Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Umzug oder nicht?

Die Hintergründe zum geplanten Umzug der Fachhochschule Köln

Laut FH Präsident Joachim Metzner ist die Sache klar und beschlossen: Die FH zieht weg aus Deutz und rein ins linksrheinische Bayenthal. Doch das sehen längst nicht alle so. Vor allem die Leitbildgruppe »Attraktive Stadtgestaltung« sowie der Asta der FH haben große Bedenken hinsichtlich der sozialen und stadträumlichen Folgen. koelnarchitektur versucht, etwas mehr Licht in eine verworrene, nicht umunstrittene Angelegenheit zu bringen und klärt die wichtigsten Fragen.

Wer entscheidet über den Umzug?

Laut Dekanin der Fakultät Architektur, Prof. Brigitte Caster, trifft das Ministerium diese schwierige Entscheidung. „Aber man würde sich dabei sicher nicht gegen die Hochschule stellen!“ Und die Hochschule? Diese ist sehr zwiegespalten. „Auch unsere Architekturfakultät ist nicht homogen für ein Modell, für beide Seiten gibt es Pros und Kontras. Wir Architekten sehen natürlich auch immer das Problem der Nachnutzung der Gebäude in Deutz. Denn da haben wir eine große soziale Verantwortung.“

Was spricht für den Umzug? Und wer sind die Befürworter?

• Die Fachhochschule ist sanierungsbedürftig und eine Sanierung bei laufendem Betrieb viel zu schwierig.

• Die räumliche Ausstattung: „Wie wir nicht zuletzt aus Befragungen unserer Studierenden wissen, ist die räumliche Ausstattung ein wesentliches Kriterium für die Zufriedenheit der Studierenden und die Wahrnehmung der Hochschule insgesamt“, so FH Präsident Joachim Metzner. „In den vergangenen Jahren wurde ihnen und auch den Professorinnen und Professoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Campus Deutz einiges abverlangt.“

Ein Umzug nach Bayenthal würde eine Neuverteilung der Flächen und Räume zur Folge haben – laut Metzner ein klarer Pluspunkt für die Fachhochschule und ihre Studierenden. Auch Dekanin Caster räumt ein: „Hier in Deutz leben wir wie auf einer Insel. Es gibt nichts und niemanden um uns herum, keinerlei Infrastruktur für die Studenten.“

• Förderung der interdisziplinären Studiengänge: Mit der Umsiedlung verfolgt das Land das Campus-Modell. Demnach sollen alle Institute und Verwaltungsgebäude nahe beieinander liegen. Durch den Umzug der Fachhochschule könnte ein linksrheinischer Wissenschaftsgürtel entstehen, da die Anlagen der Universität nicht weit entfernt sind von dem neuen Standort.

• Die Kosten: Ein Gutachten, das vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW in Auftrag gegeben wurde, bestärkt den FH-Präsidenten in seiner Haltung. Darin heißt es, dass ein Neubau in Bayenthal 300.000 Millionen Euro kosten würde, nur 10.000 Millionen Euro mehr als die Sanierung des alten Standorts.

• Die bereits geschaffenen Fakten: Der landeseigene Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) hat bereits Grundstücke für den FH-Standort in Bayenthal gekauft – von einer Unternehmensgruppe, deren Geschäftsführer IHK-Präsident Paul Bauwens-Adenauer ist – zugleich Initiator des städtebaulichen Masterplans. Der beauftragte Stadtplaner Albert Speer hatte das Planwerk letzten November vorgelegt – darin war kurz vor Abschluss noch der mögliche Umzug des IWZ von Deutz nach Bayenthal eingetragen worden.

Was spricht gegen einen Umzug? Und wer sind die Bedenkenträger?

• Die Kosten: Der Asta der FH weist darauf hin, dass das IWZ zwischen 2004 und 2007 bereits für zwanzig Millionen Euro saniert worden ist, sieben Millionen wurden allein in die Technik investiert. Auch neue Labore und Werkstätten wurden errichtet.

• Der Standort Bayenthal: Laut Umzugsgegnern gibt es dort viel zu wenig Platz und auch die Lage sei nicht verkehrsgünstig. Elke Stucken, Bezirksvertreterin in Rodenkirchen sagt dazu: „Bayenthal wird zugebaut an allen Stellen. Zudem gibt es keine Infrastruktur für Studenten. Das Potenzial auf der anderen Rheinseite ist doch geradezu ideal!“

• Der Standort Deutz: Dort ist eine Vergrößerung jederzeit möglich. Der Platzbedarf wäre vorhanden.

• Die Fachhochschule als Motor für Stadtentwicklung in Deutz: Klaus-Otto Fruhner, ehemaliger Wirtschaftsdezernent der Stadt, warnt vor dem Umzug. Er ist dagegen, „durch einen Abriss Vermögenswerte zu vernichten“. Der Architekt Prof. Dieter Prinz hält zwar „eine Sanierung bei laufendem Betrieb für schwierig“, aber dies sei kein Grund für einen Umzug. In der Leitbildgruppe „Attraktive Stadtgestaltung“, der Fruhner und Prinz angehören, heißt es zudem, die FH sei „unverzichtbarer Baustein für eine erfolgreiche Strategie der rechtsrheinischen Stadtentwicklung“ und trage zur „Stabilisierung des rechtsrheinischen Kölns als Wohn-, Wirtschafts- und Bildungsstandort bei“. In Deutz und Kalk fühlt man sich abgehängt.

• Die Studenten: Laut einer aktuellen Studie das Amtes für Stadtplanung wohnen über 50% der Studenten an der FH im Rechtsrheinischen. Studenten brauchen das günstige Leben im Rechtsrheinischen und das Rechtsrheinische braucht die Studenten für eine gute Stadtentwicklung!

• Winfried Dohm, Kalker Bezirksbürgermeister, hatte sich bereits am 12. Mai in einem Schreiben an seinen Parteikollegen OB Fritz Schramma gegen die Pläne ausgesprochen. Auch Andreas Hupke (Grüne), als Bezirksbürgermeister Innenstadt zuständig für Deutz, lehnt den Umzug ab.

Wäre denn ein Neubau nicht auch im Rechtsrheinischen möglich?

Laut Klaus-Otto Fruhner wäre das die beste Lösung. So würde die Struktur in Deutz erhalten bleiben. „Die Flächen sind ja da, man könnte zum Beispiel auf dem Gelände der Sportanlagen einen Neubau errichten und danach immer noch entscheiden, ob man das alte Gebäude abreißt oder nicht.“ Vor allem mit dem Potential einer Architekturfakultät und den Ideen der Studenten würde man zu einer sinnvollen Lösung gelangen, so meint auch Prof. Dieter Prinz. „Fakt ist aber dass, das Angebot der Fakultät für Architektur, inhaltliche Planungsgrundlagen und Nutzerbedarferhebungen für eine zukunftsorientierte Fachhochschule Köln zu erarbeiten, nicht angenommen wurde“, weiß Prof. Jochen Siegemund, Leiter des Institutes Corporate Architecture.

Und jetzt?

Bis Jahresende soll die Entscheidung offiziell fallen. Zwar muss die Stadt Köln formal erst noch Baurecht schaffen. Doch selbst, wenn es im Stadtrat eine Mehrheit gegen die Pläne gäbe, würde diese wohl kaum dem politischen Druck der schwarz-gelben Landesregierung standhalten. Jürgen Roters (SPD), der Nachfolger von OB Fritz Schramma, hatte sich bereits für den Umzug ausgesprochen.

„Jetzt wird erst einmal ein städtebaulicher Wettbewerb für Bayenthal ausgeschrieben werden“, beruhigt Dekanin Prof. Brigitte Caster. In diesem soll geklärt werden, ob und wie die neuen Strukturen dort angeordnet werden können. „Denn wer weiß, vielleicht ist das Grundstück dort ja gar nicht so gut geeignet … Wir sollten uns alle ein wenig entspannen. Zu viel Aufregung bringt nichts.“

Natalie Bräuninger

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Rechte: Albert Speer & Partner

Der Altbau des Ingenieurwissenschaftlichen Zentrums (IWZ) in Deutz.

3 Kommentare

korrektur 2. zeile:
bayenthal ist links! rheinisch.

ansonsten sollte man die frage wissenschaftlich angehen:
1. was ist überhaupt ein geeigneter hochschulstandort?
2. treffen die kriterien auf bayenthal zu?
3. oder ist ein anderer standort geeigneter?
4. was ist tatsächlich entwicklungsfördernd für kalk/humboldt/gremberg? ist die fachhochschule erste wahl?
vielleicht sind tatsächlich attraktive grün- und freizeitangebote ein überfälliger impuls?

Danke für die Korrektur! Natürlich linksrheinisch!

ich habe meine Diplomarbeit zu diesem Thema verfasst und ich bin nach einschlägiger objektiver Analyse doch relativ eindeutig zu dem Schluss gekommen, dass es wesentlich sinnvoller ist, die FH an ihrem Standort in Deutz zu belassen. Allerdings sehe ich es ähnlich wie Herr Fruhner, dass eine Neustrukturierung des Geländes von Nöten wäre. Denn so, wie Frau Caster schon sagt, besitzt die FH momentan eine Insellage. Warum also nicht neustrukturieren, einen sozialen, kulturellen Bildungspol im rechtsrheinischen Raum schaffen – ein Bindeglied zwischen den drei Sadtteilen Deutz, Kalk und Humboldt!?!! welche Nutzung sollte sonst Motor für eine gute Stadtentwicklung an dem Standort sein? Wohnstrukturen?? damit sich ein weiterer isolierter Wohnpol entwickelt? Ein weiteres Büroareal wie in Poll, um auch nichts gegen die Verinselung zu unternehmen?!
Ziel sollte es doch sein, gegen die Isolation des Standortes zu entwickeln sowohl strukturell als auch soziologisch.
Auch finde ich wird Deutz im Besonderen völlig verkannt was den Innenstadtgedanken betrifft. Deutz ist Innenstadt!!! Warum diesen Stadtteil nicht mit einem Hochschulstandort bestärkt belassen?!? Man müsste Ihn lediglich verbessern. Ein weiterer Grund für den Verbleib ist historischer Art. Die Ingenieurwissenschaften gehören gewissermaßen auf die rechtsrheinische Seite, die doch sehr industriell behaftet war und zum Teil noch ist.
Dann stellte sich für mich noch die Frage der Interdisziplinarität. Welche Fakultäten der GWZ könnten mit einer Fakultät der IWZ zusammenarbeiten? Die Pädagogen mit den Maschinenbauern? Mir fielen da höchstens die Designer und die Architekten ein. Warum also nicht einfach die Design Fakultät in die Neustrukturierung in Deutz berücksichtigen?

In meiner Arbeit habe ich zudem noch einen großstadträumlichen Aspekt bedacht. Wenn ich sage Deutz ist Innenstadt (was es defakto auch ist) kann man das Ganze noch unterstreichen, indem man über eine Fortführung des Grüngürtels nachdenkt. Er könnte ohne weiteres entwickelt werden, denn Entwicklungsfläche ist zur Zeit noch jede Menge vorhanden.
Wenn man sich also nun vorstellt, dass ein grünes Band das FH Areal mit dem Rest der Gesamtstadt verbindet, gibt das doch ein recht rundes Konzept. Man könnte von einem Hochschulring sprechen (IWZ-Deutz Ost, GWZ-Südstadt, Uni-West und RFH-Nord).
Die sehr gute Erreichbarkeit des jetzigen FH Standorts sollte auch nicht unerwähnt bleiben.

Mein Standpunkt zu dem Thema also ganz eindeutig: Die IWZ soll in Deutz bleiben!!!