Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Alles war schon da

St. Bartholomäus in Ehrefeld ist das erste Kolumbarium des Erzbistums Köln

Die Kirche St. Bartholomäus besteht aus einem grossen, quadratischen Kubus mit frei stehendem Turm. Sie wurde 1959 von Hans Schwippert erstellt, einem Schüler des bekannten Kirchenbaumeisters Rudolf Schwarz. Die schlichte Betonkonstruktion ist mit Backstein ausgefacht, durch die blutroten Fenster tritt das Licht ein und taucht den Raum je nach Tageszeit in unterschiedliche warme Farbtöne. Anlass für die Umnutzung der Kirche war eine zu geringe Auslastung.

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Von aussen vermittelt die Kirche den Eindruck eines geschlossenen Blocks.
Foto: Dietmar Strauß, Besigheim

 

2010 schrieb die Kirchgemeinde einen Wettbewerb für die Umnutzung der Kirche aus, den das Wiesbadener Architekturbüro Kissler + Effgen gewann. Der Wettbewerbsbeitrag zeichnete sich durch eine respektvolle Haltung gegenüber dem bestehenden Kirchenbau aus. „Um diese Kirche zu einem Kolumbarium zu machen, musste absolut nichts getan werden, außer 2000 Urnenkammern in Verbindung mit dem Sakralraum sinnhaft in die Gesamtkomposition zu integrieren. Alles andere war schon da“, sagt Hans-Peter Kissler rückblickend. Die wenigen Eingriffe respektieren die vorhandenen Qualitäten der Kirche und stärken diese.

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Grundriss Kolumbarium St. Bartholomäus
Grafik: KISSLER + EFFGEN

 

Kapelle und Kolumbarium

In der Mitte des quadratischen Kirchenraums schufen die Architekten einen liturgischen Ort, eine Art Kapelle, die für Gottesdienste und Aussegnungen genutzt werden kann. Dieser Raum ist durch einen sieben Meter hohen, von der Decke abgehängten Metallgewebevorhang abgetrennt. Als symbolische Grenze zwischen Leben und Tod bietet der Vorhang eine geschützte Atmosphäre, ohne räumlich abzuschotten. Innen- und aussenliegende Leuchtstäbe tauchen die ineinander verwobenen feingliedrigen Bronzeringe in ein goldenes Licht. Während eines Gottesdienstes erhellen die innenliegenden Leuchten den Raum und begrenzen den Blick nach aussen. Tagsüber wird der Vorhang von aussen beleuchtet und erstrahlt als goldene Wand. Rings um den liturgischen Raum reihen sich die Urnengräber. Um einen durchgehenden Umgang zu erhalten, wurde der ursprünglich leicht erhöhte Altarbereich eliminiert. Durch die kammartige Auffächerung der Urnengräber entstanden zehn nischenähnliche Kabinette, die den Trauernden räumlichen Halt und Ruhe für die Andacht geben. Jeweils fünf Urnengräber sind übereinander angeordnet – nicht zu nah am Boden und nicht zu weit oberhalb vom Kopf, so dass der Verstorbene in greifbarer Nähe der Angehörigen bleibt. Ist ein Urnengrab belegt, wird dieses mit einer beschrifteten Messingplatte, einer Vase und einer Kerze gekennzeichnet. Sind irgendwann alle Gräber belegt und mit einer Kerze erleuchtet, werden die metallischen Oberflächen und das Kerzenlicht die räumliche Atmosphäre nochmals verändern.

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Je nach Beleuchtung erscheint die zentrale, durch einen Metallgewebevorhang abgetrennte Kapelle als Lichtraum oder Lichtkörper.
Foto: Dietmar Strauß, Besigheim

 

Aufgrund des zunehmenden Leerstands von Kirchen ist deren Umnutzung ein aktuelles Thema. Eine Nutzung als Kolumbarium erscheint sowohl angesichts ihrer Angemessenheit als auch aufgrund der geringen baulichen Eingriffe nachvollziehbar. Vergleichbare Umnutzungen von Kirchen als Kolumbarien gibt es bereits bei der Aachener Kirche St. Josef und der Dortmunder Kirche Liebfrauen. Bei der Umnutzung der Kölner Kirche St. Bartholomäus profitierten die Architekten von der vorhandenen, durch das farbige Licht geprägten stimmungsvollen Atmosphäre. Entstanden ist ein würdevoller, angemessener Raum zum Andenken.

Katja Hasche

 

Architekten: >>KISSLER + EFFGEN
Lichtplanung: >>arens faulhaber lichtplaner
Fotografie: >>Dietmar Strauß