Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

„Es besser machen“

Im BDA Montagsgespräch werden Ideen für das Heliosgelände in Ehrenfeld skizziert.

„Gerade sind wegen der ‚Passagen‘ viele Innenstädter nach Ehrenfeld gekommen“, begrüßt Andreas Fritzen vom BDA Köln die vielen Besucher im Domforum, „und jetzt sind wohl viele Ehrenfelder in die Innenstadt gekommen, um über das Heliosgelände zu diskutieren.“ Vor der Diskussion stehen aber drei Kurzvorträge, die das Baugelände und Ideen hierfür illustrieren.

Bunte Mischung

Den Anfang macht die Architektin und Sprecherin der Stadtentwicklungsgruppe der „Bürgerinitiative Helios“, Almut Skriver. Begeistert berichtet sie von der Arbeit der Bürgerinitiative, die sich „aus einer bunten Mischung von Menschen zusammensetzt, genau wie Ehrenfeld“. Und diese gemischte Struktur soll nach Meinung der Initiative auch auf dem Heliosgelände stattfinden, Bildung und Kultur wären ideale Inhalte. Die GAG baue neue Wohnungen in der Nähe des Geländes, die Bahnbögen sollen neu genutzt werden und das Vulkangelände sei schon vorbildlich neu genutzt, erzählt Skriver, das Heliosgelände liege da mittendrin und sei ideal vernetzt. Die Bürgerinitiative möchte deshalb auch auf dem Gebiet Wege und somit öffentliche Räume schaffen. Scharf kritisiert sie die von der Stadt in Auftrag gegebene Studie zum Potenzial an Verkaufsflächen auf dem Heliosgelände. Sie sei wohl auf Wunsch des Bauherren entstanden – und in entscheidenden Punkten fehlerhaft. Hierzu bereite die Bürgerinitiative eine Stellungnahme vor.

Warum ausgerechnet Handel auf dem Gebiet entstehen soll, fragt sich die Bürgerinitiative – so sehe das Leitbild aus dem Jahr 2002 noch ganz andere Inhalte vor und man sei „mit dem Fahrrad in fünf Minuten in der Stadt, da sehen wir nicht, warum wir zusätzliche Verkaufsflächen brauchen.“ Auch die im Gutachten empfohlenen Flächen insbesondere für den mittel- und langfristigen Bedarf kritisiert Skriver. „Die Lärmbelastung um das Gelände herum ist schon sehr hoch – und um eine Waschmaschine zu kaufen, kommt wohl niemand mit der KVB.“ Das Gelände sei hervorragend an den Nahverkehr angebunden, also gehöre dort auch eine öffentliche Nutzung hin. Konkrete eigene Ideen hat die „Bürgerinitiative Helios“ noch nicht, am 22. Februar soll es aber eine nächste öffentliche Versammlung geben, bei der erste Ergebnisse der Untergruppen vorgestellt werden. Große Hoffnungen setzen die Initiatoren auf das Bürgerbeteiligungsverfahren, „aus dem ein Wettbewerb abgeleitet werden kann, der offener ist, als nur ein Wettbewerb für eine Shopping-Mall.“

Vorhandene Ideen

Als nächstes zeigt „Passagen“-Initiatorin Sabine Voggenreiter in einer Bildershow, was bereits alles in Ehrenfeld – auch auf dem Helios-Gelände – existiert. Schon im Jahr 2009 erarbeiteten Studenten Konzepte für das Gelände, die jetzt wieder aktuell werden könnten. Aber auch die Design-Community in Ehrenfeld ist aktiv, natürlich auch im „Design Quartier Ehrenfeld“, das seine Heimat auf dem Helios-Gelände hat. Es existieren eine Reihe von Kooperationen, zum Beispiel mit der c/o pop, ein Modefestival findet hier statt und es gibt Projekte mit Kindern und Jugendlichen. „Daran sieht man, wie viele Leute man mit alternativen Konzepten erreichen kann“, konstatiert Sabine Voggenreiter. Besonders begeistert berichtet sie von ihrem Projekt der urbanen Agrikultur. Die Ehrenfelder haben das, was bei ihnen auf dem Balkon oder im Garten wächst in die Halle gebracht, es wurde ausgestellt und katalogisiert. Die Bewohner konnten außerdem Saatgut mit nach Hause nehmen und anpflanzen. Die Ergebnisse werden dann wiederum dokumentiert. Nachdem es schon mit der GAG gemeinsame Pläne für urbane Agrikultur auf dem Baugebiet Grüner Weg gibt, wünscht sich Sabine Voggenreiter auch für das Heliosgelände eine grüne Zukunft. Vor allem solle in der Rheinlandhalle ein Markt mit regionalen Produkten entstehen. Finanziert werden könnte diese Nutzung am besten als Stiftung – und der Investor habe schon Interesse signalisiert.

Modellprojekt „Planet Modulor“

Und so fragt Andreas Krüger gleich zu Beginn seines Vortrags: „Was soll ich eigentlich noch sagen? Sie haben ja schon alles.“ Eingeladen wurde er, um vom Projekt „Planet Modulor“ in Berlin zu berichten. Der Laden für Modellbaubedarf besteht bislang in einem Kreuzberger Hinterhof, in dem zu wenig Platz ist. Die vielen Firmen mit denen planet modulor zusammenarbeitet hatten schon länger gebeten, Bescheid zu sagen, wenn ein Umzug anstehen sollte, erzählt Krüger, dann wollten sie mit umziehen. Und so hat sich das Geschäft für Modellbaubedarf eine von den vielen Investoren in Berlin übrig gelassene Brache gesucht, auf die sie nun zusammen mit Werkstätten, Büros, Ateliers und sogar einem Verlag im Mai ziehen werden. Vorher haben sie die Umgebung analysiert um noch Fehlendes ergänzen zu können. So ergab diese Analyse, dass ein Mangel an Kindergärten besteht – nun wird ein privater Kindergarten auf dem Gelände gegründet.

Auch die schwierige Sozialstruktur wird berücksichtigt: In einem Projekt zusammen mit Bildungsträgern werden arbeitswilligen Jugendlichen verschiedenste Tätigkeiten in den unterschiedlichen Firmen angeboten. „Es gibt eine unternehmerische Verantwortung, sich in sein Umfeld zu integrieren“, sagt Krüger, „dabei muss man aber mittel- bis langfristig denken und darf nicht nur auf die kurzfristigen Effekte schauen.“ Auch die räumliche Integration spiele eine Rolle: Die Öffentlichkeit sollte den Zugang behalten, selbst wenn das Gelände privat ist. Die Motivation für das Engagement fasst Andreas Krüger sehr kurz zusammen: „Es besser machen“, denn „zukünftig müssen Orte, wo Menschen hingehen, um Waren zu kaufen eine ganz andere Qualität haben.“

Vera Lisakowski

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Auf dem Heliosgelände in Ehrenfeld soll ein Einkaufszentrum entstehen. Gegen diese Investorenpläne wehrt sich eine Bürgerinitiative.

Weiterführende Links:

Bürgerinitiative Helios

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Das Podium (vlnr)

Moderator: Andreas Fritzen; ‚Passagen‘-Initiatorin Sabine Voggenreiter; Sprecherin der ‚Bürgerinitiative Helios‘: Almut Skriver und Andreas Krüger, Projekt ‚Planet Modulor‘, Berlin