Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Der neue BDA Vorstand stellt sein Programm vor

Am 20. Mai 2014 stellte der für die Legislaturperiode 2014 – 2017 gewählte Vorstand unter Vorsitz von Reinhard Angelis die Thesen des BDA Köln zur Planungskultur und ihre Rahmenbedingungen vor.

Die nachfolgend aufgeführten Thesen sollen als Einladung zur Diskussion und Zusammenarbeit wie auch als Prüfsteine für die zur Wahl stehenden Kommunalpolitiker betrachtet werden.

 

„Stadtstruktur / Stadtbild, das Kölner Image

• Stadtplanung hat das Ziel, die spezifische Struktur Kölns zu formulieren.

Anstelle eines postmodernen Weltstadtallerleis, dem Allort geht es um die Identität Kölns. Es werden spezifische Strukturen und Bauformen für die postindustrieelle Stadtgesellschaft entwickelt. Diese dienen der Unverwechselbarkeit der Stadt, ein wichtiger Aspekt in der internationalen Städtekonkurrenz. So gewonnenen Kenntnisse können kommuniziert (Imagebildung) und exportiert werden.

• Die Entwicklung des rechtsrheinischen Kölns wird als eine der wichtigen Zukunftschancen Kölns begriffen. Ein aus der aus der besonderen Komplexität dieses Raums entwickeltes Leitbild führt zu einem spezifischen Konzept Rechtsrhein, das überregional große Beachtung findet. Das postmoderne Weltstadtallerlei (Messecity, Bürogroßstrukturen etc) wird durch eine leistungsfähige, an den besonderen Fragen Kölns orientierte Planung ergänzt. Rechtsrhein wird zum Motor einer komplexen, kleinteiligen Entwicklung, die zukünftigen Wohn- und Arbeitsformen Rechnung trägt.

• Die Verlagerung des Großmarktes geschieht im Rahmen einer städtebaulichen Rahmenplanung für den bisherigen Standort, die den eingangs genannten Zielvorstellungen Rechnung trägt. Sie wird als Chance begriffen, den Grüngürtel in signifikanter Größe und Form Richtung Rheinufer weiter zu führen.

• Die derzeitigen Planungen für den Campus Deutz und der Uni-Masterplan werden durch eine arrondiere Planung, die diese Standorte mit dem Stadtgefüge verwebt, ergänzt. Die Potentiale dieser Institutionen und Standorte sind gleichsam Anschub und Motor eines Veränderungsprozess, mit dem Ziel, sie ergänzende, kleinteilige Forschungs- und Dienstleistungsstrukturen anzulagern. Diese Standorte des kumulierten Wissens prägen das Quartier und bilden einen wichtigen, überregionalen Imagefaktor.

• Der Rhein als der zentrale Freiraum der Stadt wird als Verbindungsraum begriffen. Seine Ufer werden angemessen gestaltet und aufeinander bezogen.

• Die 50er Jahre Wiederaufbauquartiere und Stadträume werden als eine besondere Qualität des Kölner Stadtgrundrisses begriffen. Sie werden in Hinblick auf ihr strukturelles Potential weiterentwickelt und nicht der Idee eines gründerzeitlichen Stadtgrundrisses geopfert. Ein weiterer Baustein der spezifischen Identität Kölns.

 

Stadt-denken, ein Thinktank für das postindustrielle Köln

• Ein Anteil des städtischen Planungsbudgets (ergänzt oder finanziert durch Drittmittel) wird der Forschung und dem Erarbeiten von experimentellen Konzepten gewidmet.

• Die Umsetzung dieser Konzepte wird von der Stadt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln (Grundstücksvergabe, Förderung, Planungsrecht, PR etc) befördert

• Die Stadt unterstützt die Publikation der so gewonnenen Erfahrungen, um Wissen zu kulminieren und der Geschichtslosigkeit entgegenzuwirken

• Derart geförderte Projekte tragen zur Exporttauglichkeit der „Kölner Architektur“ bei, eine für die Stadt kostenneutrale Mittelstandsförderung.

• Städtische Rahmenbedingungen befördern ein Neugierde erzeugendes, bildungshungriges Klima, in dem das vorhandene Wissen kulminiert und Neues erzeugt wird.

 

Stadtverkehr, Straßen als öffentliche Räume

• Ein synergetisches Konzept „Bewegung im Stadtraum“ überwindet die gedankliche Trennung von PKW – und öffentlichem Nahverkehr.

• Straßen sind Aufenthaltsräume; besonders tauglich für eine Vielzahl von unterschiedlichen Verkehrsmittel. Die denkbare Möglichkeit einer Nachautozeit sollte ihnen eingeschrieben sein.

• Die Verwaltung des Parkplatzmangels (Anwohnerparken) wird zugunsten einer umfassenden Stadtbenutzungsgebühr für Bewohner und Gäste aufgegeben.

• Diese Stadtbenutzungsgebühr ist abhängig von der Art der Nutzung öffentlicher Infrastruktur und mit einer Zeitfahrkarte für den ÖPNV gekoppelt. Die Einnahmen fließen in den Erhalt und den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur.

• Die Qualität des öffentlichen Personennahverkehrs wird nicht zurückgenommen sondern gesteigert, mit dem Ziel, Auslastung und Wirtschaftlichkeit zu steigern.

• Die öffentliche Schieneninfrastruktur wird in die Gestaltung der städtischen Räume eingebunden. Die absolute Prämisse von Zeitgewinnen in Minutengröße ist nicht länger Legitimation von Stadtzerstörung durch KVB-Trassen. Stadtfläche, Strategische Grundstückverkäufe

• Städtische Grundstücksvergaben werden an inhaltliche Vorgaben gekoppelt. Dadurch wird eine Konkurrenz um das beste Konzept oder Bauwerk für einen Standort ausgelöst, in der auch auswärtige Investoren eine Chance haben.

• Städtische Informationsbörsen und Förderinstrumente unterstützen Baugruppen und Neugründung von Baugenossenschaften.

• Ziel ist es, mittels Grundstücksverkaufspolitik Kölns Image als experimentierfreudige, zukunftsfähige Stadt zu befördern.

 

Stadtökonomie 1, Wirtschaftsförderung mittels Stadtplanung

• Das im Vergleich zu anderen Kommunen geringe Pro-Kopf-Steueraufkommen wird durch eine gezielte städtische Strukturpolitik erhöht. Ergänzend zu der als Steuerzahler oftmals ausfallenden internationalen Unternehmen wird eine kleinteilige, neuartige Projekte und Produkte erzeugende Mittelstandsstruktur aufgebaut.

• Diese findet Raum in Stadtquartieren, in denen neue Formen des Arbeitens und Wohnens erprobt werden. Hier werden einerseits Arbeitsplätze angeboten und städtisches Steueraufkommen erwirtschaftet, auf der anderen Seite wird das standortgebundene Engagement des Mittelstandes als stadtbildprägender Faktor genutzt.

• Die so entstehenden, postindustriellen Stadtquartiere binden unternehmende, einkommensstarke Bevölkerungsgruppen an die Stadt.

Stadtökonomie 2, Architekten als Wirtschaftsfaktor

• Architekten sind Arbeitgeber und tragen zum Steueraufkommen dieser Stadt

bei. Die Beschäftigung von qualifizierten Architekten zu auskömmlichen Honoraren ist arbeitsmarktpolitisch und steuerpolitisch sinnvoll. Allein von Kölner BDA Architekten mit ihren Mitarbeitern wird ein geschätzten Jahreshonorarumsatz von ca. 60 Mio. € erwirtschaftet.

• Verwaltung und Politik sollten bei Stadt und stadtnahen Gesellschaften auf die Einhaltung dieser Grundsätze hinwirken.

• Durch das Einfordern eines hohen Qualitätsstandards und durch der Aufgabe angemessene, konkurrierende Verfahren bei öffentlich kontrollierten Bauvorhaben, wird die Kölner Architektenszene qualifiziert. Diese produktive Konkurrenz fördert ihre Exportfähigkeit, eine kostenneutrale Wirtschaftsförderungsmaßnahme, die zur Steigerung des Steueraufkommens führt.

• So werden eigenständige Antworten auf die derzeitigen Umbruchs- und Neudefinitionsfragen entwickelt, es entsteht ein spezifisches Bild Kölns.

 

Stadtökonomie 3, städtische Bauaufträge

• Für eine qualitätvolle und nachhaltige Bauausführung sind qualifizierte Unternehmen unerlässlich.

• Ein ruinöser Wettbewerb der Bauunternehmer geht zu Lasten der Qualität der Bauleistungen.

• Daraus folgende Konkurse erhöhen die Bau- und Unterhaltungskosten aufgrund mangelhafter Leistungen und belasten die Gesellschaft durch Steuerausfälle und Sozialleistungen.

• Durch geeignete Vergabeverfahren, im Rahmen einer progressiven Auslegung des EU-Vergaberechts, wird die Preisgestaltung in Beziehung zur notwendigen Qualität und Nachhaltigkeit der Bauleistung gesetzt.

 

Stadtplanung, öffentliche Diskurse zu Zielen, transparente Verfahren

• Breit angelegte Beteiligungsverfahren zur Klärung von Fragen und Zielsetzungen einer Planungsaufgabe und deren verbindliche Festlegung als Ergebnis dieses Prozesses

• Neben den tradierten Wettbewerben werden neue, diskursive Verfahren erprobt, die Dialog und Rückkoppelung im Planungsprozess ermöglichen (z. B. Zwischenpräsentationen)

• Klare Entscheidungen und der Wille, diese auch umzusetzen. Wettbewerbsergebnisse sollten nicht als anschaulich ausgearbeitete Diskussionsgrundlagen begriffen werden, anhand derer man besonders gut über die Sinnhaftigkeit der in Rede stehenden Planungsaufgabe streiten kann.

• So entsteht einerseits eine Verfahrenskultur, die zu engagiert ausgearbeiteten Lösungsvorschlägen führt und andererseits Vertrauen und Planungssicherheit für Investoren und Bürgerschaft.

 

Stadtbau, öffentliche Bauten als Imagefaktor

• Städtische Bau- und Unterhaltungsprojekte werden mit höchsten Qualitätsansprüchen realisiert. Durch sie wird das Selbstverständnis und der Gestaltungsanspruch der Stadtgesellschaft manifestiert. Sie sind die Visitenkarte der Stadt.

• Mittel hierzu sind geeignete Konkurrenzverfahren, die gleichzeitig der heimischen Szene Arbeits- und Erfahrungs- und Profilierungsmöglichkeiten eröffnen.

• Kindergärten und Schulen sind Lernorte, als Bauten für die Gesellschaft geben sie Zeugnis für die Verfasstheit dieser Stadtgesellschaft, sie werden daher mit besonderer Sorgfalt gebaut, saniert und betrieben.

 

Handlungsfelder für die kommende Legislaturperiode

• Strategische Weichenstellung für die Zukunft des Großmarkgeländes, Ziele und Verfahren

• Einbindung Masterplan Uni-Campus, Klinik und die Planung Campus Deutz in eine Strategie zur Imagebildung (Köln als Wissenschaftsstadt). Arrondierende städtische Planungen zur Vernetzung dieser Standorte mit dem Stadtgefüge

• Angemessene Gestaltung der Rheinufer-/Promenaden, Ziele und Verfahren

• Ziele für die Entwicklung des rechtsrheinischen Raums anhand der vorhandenen Konzepte prüfen, benennen und mittels geeigneter Verfahren umsetzen

• Sanierung und Neubau der Schulbauten mit einem hohen gestalterischen und pädagogischen Anspruch

• Evaluierung der Planungsprozesse und Bauprojekte in Hinblick auf die Zielvorstellungen und die Ergebnisse“

 

Reinhard Angelis für den Vorstand des BDA Köln

Redaktion koelnarchitektur (uw)

 

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