Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Passepartout-Effekt

Die „Sehstation“ der Landesinitiative StadtBauKultur NRW in Bonn

Seit Mitte August steht auf der Bonner Hofgartenwiese die „Sehstation“ der Landesinitiative StadtBauKultur NRW. Diese temporäre Installation aus bunten Holzrahmen liegt auf der Wiese wie ein riesiges vergessenes Spielzeug. Berührungsängste wird es kaum geben, denn dieses multifunktionale Stadtmöbel möchte nicht nur das Interesse der Passanten und der Medien auf die Kampagne „Sehen lernen“ lenken, sondern lädt jeden ein, herein zu klettern um heraus zu schauen. Denn wenn man in einer Sehstation steht, sieht man anders. Die hölzernen Rahmen eröffnen eine vorgegebene Perspektive: In Bonn überschneiden sich das Münster und das Universitätshauptgebäude – ein schönes Bild, dessen Wertigkeit durch den Passepartout-Effekt noch verstärkt wird.

Motiv Stadt

Zehn einzelne Rahmen, denen ihre didaktische Bestimmung, das „SEHENLERNEN“ zu vermitteln, unübersehbar aufgedruckt ist, stehen an weiteren Spielraum-Standorten im Stadtgebiet. Da wird der Blick auch schon mal auf eine schlecht gestaltete Ecke oder eine gerne übersehene Problemzone gerichtet.

Aber es geht nicht nur darum bloß zu gucken. Die Initiative StadtBauKultur hat mit dem Stadtplanungsamt, der Bonner Universität, dem BDA, StattReisen, dem Verein Jungend Architektur Stadt e.V. ein Programm entwickelt, das sich an eine breite Öffentlichkeit richtet. Unter dem Titel „Spielraum Stadt“ finden noch bis zum 6. September zahlreiche Veranstaltungen rund um die Sehstation statt: ob Baukultur-Frühstück, Nachtwanderung, Beethovenführung oder Stadtrallye für Kinder, jeder soll sich eingeladen fühlen mit zu gehen oder mit zu reden. Denn die interessierten Bürger sollen nicht nur das Sehen lernen, sondern auch sprachfähig gemacht werden, um Missstände oder neue Ideen öffentlich zu diskutieren.

Sehen lernen

Die Sehstation, entworfen von dem Augsburger Architekten Andy Brauneis mit Nicolette Baumeister (Kommunikationsmodule) und Christian Schüller (Tragwerk), ist das Ergebnis eines im Jahr 2007 ausgelobten Wettbewerbes mit der Aufgabe eine mobile Sehhilfe zu entwickeln, die standortunabhängig, zeichenhaft und von hohem Widererkennungswert sein sollte und deren Materialien nach Gebrauch recycled werden können. Seit dem letzten Sommer besucht die Sehstation die Städte in NRW für jeweils zwei Wochen. Weitere Standorte, darunter auch Köln, sind für 2010 geplant.

Die Sehstation scheint sich nach acht Stationen bewährt zu haben. Sie erweist sich als ein geeigneter Rahmen für einen öffentlichen Diskurs über die gebaute Umwelt, der dort auf ganz unterschiedlichen Niveaus geführt werden kann. Damit bildet sie nach dem digitalen Baukultur ABC den zweiten Baustein der Kampagne „Sehen lernen“, die in Zukunft noch durch Broschüren und Faltblätter, sowie ein begleitende Plakataktion ergänzt werden soll.

Uta Winterhager

In Bonn ist die Sehstation noch bis zum 6. September zu sehen. Danach wird sie vom 12. September bis zum 4. Oktober in Düsseldorf am Mannesmanufer stehen.

Programm dazu unter: Sehstation Düsseldorf

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SEHEN LERNEN – Eine Kampagne zur Sensibilisierung für die gebaute Umwelt. Der Siegerentwurf wurde gekürt.

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Aus- und Aufblicke: nach 12 Stufen erreicht der Besucher die zweite Öffnung in luftiger Höhe.

Foto: Uta Winterhager

Die Bonner Sehstation fasst das Münster und das Universitätshauptgebäude in einen Rahmen.

Foto: Uta Winterhager

Noch bis zum 6. September 2009 steht die überdimensionale SEHSTATION des Architekten Andy Brauneis auf der Hofgartenwiese in Bonn und richtet den Blick auf den Spielraum Stadt.

Foto: Robert Hoernig