Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kölner Marken

Stellungnahme zum Schutz der Denkmäler im Deutzer Hafen

Während das Kooperative Verfahren des von der Stadt Köln und moderne stadt ausgelobten Planungsprozesses kurz vor der Abschlusspräsentation (23./24. September) steht, haben nun der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V. und der Verein Rheinische Industriekultur e. V. eine Stellungnahme zur Erhaltung von Bauten und Anlagen im Deutzer Hafen veröffentlicht, die wir hier in einer leicht gekürzten Fassung wiedergeben:

 

Jahrhundertelang wurde die Ausbildung nennenswerter Hafenanlagen am rechten Rheinufer durch die Handelsmacht Köln gehindert, erst die Eingemeindung von Deutz 1888 und die Aufhebung der Garnison ermöglichten 1904 bis 1907 die Planung und Entstehung des Deutzer Industriehafens parallel zur Entstehung des gegenüberliegenden Rheinauhafens. Prägnanter baulicher Ausdruck der Produktion in industriellen Maßstäben wurden in diesem Hafen die Großmühlen Heinrich Auer und Leysieffer & Lietzmann. Die bis 1909 in enger Nachbarschaft entstandenen, teilweise unter Mitwirkung des städtischen Architekten und späteren Stadtkonservators Hans Verbeek geplanten Bauten, waren würdevolle Vertreter einer an der Schwelle zur Moderne aufscheinenden neuen Architektur. Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg ist von diesen Bauten jedoch kaum etwas erhalten geblieben.

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Die Ellmühle mit dem Sonnenstern. Foto: © Ragnhild Klußmann

 

Der Wiederaufbau unmittelbar nach Kriegsende orientierte sich, wie in diesen Jahren üblich, eng an der weiterhin verwertbaren Bausubstanz. Eine besonders eindrucksvolle, schlicht-monumentale Gestaltung mit Anklängen an die klassische Moderne erhielten die nördlichen Bauten der Auermühle. Ganz im Norden entstand eine Art Kopfbau mit einem vollständig verglasten Dachgeschoss, über dem, leicht vorkragend und die Idee der später so prägnanten Flugdächer vorwegnehmend, das Flachdach schwebt. Diese prägnant aus fünf überwiegend verputzten Gebäudekuben bestehende Gruppe dominiert bis heute das Bild der Großmühle im Deutzer Hafen. Kurz nach Fertigstellung und Inbetriebnahme am 4.12.1950 ließ sich die Firma Auer das Warenzeichen „Aurora“ registrieren. Der Werbeslogan „Aurora mit dem Sonnenstern“ wurde bundesweit bekannt und machte das bestimmende Produkt aus dem Deutzer Hafen neben 4711, Stollwerck-Schokolade, den Deutz-Motoren und Ford zu einer der bekanntesten Kölner Marken.

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Ansicht des Hafenbeckens. Foto © HGK

 

Folgerichtig wurde unter Schließung der bis dahin vollständig bis unter das Dach durchfensterten Fassade des Kopfbaus das Markenzeichen Aurora als großflächige Wandapplikation unter die markante Dachgeschoss- und Dachausbildung aufgetragen. Die Reihe der weißen Quader der Auermühle ist mit dieser Werbung eines der wirkmächtigsten Bilder von Köln, zumindest im rechtsrheinischen Bereich.

 

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Ansicht des Deutzer Hafesn von Süden. Foto © Philip Meuser

 

Lange Zeit durch eine Abstandslücke unterbrochen, setzen sich die Mühlenbauten im Süden in steinsichtiger Backsteinbauweise fort. Hier ist mit den großen Rundbogenfenstern in den beiden unteren Geschossen noch der stärkste Bezug zum Ursprungsbau der Mühlenwerke erkennbar. Diese Gebäudegruppe wird durch einen in die Front zum Hafenbecken einbezogenen Suka-Speicher von (1941) und einen Beton-Röhrenspeicher von (1964) abgeschlossen. Das auch an diesem Röhrenspeicher angebrachte Aurora-Markenzeichen verweist auf den 1975 vollzogenen Zusammenschluss der beiden Großmühlen unter dem für Leysieffer & Lietzmann schon seit 1964 gebräuchlichen Namen Ellmühle.

Sowohl im Hinblick auf die industrie- und kulturgeschichtliche Bedeutung der Großmühlen, besonders aber wegen der Bedeutung der Ellmühle für Stadtgeschichte und Stadtbild von Köln, sprechen sich die unterzeichnenden Personen und Vereine für eine Erhaltung der Ellmühle als Bau- und Industriedenkmal aus. Hinsichtlich der Denkmalbedeutung wäre auch auf den Gruppencharakter einer Denkmalfamilie von vielfach in den Rheinhäfen als geradezu konstitutive Landmarken errichteten Großmühlen (z. B. in Basel, Straßburg, Karlsruhe, Mannheim, Düsseldorf, Krefeld und Duisburg) hinzuweisen.

Bislang schon den Diskussionen und Entscheidungen der städtischen Gremien zugrunde liegende Pläne des Büros ASTOC zeigen, dass die Gebäudegruppe am Hafenbassin sich in die angestrebte Neuorientierung des Deutzer Hafens eingliedern lässt. Außerdem wären im rückwärtigen Bereich zumindest die Erhaltung der Kraftanlage mit Schornstein und zum Hafenbecken die Einbeziehung der pneumatischen Verladeanlage in die Konversionsmaßnahmen sinnvoll.

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Ansicht des Hafenbeckens. Foto © HGK

 

Fraglich ist allerdings die teilweise schon in der Öffentlichkeit diskutierte Wohnnutzung für die Mühlengebäude. Mit großflächigen Fenstern, Balkonen und/oder Loggien würde damit zu viel vom industriellen Charakter der Gesamtanlage verloren gehen. Eine sinnvolle Alternative wäre eine Büronutzung unter zumindest teilweiser Einbeziehung erhaltenswerter technischer Ausstattungsstücke.

Neben der Ellmühle ist auch das in Basaltlava gemauerte Hafenbecken denkmalwert. Zusammen mit der pneumatischen Getreideentladung der Ellmühle und der Drehbrücke sollten in einer wertenden Bestandsaufnahme weitere Kräne im Hafengebiet sowie Gleis- und Eisenbahnanlagen identitätswahrend in die Denkmalliste eingetragen werden. Die beiden unterzeichnenden Vereine bieten ihre Mitwirkung bei den Auswahlentscheidungen an.

Wir sind überzeugt, dass eine sinnvolle Konversion des Deutzer Hafens unter Wahrung seiner historischen Bedeutung möglich ist. Diese Stellungnahme soll dazu einen konstruktiven Beitrag liefern.

 

Gunnar Mertens (RVDL)

Prof. Dr. Barbara Schock-Werner (RVDL)

Prof. Dr. Walter Buschmann Rheinische Industriekultur e. V.

 

 

Die Stadt Köln lädt gemeinsam mit der Entwicklungsgesellschaft moderne stadt zur Abschlussveranstaltung der ersten Planungsphase „Städtebauliche Entwicklung Deutzer Hafen“ ein. Nach der Auftaktveranstaltung im Februar und der Zwischenpräsentation im Juni geht es jetzt auf die Zielgerade: Am 23. und 24. September 2016 werden in der Essigfabrik nach sechs Monaten Bearbeitungszeit die städtebaulichen Konzepte der fünf Planerteams vorgestellt und entschieden, welcher Entwurf die Grundlage für die weitere Bearbeitung sein soll.

 

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