Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Vor und hinter den Kulissen

Eine kleine Bildergeschichte zum aktuellen Stand der Sanierung der Bühnen Köln

Einmal im Jahr laden wir unsere Sponsoren zu einem besonderen baukulturellen Ausflug ein. Nach einer abenteuerlichen Wanderung durch die Mülheimer Industriebrachen, einer Exkursion in die Katakomben unter dem Dom und einer Zeitreise in den Bonner Kanzlerbungalow haben wir uns in diesem Jahr für die Unterstützung unseres Projektes mit einem Tag in Oper und Schauspiel bedankt. Nach einer zweistündigen Führung über alle Höhen und Tiefen der Bühnenbaustellen mit Christopher Braun, dem Leiter der Kommunikation/Sanierung Bühnen Köln, trafen wir uns zu einem Empfang im Kleinen Haus, wo der Abend mit dem Ein-Mann-Stück Mohamed Achour erzählt Casablanca beeindruckend zu Ende ging.

Einige Eindrücke dieser Tour möchten wir gerne mit unseren Lesern teilen, denn immer wieder sind neue Details und kleinere und größere Fortschritte von der Baustelle zu berichten.

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Foto: © Uta Winterhager

Mit einem aufwändigen Verfahren wurden die Natursteinplatten der Fassadenverkleidung aus Nagelfluh einzeln entfernt, die Wand gedämmt, die Platten wieder angebracht und das Bohrloch mit Bohrstaub verfüllt. Sichtbar bleibt jedoch die Öffnung zur Glockengasse, das die ehemalige Brücke zur Operngarage hinterlassen hat. Sie war in Riphahns Entwurf nicht vorgesehen und stand seinem Prinzip entgegen, sich aus dem Alltag zur Kunst zu erheben und nicht vom Parkhaus bequem ebenerdig über die Seite einzusteigen. Für den Abriss sprach auch, dass mit der Brücke die Barrierefreiheit nicht aufrecht erhalten werden konnte.

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Foto: © Barbara Schlei

Zur Erinnerung an die bequeme Abkürzung blieb ein Fenster als Einblick in die Oper und Ausblick in die Stadt. In den nun brückenlosen Erfrischungsraum gehört das wunderschöne Mosaik „Die Geburt des Menschen“ von Otto Freundlich, dass gerade leihweise in der beeindruckenden Retrospektive „Otto Freundlich – Kosmischer Kommunismus“ im Museum Ludwig gezeigt wird. Mit dem schönen neuen Fenster wird das Mosaik nach der Wiedereröffnung bestimmt noch besser zur Geltung kommen.

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Foto: © Uta Winterhager

Im gesamten Foyer hat der Schutz der Bestände Vorrang. Alle Bauteile, die nicht ausgebaut werden konnten, sind mit Hartfaserplatten für die Dauer der Baumaßnahmen geschützt.

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Foto: © Barbara Schlei

Auch das obere Foyer war bis auf den Rohbau zurückgebaut. Riphahn hatte die Oper weitgehend ohne Ornament geplant, verzichtete aber keineswegs auf die Inszenierung durch Licht und Farbe. Die Oper war nicht weiß, dieser Eindruck ist den Renovierungsmaßnahmen der 1980er Jahre geschuldet, sie war farbig gefasst und wird nun Stück für Stück in den Originalzustand zurückgeführt. Derzeit werden die bei den Sanierungsmaßnahmen freigekratzten Farbbefunden mit Probe-Anstrichen getestet.

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Foto: © Barbara Schlei

Auf Dekor verzichtete Riphahn bei der Oper bewusst. Nur bei dem durchbrochenen Fries machte er eine Ausnahme und setzte auf Licht und Schatten als Sonnenschutz.

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Foto: © Uta Winterhager

Die Wandflächen zwischen den dem Offenbachplatz zugewandten Fensterflächen sind schwarz gestrichen. So als wollten die Wände sich selbst verneinen und den Blick aus den Fenstern auf die Stadt lenken.

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Foto: © Uta Winterhager

Gerade unter den Emporen kommen Architektur und Haustechnik an ihre Grenzen. Hier gut sichtbar ist, dass die erforderliche Höhe der Lüftungsschächte konstruktiv schwer vereinbar mit der filigranen Ansicht der Brüstungen sein wird.

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Foto: © Barbara Schlei

Die Oper ist ein sogenanntes Logentheater. Die auskragenden Schlitten machen sie unverwechselbar. Auch die graue Farbe der Schlitten ist heute fertig und entspricht der von Riphahn ursprünglich gewählten Fassung. Die Wandpaneele aus Kaukasischer Flügelnnuss wurden ausgebaut, restauriert und wieder eingebaut, da es heute keine Paneele in dieser Größe mehr gibt. Dass jedes Paneel ein passgenaues Einzelstück ist, machte die Restaurierung noch aufwändiger.

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Foto: © Uta Winterhager

Im Zuschauerraum wurde die Originalbestuhlung erhalten, die Sitzflächen, wie auch die Türen, sind bereits restauriert, aber aus Schutzgründen noch nicht eingebaut. In Zukunft werden die Opernbesucher auf einem neuen Bezug aus anthrazitfarbenem Velours den Sängern lauschen.

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Foto: © Uta Winterhager

Ungeahnte Höhen hinter den Kulissen: Einblick in den Bühnenturm.

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Foto: © Barbara Schlei

Blick in die offene Konstruktion der Drehbühne. Hier, hinter der Bühne wird die hochkomplizierte Bühnentechnik besonders deutlich. Die Möglichkeit einer bis auf 45° neigbaren Bühnenkonstruktion war von Riphahn zwar schon angedacht, wird mit der Sanierung aber erst jetzt verwirklicht.

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Foto: © Uta Winterhager

Zwischen den Bühnen lässt sich ein überdimensionales Regal hochfahren, in dem die großen Kulissen in Rollen gelagert und transportiert werden.

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© Uta Winterhager

Zwischen den Werkstattürmen, auf der Rückseite zur Krebsgasse, befand sich früher die offene Anlieferung. Heute können hier die Opernsänger das Stück auf zwei neu eingebauten Probebühnen mit denen, der Originalbühne entsprechenden Proportionen proben.

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Foto: © Barbara Schlei

2.300 Räume auf 51.000 Quadratmetern nennen die Bühnen der Stadt ihr Eigentum. Ein Großteil davon sind unterirdische Gänge und Räume, die nicht für den Publikumsverkehr bestimmt sind. Das Verhältnis zwischen öffentlichen und nicht öffentlichen Flächen ist etwa 40 zu 60.

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Foto: © Uta Winterhager

Die größten Baumaßnahmen der Opernsanierung fanden unterirdisch statt und werden auch in Zukunft im Verborgenen bleiben. Die Proportionen bestimmen nicht nur die großen Bühnenelemente, die gelagert und transportiert werden müssen. Zur Anlieferung können im Bedarfsfall elektrisch betriebene Fahrzeuge durch die Gänge von Oper und Schauspielhaus fahren.

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Foto: © Barbara Schlei

Imposant und ganz und gar nicht wie ein Kellerabgang mutet die Treppenkonstruktion an. Das Foto zeigt die Untersicht des Treppenhauses, das zur Kinderoper nach unten führt. Wie eine Doppelhelix führen zwei geometrisch identische Treppenläufe zu dem frei in den Raum gestellten halbrunden Saal. Die Sichtbetonoberflächen der Erweiterung bilden einen deutlich lesbaren Kontrast zum Bestand.

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Foto: © Uta Winterhager

Heute liegt der Zuschauertraum der Kinderoper fast noch im Dunkeln. Doch die unter dem kleinen Offenbachplatz neu geschaffene Spielstätte wird das Programm der Oper immens erweitern können. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die früh an die Oper herangeführt werden, eine größere Chance haben später zu passionierten Opernbesuchern zu werden. Um ihnen direkt den richtigen Weg zu weisen, führt der Eingang in die Kinderoper durch das Foyer des Opernhauses.

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Foto: © Barbara Schlei

Eine Kinderoper, in der tatsächlich nur Opern gespielt werden, wie sie hier entstehen wird, ist einzigartig. In anderen Städten werden Opern und Schauspiel für Kinder meist im großen Haus aufgeführt. Hier im Köln entsteht zwei Geschosse unter kleinen Offenbachplatz ein kleines, feines Schatzkästchen mit einem Orchestergraben für nur 30 Musiker.

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Foto: © Uta Winterhager

Üblicherweise verschwindet all das unterirdisch, was man nicht sehen soll. Im Falle der neuen Kinderoper führt der Gang in den Keller aber zur Illusion einer heileren, schöneren Welt und damit zum neuen und verborgenen „Schatzkästlein“ des sanierten Riphahn-Baus. Wie ein Netz zieht sich das grafische Muster über die Betonhaut, wo erste Testfelder zukünftigen goldenen Glanz erahnen lassen – ein Detail, das man so schnell nicht wieder vergisst.

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Foto: © Barbara Schlei

Heute noch ohne Lackierung, zeigt der Beton eine geometrische Struktur, die durch eine eigens entworfene und angefertigte Matritze entstand.

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Foto: © Barbara Schlei

Mit der Eröffnung des ‚Kleinen Hauses‘ oder auch: ‚Außenspielstätte am Offenbach‘, wird seit September 2016 hier wieder Theater gespielt. Für rund 600 000 Euro wurden die ehemaligen Opernterrassen provisorisch spielfertig gemacht und von den Regieassistenten des Schauspiels Köln für zwei Spielzeiten übernommen. Nun verströmt der Ort eine Mischung aus Rohbaucharme und Probebühne, der ganz ausgezeichnet zu den hier inszenierten Stücken passt.

Ein Blick durch die neue Glasfassade – die einzelnen Scheiben sind ohne Querteilung 7,83 m hoch und wiegen mehr als 1,5 Tonnen pro Stück – zeigt, dass die Baustelle gar nicht stillsteht. Das Ziel wieder klar vor Augen, sagte Stefan Bachmann zur Eröffnung im September: „Möge der Neubeginn am Offenbachplatz die Bauabläufe beflügeln.“

bs|uw