Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Mülheimer Weltverschwörung

Spektakel des Unspektakulären: Theater auf dem Wiener Platz

Ist unser Alltag nur inszeniert? Sind wir alle an dieser Inszenierung beteiligt? Wer das wissen möchte, muss eine E-Mail schreiben und Geld überweisen. Erst dann wird der geheime Übergabeort mitgeteilt, an dem es weitere Informationen und Kopfhörer gibt. Alles muss geheim bleiben, denn es gilt, einer Verschwörung auf die Spur zu kommen.

Wichtig ist, dass der Teilnehmer der Theater-Performance „Weltproben – eine Versammlung“ von „Drama Köln“ sich unauffällig verhält. Nicht ganz einfach auf der großen freien Fläche des Wiener Platzes in Mülheim. Besser hat man also seine eigenen Kopfhörer dabei, statt die großen Funkkopfhörer aufzusetzen, die einem zur Verfügung gestellt wurden. Und dann gilt es, sich auf dem Platz rumzudrücken – wie alle anderen auch. Sind sie an der Verschwörung beteiligt? Oder gehören sie zu denjenigen, die ihr auf die Spur zu kommen versuchen? Eine Männerstimme fordert einen auf, sich umzudrehen, stehen zu bleiben und redet einem ein, dass man zu der Gruppe der Besonderen gehöre, dass der Platz nur für uns gemacht sei.

 

Weltproben Drama Kln (6)

Probenszene. Foto © Lenny Rothenberg

Aufenthalt am Unort

Während die Stimme im Ohr die Szenerie beschreibt, aufnimmt, was einzelne Personen auf dem Platz tun, sieht man sich um, wechselt immer wieder den Standort – und bestätigt sich so, was man schon immer gedacht hat: Der Platz ist ein Unort ohne jede Aufenthaltsqualität. Die schräg abfallende Fläche spült die Passanten in die U-Bahn, der außermittig gesetzte Biergarten ist ein störendes Element, das den Überblick verhindert, die Fläche aber auch nicht fasst. Verglaste Oberlichter im Boden sind eng von rot-weißen Absperrungen umstanden. Die Bänke unter den an den Längsseiten stehenden Bäumen sind die einzige Möglichkeit, sich geschützt aufzuhalten – aber besetzt. Zumindest dort, wo sie nicht völlig verdreckt sind. Also auf zu den Stufen unter der 2020. Sollen sie von Wasser umspült sein, oder nicht? Es ist feucht, ob das aber Absicht ist oder vom letzten Regen, bleibt unklar. Auch, warum hier überhaupt Menschen sitzen – die Stufen sind schmutzig, der Weg zum Sitzplatz unangenehm.

 

Blick auf den U-Bahn-Eingang am Wiener Platz in Mülheim. Foto: Vera Lisakowski

 

Dann schweift der Blick über die grauen, gesichtslosen Häuser bis hin zur hinteren Begrenzung, dem Woolworth und dem Eckhaus auf dem in dekorativer Fensterbeklebung „Avukat“ steht. Genau dorthin soll man nun kommen, flüstert einem auf Englisch eine Frauenstimme ins Ohr. In einem Waschsalon treffen sich die Teilnehmer und erhalten präzise Instruktionen, wie sie sich in den nächsten Minuten zu verhalten haben: Sie sollen Jogger sein, Ehepaare spielen oder als junge Hip-Hopper den Platz in einer lockeren Gangart diagonal queren. Warum er das machen soll, erfährt der Teilnehmer zunächst nicht. Auch nicht, warum man sich in einem Auto konspirativ trifft, um seine Eindrücke zu schildern. Das löst sich erst am Schluss auf und muss so lange natürlich noch geheim bleiben.

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Probenszene. Foto © Lenny Rothenberg

 

Nur drei Vorstellungen

Auch wenn sich der Gedanke an die Verschwörung im Laufe der Performance sehr verliert und die Installation zumindest bei den Proben zu lange Zeit ließ, seine Umgebung zu beobachten, wird hier ein sehr komplexer Versuchsaufbau probiert, der den Zuschauer zum Akteur macht und Alltäglichkeiten inszeniert. Wer herausfinden möchte, ob es funktioniert – und natürlich der Verschwörung auf die Spur kommen möchte – muss eine E-Mail an info@drama-koeln.de schreiben um die relevanten Informationen zu erhalten. Vorstellungen gibt es nur am 11., 12. und 13. Juli um 18 Uhr. Danach zieht das Stück weiter nach Düsseldorf.

Vera Lisakowski 

 

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