Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Unser Rhein soll schöner werden

Ideen für die Umgestaltung des Rheinufers.

„Wer nicht weiter weiß, gründet einen Arbeitskreis“, lautet ein altbekannter Spruch. Der Arbeitskreis Rheinboulevard hat bewiesen, dass bei einem Arbeitskreis auch wirklich etwas herauskommen kann.

Lange hat sich die Stadt Köln ausschließlich um ihre Postkartenansicht gekümmert, wer von der rechten Rheinseite auf Dom und Altstadt mit dem davor liegenden Rheingarten blickt, dem bietet sich ein wunderschönes Stadtpanorama. Doch wer will sich eigentlich am Deutzer Rheinufer aufhalten um hinüberzublicken? Zu viele unansehnliche Ecken und eine insgesamt unattraktive Uferkante verleiden den Aufenthalt dort.

Das rechte Rheinufer zwischen Rheinpark und Severinsbrücke muss umgestaltet werden, hier soll der Schwerpunkt der Maßnahmen liegen – das ist das erste Ergebnis, das die Arbeitsgruppe Rheinboulevard bei der ersten öffentlichen Veranstaltung am 8. September präsentieren konnte. Das Projekt Rheinboulevard ist Teil der Regionale 2010 und soll die beiden städtebaulichen Module „Archäologische Zone“ in der Innenstadt und „Ottoplatz / Messeplatz“ in Deutz verbinden, damit der Rhein weniger trennendes als verbindendes Element in der Stadt wird.

Schatzsuche auf der „Schäl Sick“

„Ausgangspunkt der Arbeit war nicht die Fehlersuche, sondern die Schatzsuche“, erläutert der Stadtplaner Dieter Prinz die bisherige Arbeit der von der Stadt initiierten Arbeitsgruppe. Ausgehend von einer Betrachtung der Rheinufer von Leverkusen bis Bonn hat die Arbeitsgruppe die Kölner Rheinufer von der Mülheimer Brücke bis zur Rodenkirchener Brücke genau analysiert und typologisiert. Diese „sinnlich wahrnehmbare Entwicklungsachse Kölns“ ist umgeben von den unterschiedlichsten Kulissen, von lieblicher Auenlandschaft bis hin zu spannender Architektur.

Welche Seiten des Rheins sind heute schon in Ordnung und wo gibt es noch Defizite? „Das Problem liegt eigentlich im Kern“, beantwortet Prinz diese selbst gestellte Frage, „es gibt ein massives Problem gegenüber der Postkartenansicht Kölns am rechten Rheinufer.“ Gemeint ist damit der Bereich zwischen Rheinpark und Severinsbrücke, wo in großen Teilen eine „Hinterhofatmosphäre“ herrscht. Als Ziel definiert er nicht nur die Führung einer durchgehenden, attraktiven Promenade und die Schaffung von Ausblicken, sondern auch die Verknüpfung mit den dahinter liegenden Stadtquartieren.

Schmuddelecken und Müllcontainer

Architekt und Stadtplaner Jörg Beste, der die Leitbildgruppe der Stadt Köln in der Arbeitsgruppe Rheinboulevard vertritt, verdeutlicht anhand von Fotos, wo genau die Schwachstellen am rechten Rheinufer liegen: die Unterführung zum Rheinpark, der Parkplatz vor dem Kloster St. Heribert, Müllcontainer mit Rheinblick, die unattraktive Umbauung des Lufthansagebäudes, die heruntergekommene Asphaltfläche an der Deutzer Werft und die Schmuddelecken in der Umgebung der Brückenfüße. Das Gelächter unter den Zuhörern ist groß bei der entlarvenden Hässlichkeit der Ansichten, die doch eigentlich zu den schönsten in Köln gehören könnten. „Wir sehen hier großes Potential der Aufwertung“, sagt Jörg Beste – und jeder im Raum mag dem sicher nur zustimmen.

Düsseldorf als Vorbild

Wie ein Rheinufer aufgewertet wurde, zeigt Beste am Beispiel Düsseldorfs, wo die neu gestaltete Rheinpromenade inzwischen ein großes Publikum anlockt. Auch für die Aufwertung der Brückenfüße gibt es in Düsseldorf mit dem Apollo Varieté ein Vorbild. Diese Bilder seien nur als Anregung zu verstehen und sollten keinesfalls kopiert werden, gibt Beste zu verstehen. Aber die Fotomontage, auf der die am Düsseldorfer Rheinufer sitzenden Menschen nicht mehr auf den Sonnenuntergang über Oberkassel, sondern auf den Kölner Dom blicken, ist so überzeugend, dass selbst Moderatorin Frauke Burgdorff vom Stiftungs-Institut-Montag bekennt: „Da hat dann sogar Düsseldorf seine Berechtigung.“ Auch eine weitere Fotomontage leistet Überzeugungsarbeit: Der Blick aus dem Arkadengang der alten Messehallen auf das gegenüberliegende Ufer wird von Büschen und Bäumen versperrt. Werden sie aus dem Foto herausretuschiert, bietet sich ein freier Blick auf den Dom – ein Plädoyer dafür, auch mit der Planung von Grünflächen vorsichtig umzugehen.

Beteiligung und Wettbewerb

Die bisherige Arbeit des Arbeitskreises Rheinboulevard soll als Grundlage für den nun folgenden Beteiligungsprozess dienen, der dann wiederum die Grundlage für einen Wettbewerb bildet. Ganz bewusst setzt man vor den Wettbewerb diesen Prozess des „Entdeckens der Möglichkeiten“, um konkrete Vorgaben im Ausschreibungsprozess machen zu können.

Dieser Ansatz wurde auch bei der auf den Vortrag folgenden Podiumsdiskussion begrüßt. „Die Grundlagen für den Wettbewerb müssen geschaffen werden, bevor man Architekten beauftragt und man sie machen lässt“, befürwortet Architekt Stefan Schmitz das Vorgehen aus dem Publikum. Diskussionsteilnehmer Günther Ingenthron vom Stadtplanungsamt Mainz, der seine Erfahrungen aus einem ähnlichen Projekt einbrachte, bekräftigt, dass sich ein Ideenwettbewerb für komplexe planerische Aufgaben nicht eigne. Auch in den meisten anderen Punkten herrscht Einigkeit bei der Diskussion, die Arbeit der Projektgruppe Rheinboulevard hat überzeugt.

Rheinufer auf Augenhöhe

Erste Anregungen für die weitere Gestaltung kommen auch schon aus dem Publikum: Ein Badeschiff solle in den Rheinboulevard integriert werden, wird gleich von zwei Personen vorgeschlagen. Baudezernent Bernd Streitberger verspricht, auch diese Anregungen zu prüfen, da ein solches Vorhaben den „Rhein als Mitte“ stärken würde. „Man sollte offenen Geistes an die Diskussion herangehen“, plädiert er für einen Prozess der Ideenfindung, der auch eine Bebauung, zum Beispiel im Bereich der Deutzer Werft, nicht von vorneherein ausschließen sollte. Auch in der Frage der Finanzierung kann Streitberger beruhigen, etwa 14 Millionen Euro sind für den Rheinboulevard veranschlagt, Fördermittel im Rahmen der Regionale und aus der Städtebauförderung des Landes sollen in das Projekt fließen.

Mit dieser ersten Veranstaltung zum Rheinboulevard könnte der Grundstein gelegt sein, für eine attraktivere „Schäl Sick“ und einen spannenden Entwicklungsprozess bis dahin, so dass bei der Regionale 2010 erste Umsetzungsschwerpunkte präsentiert werden können. Vielleicht wird dann mit dem Rheinboulevard-Projekt tatsächlich das erreicht, was Dieter Prinz als Zielsetzung formulierte: „Die beiden Rheinseiten sollen sich auf Augenhöhe gegenüber stehen.“

Vera Lisakowski

Vom 12. bis 20. September 2006 ist in der Magistrale des Stadthauses Deutz eine Ausstellung über das Projekt Rheinboulevard zu sehen.

Vom trennenden zum verbindenden Element – Ergebnis des AIV-Wettbewerbs „Der Rhein als Mitte“

Homepage der Regionale 2010

Rheinboulevard Zielvorgaben

Aus der Analyse der Rheinufer ergeben sich erste Zielvorgaben

Zeichnung: Dieter Prinz

Rheinboulevard Unterführung

Die Unterführung zum Rheinpark

Foto: Dieter Prinz/Jörg Beste

Rheinboulevard Heribert

Das Kloster Alt St. Heribert

Foto: Dieter Prinz/Jörg Beste

Rheinboulevard Lufthansa

Das Lufthansa-Gebäude am Deutzer Rheinufer

Foto: Dieter Prinz/Jörg Beste

Rheinboulevard Deutzer Werft

Die Brachfläche der Deutzer Werft

Foto: Dieter Prinz/Jörg Beste

Rheinboulevard Ufer

Der alte Treidelpfad könnte zur attraktiven Promenade werden.

Foto: Dieter Prinz/Jörg Beste

Rheinboulevard Montage

Fotomontage: Die Menschen auf der Düsseldorfer Rheinpromenade blicken bei Sonnenuntergang auf Dom und Altstadt

Montage: Dieter Prinz/Jörg Beste

3 Kommentare

Die beiden Rheinseiten sollten sich auf Augenhöhe genüber stehen!? Dies bedeutet, auch auf der „Schäl Sick“ analog zum Dom in guter Architektur in die Höhe zu bauen. In Köln leider unmöglich.

Endlich wird allen bewußt, dass die rechte Rheinfront
überwiegend ein gestalterisches Brachland darstellt.Es wäre schön, wenn die Menschen wieder einen Zugang zum Fluss finden könnten. Gefallen würde mir eine großzügige
Treppenanlage, die direkt
ans Wasser führt. Ähnliches
habe ich vor einiger Zeit in Mainz gesehen.

Eine großzügige Treppenanlage ??
Da hilft ein Blick in die Geschichte.
Eine großzügige Treppenanlage war schon
mal geplant, in den dreißiger Jahren, als elementarer Bestandteil des Gauforum Köln. Adolf Hitler hat sie gefallen.
Er ließ Clemens Klotz, übrigens Kölner
Architekt, noch kurz vor Ende des Krieges
auf die „Gottbegnadetenliste“ setzen.
Kein guter Grund, ein ähnliches Projekt
jetzt zu realisieren. Man sollte mit
Augenmaß vorgehen und den stadtbildprägenden Baumbestand des Adolf Abel-Parks erhalten. Dem Rheinboulevard wird ein Kölner Schmuckstück geopfert.

Harald von der Stein