Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Was aufs Dach

ingenhoven architects gewinnen den Wettbewerb zur Neugestaltung der Dachlandschaft und der Kolonnadenfassade des Dom Hotels

Das Kölner Dom Hotel am Roncalliplatz – oder sollte man einfach sagen: am Dom – ist eines der ältesten Grand-Hotels Europas, und dadurch irgendwie legendär. Kaiser Wilhelm soll hier gewohnt haben, Mata Hari hier ein Agententreffen abgehalten haben. Doch das ist lange her, fast 100 Jahre. Auch der 2. Weltkrieg hat das Dom Hotel nicht verschont, sondern größtenteils zerstört. Langsam ist aus den Trümmern wieder ein imposanter Hotelbau entstanden, der seinem historischen Vorbild weitgehend entsprach. Nur auf die Wiederherstellung des Mansarddaches, das mit Kuppel und Türmchen ausgesprochen prächtig gewesen war, verzichtete man. Das Nachkriegs-Flachdach, auf einer Traufhöhe mit seinen Nachbarn, trat als gestalterisches Element nicht weiter in Erscheinung. Und das war durchaus gewünscht, um nicht in Konkurrenz mit dem Dom zu treten.

Upgrade auf Fünf-Sterne-Plus

Vor drei Jahren erweiterten kister scheithauer gross das Dom Hotel um 42 neue Suiten und luxuriös ausgestattete Zimmer im angrenzenden Blau-Gold-Haus und sanierten die elegante (blau-goldene!) Fassade denkmalgerecht. Seit März 2013 wird auch das Dom Hotel im Inneren baulich wie technisch an die künftigen Anforderungen eines Fünf-Sterne-Plus Hotels angepasst.
Für die Neugestaltung der Dachlandschaft und der erdgeschossigen Fassade im Bereich der Kolonnaden lobte der Bauherr, die Domkloster Lammerting GmbH, einen einstufigen begrenzten Wettbewerb mit acht Teilnehmern aus. Gesucht wurde ein Entwurf, der eine wirtschaftliche Erweiterung des Hotels mit den Ansprüchen der Denkmalpflege und den städtebaulichen Aspekten dieser besonderen Lage in Einklang zu bringen verspricht. Die ursprünglich offen gestalteten Kolonnaden wurden 1989 mit einer filigranen Stahl-Glas-Konstruktion geschlossen, um den dahinter entstehenden Raum als Wintergarten für das Hotelrestaurant nutzbar zu machen. In Zukunft, so die Aufgabe des Wettbewerbs, sollen die Kolonnaden trotz der dort geplanten Gewerbeflächen als solche erfahrbar bleiben, dabei die Hauptfassade zum Roncalliplatz aber wesentlich stärker prägen.
Ebenfalls ein Balanceakt ist die Gestaltung des Daches. Nicht so üppig wie vor dem Krieg soll es werden, aber eine deutlichere und zeitgemäßere architektonische Haltung beziehen als das funktionale Flachdach heute.

Das Preisgericht, das unter Vorsitz von Johannes Schilling am 19. Februar 2014 abschließend tagte, vergab den mit 10.000 € dotierten 1. Preis an ingenhoven architects (Düsseldorf), den 2. Preis (7.000 €) an BARTSCHER Architekten (Aachen), den 3. Preis (5.000 €) an kister scheithauer gross architekten und stadtplaner (Köln) und eine Anerkennung (4.000 €) an 6a architects (London).

Preisträger: ingenhoven architects

Der Entwurf von ingenhoven architects wirkt sehr feingliedrig und leicht und erinnert in seiner Formensprache stark an die 50er Jahre. Das neue Gesamtbild, mit Dachausbau und Kolonnaden wirkt harmonisch, in den Höhen ausgewogen und gut proportioniert – und erstaunlich ruhig. Die Traufkante der Nachkriegszeit konnte wieder aufgenommen werden, da der verglaste Aufbau mitsamt seinem leicht auskragenden Dach durchgängig zurückgesetzt wurde. Diese Staffelung entspricht den Forderungen der Denkmalpflege und wirkt sehr integrativ in Bezug auf die Nachbarbebauung, so auch das Blau-Gold-Haus. Die vorgeschlagenen Nutzungen, ein Konferenzbereich, sowie eine Lounge wurden als schlüssig betrachtetDie Fassade im Bereich der Kolonnaden wurde auf ein visuelles Minimum reduziert, die filigranen Rahmenprofile verschwinden hinter den Säulen, die Verglasung läuft vom Boden bis zur Decke durch, so dass die historische Gliederung der Fassade keine Irritation erfährt.

2. Preis BARTSCHER Architekten

Auch hier lobte die Jury die Zurückhaltung der Arbeit, obwohl trotz Staffelung des Dachgeschosses im Vergleich zum 1. Preis deutlich mehr Masse zu sehen ist. BARTSCHER Architekten schlagen vor, die historische Traufkante mit einer Wiederholung der Balustrade des ersten Stockwerks zu betonen, dies wurde von der Denkmalpflege jedoch kritisch betrachtet. Auch wenn die Form gefiel, gab die Materialwahl (Trapezblech, Faserzementplatten und Kiesschüttung) Anlass zur Diskussion. Im Erdgeschoss erfahren die Kolonnaden eine horizontale Gliederung durch ein schmales Messingband, auf dem auf dezente Weise Werbung platziert werden kann. Auch bei dieser Arbeit wurde Arbeit wurde weniger die eigentliche Architektur als die harmonischen Integration und die Rücksichtnahme auf die Umgebung gewürdigt.

3. Preis kister scheithauer gross architekten und stadtplaner

Gestalterisch treffen ksg eine weitaus deutlichere Aussage als die erstplatzierten. Sie greifen die historische Form des Mansarddachs wieder auf und interpretieren es auf sehr zeitgemäße Weise. Das die abgerundete Form des Walmdachs wird mit einer perforierten Metallverkleidung erzeugt, die sich deutlich zu ihrer Zeit bekennt und die gesamte technische Ausstattung mühelos aufnehmen kann. Auf der Seite zum Roncalliplatz, an der ein schmales Fensterband eingeschnitten ist, sieht die Jury das Fassadenbild als sehr gelungen an, kritisiert jedoch den wenig harmonischen Übergang zum Blau-Gold-Haus an der Nordseite. Im Bereich der Kolonnaden schlagen ksg eine Verglasung vor, die hinten den Säulen steht und damit der historischen Gliederung unterstützt. Hier ist eindeutig mehr gewagt worden, nicht Wildes, nichts Schräges, nur eine Form, die als solche lesbar ist. An dieser Stelle offenbar schon zuviel gewollt.

Anerkennung 6a architects

Noch mehr Mut zur Gestaltung bewiesen die Teilnehmer aus London, die auf dem Dach den Do Hotels einen 50m langen Baukörper platzierten. Obwohl er weit von der Dachkante zurückspringt, ist der „Dom Saal“ ist vom Roncalliplatz aus gut sichtbar und versucht erst gar nicht sich zu verstecken oder anzupassen, da seine Farb- und Materialwahl eher an den Dom und das Römisch-Germanische Museum erinnern als an das Hotel darunter. Dafür stellt ein Glasdach eine interessante Sichtbeziehung zum Dom her. Hinter dem Riegel löst sich der Dachaufbau in einer kammartigen Struktur auf, in der die Hoteltechnik untergebracht wird. Die Jury kritisierte diese Heterogenität und die daraus resultierenden funktionalen Mängel, lobte jedoch den eigenständigen und starken Charakter des Entwurfs.

Natürlich bedarf ein Eingriff an einem so prägnanten Gebäude in sensibler Nachbarschaft einer öffentlichen Legitimation – da hilft der Wettbewerb. Doch das Ergebnis ist wenig experimentell, fast möchte man es harmoniesüchtig nennen. Ein Aufreger, weil es eben keiner ist.

Uta Winterhager

Alle Arbeiten werden vom 5. März für etwa zwei Wochen im Fassadenbereich der Kolonnaden des Dom Hotels (Domkloster 2a) ausgestellt.