandten Stahlrohr oder organischen Formen wie Alvar Aalto arbeiteten.

Nach dem Krieg lösten die fließende organische Formen die rechtwinklige Strenge ab, unterstützt wurde diese Mode von neuen Fertigungstechniken und die Verwendung von Kunststoffen, wie zum Beispiel Eero Saarinen mit der „Tulip“- Serie 1956.

Das Möbel als Teil der Großen Ganzen

Bis heute entwerfen viele Architekten das Mobiliar für ihre Bauten mit der Intention ein Gesamtkunstwerk zu schaffen. Die Liegen in den Ruheräumen der Vaalser Therme und die Sessel im Lesesaal des Kölner Diözesanmuseums Kolumba, die von Peter Zumthor entsprechen in Formgebung und Materialität so genau der Architektur, dass das Möbelstück Teil des Ganzen wird.

Peter Zumthor entwirft kaum Möbel, umso überraschender erscheinen da eine Pfeffermühle und einen Kerzenständer, die in Serie produziert und frei verkauft werden.

Hadi Teherani dagegen leitet in Hamburg neben seinem Architekturbüro noch ein Designbüro. Da ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass sein Teppich „Pebble“ und der Bürostuhl „Silver“ wesentlich marktgängiger wirken als viele der anderen Exponate.

Natürlich ist es den Besuchern der Ausstellung das Probesitzen nicht erlaubt. Weil aber so viele der Sessel und Stühle eher form- als körperorientiert wirken, haben die Ausstellungsmacher den Komfort der Architektenmöbel exemplarisch getestet. Überraschende Erkenntnis hier, dass der „Rot-Blaue Stuhl“ von Gerrit Rietveld nicht so unbequem ist, wie er aussieht, dagegen der Stuhl „Seconda“ von Mario Botta wohl kaum zum Sitzen gedacht sein kann.

Architektenmöbel treffen nicht unbedingt den Geschmack oder Anspruch der Masse, weshalb sie bis heute überwiegend in Architektenhaushalten landen. Unverzichtbar – und im Gegensatz zu vielen anderen hier gezeigten Beispielen durchaus finanzierbar – ist dagegen das Eiermann Tischgestell, das viel Architekten seit ihrem Studium begleitet.

Lenkradsessel und Schlafmaschine

Eine wunderbare Bereicherung der nüchtern gestalteten Ausstellung sind die zahlreichen aus dem Buch „Farbe Form Orangensaft“ von Ewa Solarz & Aleksandra und Daniel Mizielinscy entnommen Illustrationen, die die Idee einzelner Möbelstücke – nicht nur für Kinder – äußerst anschaulich und durchaus unterhaltsam darstellen: Dass Marcel Breuer die Idee zu „Wassiliy“ beim Fahrradfahren gekommen ist, leuchtet ein – konsequent dann auch, dass er den Herstellungsauftrag für den Sessel an eine Fahrradfabrik vergeben hat. Geschickt über den Tellerrand gespinxt, Herr Breuer! Da lernt auch der noch so designaffine Architekt etwas dazu.

Uta Winterhager

Von Aalto bis Zumthor: Architektenmöbel

MAKK

An der Rechtschule

50667 Köln

16. Januar bis 22. April 2012

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag 11 – 17 Uhr

Jeden ersten Donnerstag im Monat 11 – 22 Uhr (mit Führung um 18 Uhr)

An jedem ersten Sonntag im Monat ab 10 Uhr (zu Kunst + Frühstück mit kostenlosen Führungen für Kinder und Erwachsene um 11 Uhr)

Öffnungszeiten während der IMM Cologne

16.1. bis 22.1.2012 11 – 22 Uhr

Eintritt frei in die Ausstellungen „Von Aalto bis Zumthor: Architektenmöbel“ und „Wünsche erfüllt! Die Neuzugänge im MAKK“ sowie in die Design-Abteilung

Zaha Hadid, Schale ‚Acrylic Bowl’, 2007, Sawaya & Moroni, Mailand (I), 2011, © Sawaya & Moroni

Frank Lloyd Wright, Schreibtisch mit Sitz, entworfen für das Larkin Company Verwaltungsgebäude, Buffalo, New York (USA), um 1904, © Sascha Fuis Fotografie, Köln

Alvar Aalto, Armlehnstuhl, Mod. Nr. 31, 1930-33, Artek oy ab, Helsinki (FIN), © RBA Köln

„Die Schlafmaschine“ entnommen aus dem Buch „Farbe Form Orangensaft, Verrücktes Design aus aller Welt“ von Ewa Solarz & Aleksandra und Daniel Mizielinski, erschienen im Moritz Verlag, Frankfurt 2011

„Der Lenkradsessel“ entnommen aus dem Buch „Farbe Form Orangensaft, Verrücktes Design aus aller Welt“ von Ewa Solarz & Aleksandra und Daniel Mizielinski, erschienen im Moritz Verlag, Frankfurt 2011