Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Bild-Gestalter

Schilling hat sehr großen Respekt vor ‚entschlossen vorgetragener Architektur‘. Ihn fasziniert die große Geste des Architekten, ein Gebäude nicht nur zu planen, sondern ‚auch in…

Schilling hat sehr großen Respekt vor „entschlossen vorgetragener Architektur“. Ihn fasziniert die große Geste des Architekten, ein Gebäude nicht nur zu planen, sondern „auch in den Raum zu werfen“ und der Zeitpunkt, in dem der umbaute Raum zur „Manifestation“ wird. Die sichtbar gewordene Idee des Architekten als auch das Gefühl von Raum und Materialität der Architektur übersetzt Schilling mit Hilfe der Großformat-Kamera in die Zweidimensionalität des Abbildes. Dabei ist für ihn die Architekturfotografie weder ein rein technisches Handwerk noch Kunst. Für ihn ist Fotografie Gestaltung. Die große Mattscheibe seiner Fachkamera macht es ihm dabei leichter, die Komposition des Abbildes zu überprüfen. Gerade in Innenräumen entscheidet wesentlich der Kamerastandpunkt darüber, ob zum Beispiel eine Lampe in einen Stuhlrücken läuft oder nicht. Während der Assistent auf Ansage die Szenerie arrangiert, lässt Schilling seinen Blick nicht von der Mattscheibe. Manchmal ist es für Assistent und Fotograf Millimeterarbeit, bis jedes Detail stimmig ist.

Four Walls…

Jüngere Projekte, wie beispielsweise das KAP am Südkai im Kölner Rheinauhafen, haben Schilling aber auch gezeigt, dass die Grenzen zwischen dem alltäglichen Gestalten und einer künstlerischen Arbeit fließend sind. Die Verwendung schafft die Definition! Aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Kölner Büro von KSP Engel und Zimmermann Architekten wird Schilling damit beauftragt, das Projekt KAP am Südkai von der ersten Planungs- bis zur letzten Bauphase fotografisch zu begleiten – für Schilling eine große Ermutigung, auch weiterhin seine Spielräume offen zu halten.

Zunächst fotografiert er von der Südbrücke aus das städtebauliche Umfeld als Grundlage für eine Simulation, die mit der Kubatur des neuen Gebäudes digital ergänzt wird. Nach mehreren Modellphasen beginnt mit dem ersten Spatenstich für Schilling schließlich seine erste langandauernde Baudokumentation, die schnell eine große Eigendynamik annimmt. „Das war ein wunderbarer Job! Ich habe ausschließlich mit Kleinbild gearbeitet und neben den formulierten Zielsetzungen auch frei, im Sinne einer subjektiven Sehweise, fotografiert.“ Neben einer Richtfest-Ausstellung im Treppenhaus werden die Bilder für mehrere Broschüren verwendet. Eine ausgewählte Strecke aus vier Motiven erhält schließlich unter dem Titel „Four Walls Make Up A Room“ eine Anerkennung im Rahmen des Europäischen Architekturfotografie-Preises 2005 und nimmt an der dazugehörigen Ausstellung in der Bonner Kunsthalle teil. „Das war einerseits ein schönes Beispiel für eine ganz archaische Fotografie: ein Mann, eine Kamera, eine Baustelle, andererseits aber auch für das Maß an Ironie in der Kunst. Ich freue mich jedes mal sagen zu können, dass die Bilder zwar in einem freien Geist, aber in erster Linie als Teil eines Jobs entstanden sind.“ Auf Anfrage hin verkauft Schilling sogar eins seiner Bilder – unsigniert und ohne Auflagenummer.

…Make Up A Room

Schließlich bittet ihn die Gastronomie im KAP am Südkai um die Mitgestaltung der Raumteiler für ihr Bistro. „Das war Klasse! Normalerweise fotografiere ich Architektur und auf einmal wirke ich auf sie zurück, indem ich meine Bilder nehme und zu einem Teil der Innenarchitektur werden lasse. Damit habe ich in einer angewandten Zusammenarbeit erlebt, wie schön es sein kann, wenn man die Kontrolle über seine Bilder behält; wenn man nicht nur fotografiert um dann eine CD abzugeben, sondern mitentscheidet, in welcher Form die Bilder zu einem Teil der Gestaltung werden.“ Nach Abschluss der Bauarbeiten fotografiert Schilling schlussendlich das fertige Gebäude. „Das war für mich der unbefriedigendste Teil meiner Arbeit. Das Haus ist zwar in sich fertig aber davor, daneben und dahinter ist noch Baustelle. Vieles lässt sich so nur bedingt umsetzen. Trotzdem ist die Notwendigkeit da, Bilder zu liefern und man gibt sein Bestes, die Wirklichkeit ein Stück weit auszublenden.“

Nach dem Projekt KAP am Südkai haben sich für Stefan Schilling noch zwei weitere Aufträge dieser Art ergeben. Die Bestätigung, die er durch Projekte ganzheitlicher Dokumentationen erfährt, ist für ihn aus der vorsichtigen, aber selbstbewussten Überschreitung von Grenzen gewachsen. So kann er heute wieder an die Ideale seiner letzten beiden Studienjahre anknüpfen. „Ich werde nicht mehr nur als Bild-Erzeuger gesehen, sondern auch als jemand, der darüber hinaus eine beratende Funktion in der Auswahl und Verwendung der Bilder übernehmen kann. Ich möchte diese Form der Arbeit zwar nicht überstrapazieren, finde es aber sehr angenehm, wenn sie sich ergibt!“

Christoph Herkenrath

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‚Haus der Architekten‘, Düsseldorf, 2003, werk.um Architekten, Darmstadt

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Quartier Chronos, Hennef, 2003, Architekturbüro Peter Böhm, Köln

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Accenture/Campus Kronberg, 2003, Kaspar Kraemer Architekten, Köln

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DKV AG Köln, H2, Scheidtweiler Straße, 2005, Jan Stoermer Architekten, Hamburg

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Sparkkasse Eschwege, 2003, Bredt und Partner Architekten/ Innenarchitekten, Darmstadt

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‚Four Walls Make Up A Room‘

Kap am Südkai, Köln, 2005

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Kap am Südkai, Köln, 2004, KSP Engel und Zimmermann Architekten, Köln