Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Bruchlose Bildungsbiographien

Rahmenplanentwurf für Schulverbund im Klingelpützpark liegt vor

Ein wichtiges Projekt für die urbane Aufwertung des Eigelsteinviertels ist einen Schritt weiter gekommen: am 29. September zeichnete das Preisgericht den endgültigen Siegerentwurf des städtebaulichen Planungsworkshops „Bildungslandschaft Altstadt Nord“ aus. Es wählte mit einer eindeutigen Mehrheit den Entwurf von feld72 / PlanSinn aus Bozen/Wien. Im Winter soll der Rahmenplan so weit entwickelt werden, dass er den Ausschüssen und dem Rat der Stadt vorgelegt werden kann; schon 2009 könnten Bauarbeiten an der Ganztagshauptschule Gereonswall und dem Hansa Gymnasium beginnen. Insgesamt fehlen den Bildungseinrichtungen in dem Areal 11.000 qm Nutzungsfläche.

Lernen im Verbund

Vor zwei Jahren, im Herbst 2006, hat die Stadt Köln beschlossen, zusammen mit den Bonner Montag Stiftungen ein Modellprojekt anzustoßen: die Neu- und Umbauten aller rund um den Klingelpützpark verteilten Bildungseinrichtungen – Grund- und Hauptschule, Gymnasium und Abendgymnasium, zwei Freizeiteinrichtungen sowie eine neu zu entstehende KITA – sollen im Verbund geplant werden.

Im Siegerentwurf der Planungsgemeinschaft feld72 / PlanSinn wird die bestehende Parklandschaft „aufgeräumt.“ Dabei sind Abrisse vorgesehen: das Team strukturiert das Gelände der Haupt- und Grundschulen neu, öffnet eine breite Gasse zum Park und bindet so das Abendgymnasium direkt an den Park an. Ergänzungen im Baubestand akzentuieren die Wegebeziehungen und binden das Gelände zusammen. Die neue Mensa duckt sich als lang gestrecktes Gebäude unter die Rückseite des aufgeschütteten Hügels. Damit beansprucht sie nur „tote Ecken“ des Parks, belebt ihn aber als zentrale Versorgungseinrichtung und bildet gleichzeitig für das Hansagymnasium das Entree in den Park.

Bauen für für 2.200 Kinder und Jugendliche

Der Ansatz der Londoner muf architecture and artists, nur Ergänzungen der Baumasse vorzunehmen und keine Gebäude abzureißen, klingt von der Kostenseite her zunächst vernünftig. Bei näherem Hinsehen ist es allerdings zweifelhaft, ob die Umbauten von jahrzehntealten Schulgebäuden tatsächlich die Gesamtkosten des Projektes senkten würden. Und will man „Türen öffnen für bedeutungsvolles Lernen“ – so das Motto der Montag Stiftungen –, dann ist zweifelhaft, ob die typische Struktur einer Frontal-Lehranstalt überhaupt für diese Zwecke umbaubar ist.

Die Baumaßnahmen am Hansa- und Klingelpützpark zielen in erster Linie darauf ab, für 2.200 Kinder und Jugendliche Lernbedingungen zu verbessern und „Bildungsbiographien ohne Brüche“ zu schaffen, das heißt die Möglichkeit, die gesamte Schulzeit in vertrauter Umgebung und sozialen Netzen zu durchlaufen. Mit dem Verbund der Bildungseinrichtungen will man Synergien heben, die die einzelnen Angebote der Schulen aufwerten. Die städtebauliche Aufgabe besteht darin, den Nutzwert des Areals für alle Anwohner zu erhöhen. So werden das Selbstlernzentrum an zentraler Stelle im Park und die gegenüberliegende, in die Mensa integrierte Cafeteria öffentlich zugänglich sein. Das türkische Gebetszentrum könnte seine versteckte Existenz gegen Unterkünfte in einem Neubau neben dem Jugendzentrum tauschen. Auch der buchstäblich in der Versenkung verschwundene Sportplatz neben der Stadtmauer im Hansapark kommt wieder zu neuen Ehren.

Ein Bildungspark mit innovativen pädagogischen Ansätzen und integrativen Angeboten für alle Nachbarn ist ein wichtiger Beitrag, um der Verödung der Innenstadt und dem Prozess gesellschaftlicher Segregation entgegenzuwirken. Citygebiete sollen für junge Familien mit Kindern wieder attraktiv werden. Kritiker allerdings beklagen, dass karge Parkflächen im Innenstadtbereich verloren gehen. Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) hat bereits beantragt, den Park unter Denkmalschutz zu stellen.

Zehn Jahre sollen die Bauarbeiten rund um den Klingelpützpark dauern, die Büdchen-Besitzer jedenfalls freuen sich schon drauf.

Ira Scheibe

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Internetseite der Montag-Stiftungen zum Wettbewerb

Modell: feld72 / PlanSinn aus Bozen/Wien

Die einzelnen Bausteinen des Entwurfs ordnen das Gelände neu, eine breite Gasse öffnet sich zum Park.

(Foto: Stefan Bayer)

Modell: feld72 / PlanSinn aus Bozen/Wien

Das neue lang gestreckte Gebäude der Mensa bildet den Rücken des aufgeschütteten Hügels und belebt als zentrale Versorgungseinheit den Park.

(Foto: Stefan Bayer)

Prof. Riewe (Juryvorsitz), Dr. Seydel (Schulentwickler) und Kahlen (Stadtdirektor, Köln) begutachten die Entwürfe.

(Foto: Stefan Bayer)