Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Wie die Zukunft der Geschichte gedacht wird

Wettbewerb: Historisches Archiv der Stadt Köln

Durch den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 3. März 2009 wurden schätzungsweise 90 Prozent der dort bewahrten Dokumente unter Trümmern begraben oder vernichtet. Für die Restaurierung des geborgenen Materials – immerhin etwa 27 Regalkilometer – werden rund 30 Jahre angesetzt. Den Zweiten Weltkrieg hatten die kostbaren Bestände des Kölner Stadtarchivs unbeschadet überstanden, nach dem Einsturz des Gebäudes in der Severinstraße stand die Stadt plötzlich ohne Archiv und nur noch mit einem Bruchteil der Archivalien da.

Seit 1972 befand sich das Historisches Archiv der Stadt Köln (HAdSK) in der Severinstraße. Obschon der Bau für eine dreißigjährige Nutzung geplant worden war, waren die Platzreserven bereits 1996 aufgebraucht. Auch der bautechnische Zustand entsprach nicht mehr den aktuellen Anforderungen zum Schutz der Archivalien, wie der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma im August 2007 anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Hüter der Schätze und digitaler Dienstleister – 150 Jahre Historisches Archiv der Stadt Köln“ in seiner Rede bemerkte. Gespräche und Gedanken zu einem möglichen Neubau hat es also schon vor dem Unglück gegeben, den Zwang trotz des knappen Haushalts zu handeln erst danach.

Seit November 2005 ist die Historikerin Bettina Schmidt-Czaia Leiterin des HAdSK. Durch den notwendig gewordenen Neubau des Archivgebäudes eröffnet sich ihr die Chance der die von ihr immer propagierten Idee des Bürgerarchivs eine Gestalt zu geben. Nach der Zerstörung der vielen historischen Zeugnisse sollte aber auch die Gelegenheit wahrgenommen werden, um über die Zukunft des analogen Archivs und mögliche Alternativen nachzudenken.

Das kulturelle Schatzhaus

Im Dezember 2010 lobte die Stadt Köln einen begrenzten architektonischen Realisierungswettbewerb für den Neubau des Historischen Archivs mit Kunst- und Museumsbibliothek aus. Der Wettbewerb stieß international auf großes Interesse, so dass aus 200 Bewerbern 30 ausgesucht wurden, um mit 15 zugeladenen Büros teilzunehmen. Von den Teilnehmern wird der Entwurf eines „einladenden, offenen und gleichzeitig hochfunktionalen Haues“ erwartet, das auf eine fünfzigjährige Nutzung ausgelegt ist. Es soll Wissenschaftler und Studenten und auch interessierte Bürger ansprechen, den strengen konservatorischen Erfordernissen entsprechen und, um die Betriebskosten gering zu halten, energieeffizient zu betreiben sein. Für die Baumaßnahme sind Gesamtbaukosten von 85 Mio. € als Obergrenze vorgegeben.

Außer dem Historischen Archiv (ca. 20.000 qm BGF) soll der Neubau auch die Kunst- und Museumsbibliothek mit dem Rheinischem Bildarchiv (ca. 10.400 qm BGF) beherbergen. Momentan ist der Bestand der Kunst- und Museumsbibliothek an fünf Orten, darunter die Lesesäle des Museum Ludwig und des Museums für Angewandte Kunst, zu finden. Mit dem gemeinsamen Neubau wird die Stadt nicht nur die Ausgaben für die derzeit angemieteten Räume einsparen, sondern schafft durch die Bündelung der Institutionen in ein „Kulturelles Schatzhaus“, das in der Kölner Kultur- und Wissenschaftslandschaft wesentlich besser wahrgenommen werden kann.

Der Öffentlichkeit soll sich das kulturelle Schatzhaus dann als eine „bürgernahe Einrichtung einladend präsentieren“. Nicht nur in der räumlichen Zusammenfassung der Institutionen liegt hier eine Chance, sondern auch darin, dem Archiv ein andres Gesicht zu geben, als der dunkel und verschlossen wirkende Magazinbau in der Severinstraße es gehabt hat. Hier gilt es im Wettbewerb eine bauliche Lösung zu finden, die den kostbaren Bestand vor sämtlichen Klimaeinflüssen schützt, den Bürgern jedoch offen gegenüber steht.

Neuanfang am Eifelwall

In der Ratssitzung am 10. September 2010 wurde beschlossen, dass das Stadtarchiv auf dem ca. 9.000 qm große Grundstück Eifelwall Ecke Luxemburger Straße errichtet werden soll. (Zur Standortdiskussion siehe: „Wohin kommt das neue Stadtarchiv?“ vom 12.07.2009).

Das städtische Grundstück ist Teil einer 55.000 qm großen Umstrukturierungsfläche im Bereich des Inneren Grüngürtels, die in Zukunft nicht mehr rein gewerblich genutzt werden soll. Der Neubau soll auch als Auftakt zu dem im Städtebaulichen Masterplan Innenstadt für diesen Bereich geplanten Wissenspark fungieren. Synergieeffekte mit zukünftigen Nachbarn sind also durchaus erwünscht.

Das Historische Archiv gibt es im Moment als temporären Lesesaal am Heumarkt 14. Dort können digitalisierte Mikrofilme nach Vorbestellung und Terminabsprache eingesehen werden.

Das Preisgericht wird am 17./18. Juni 2011 über die Wettbewerbsergebnisse entscheiden.

Uta Winterhager

Lesen sie auch zum Thema:

Wohin kommt das neue Stadtarchiv?

12.07.2009

Ein Überblick über die wichtigsten zur Diskussion gestellten Standorte:

Erinnerungsverlust

13.03.2009

Architektennachlässe einer ganzen Region verschüttet

© Stadt Köln: mit Genehmigung des Amtes für Liegenschaften, Vermessung und Kataster, Katasterservice 232-4

der Stadt Köln, GSB-Nr.: DK 13/2011

Kataster- und Katasterservice der Stadt Köln

1 Kommentar

ich finde aber, man sollte den mann, der auf dem grundstück am eifelwall sein selbstgebautes haus stehen hat (war auch mal teil eines rundgangs während der „plan“), dort lassen. sozusagen als fortschrittsmahner. wenn man ihn dort besucht… das ist immer ein erlebnis. würde eine schöne spannung ergeben. er dort mit seinem haus und die repräsentanz-kultur daneben – wird aber wohl nichts draus werden… bei dem alten stadtarchiv dachte ich übrigens immer, es handele sich um ein parkhaus…