Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kölner Perspektiven

Ein Buch über die Stadt. Wie sie gebaut ist und wie sie sein möchte.

Und wieder ein neues Buch über das Bauen in Köln, frisch erschienen die Kölner Perspektiven. Auf 160 Seiten stellen das Baudezernat und das Haus der Architektur Köln als Herausgeber mit Uta Winterhager als Autorin all jene Projekte vor, mit denen die großen Fragen des Planens und Bauens, des Wohnen und Arbeitens, von Kultur, Grün und Mobilität beantwortet werden sollen. Und damit präsentiert das Buch den Stand des Frühjahrs 2016, in dem die Ufertreppe sich bereits eine knappe Saison etablieren konnte, in dem auf Clouth grade die ersten Bewohner eingezogen sind und in dem mit Spannung verfolgt werden kann, wer die von Christ und Gantenbein geplante Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums bauen wird. Es erscheint als eine Momentaufnahme einer bewegten Zeit, in der vieles gleichzeitig passiert während anderes vielleicht zu stagnieren scheint. Diese Stadt ist nicht fertig, sie wird es auch nicht sein, wenn alles gebaut und bezogen ist, was in den Kölner Perspektiven noch als Visualisierung erscheint.

 

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Seiten aus den Kölner Perspektiven. Foto: Thilo Schmülgen für Stadt Köln

 

Wachsen und Wandeln

Doch Wachstum und Wandel wollen gelenkt sein – wie das aus seiner Sicht geschehen kann, wie Köln die Phasen des Wachsens in der Vergangenheit immer wieder klug genutzt hat, aber auch, dass wir das Wachstum erst (mühsam) wieder erlernen müssen, erläutert Baudezernent Franz-Josef Höing in seinem einleitenden Essay „Köln kann wachsen“. Es gehe um größere, vielleicht sogar um große Pläne für Köln und um ihre schrittweise Umsetzung. Jedes der in diesem Buch vorgestellten Projekte ist demgemäß als einer dieser vielen Schritte zu betrachten, doch nicht nur ihre Summe – ja, es wird ein langer Marsch werden – jeder einzelne ist es wert, genauer betrachtet und gerne auch diskutiert zu werden. Denn auch dazu möchten die Kölner Perspektiven nicht nur die Fachleute, die es täglich tun, sondern jeden, der bereit ist, sich mit seiner gebauten Umwelt auseinander zu setzen, anhalten, zu diskutieren, sich einzubringen, Teil dieser Bewegung zu werden. So bieten die drei Stadtgespräche mit denen Christl, Drey als Vorsitzende des hdak von der anderen Seite auf die Projekte, Pläne und Visionen schaut, dazu zahlreiche Beispiele wie der Architekturdiskurs in Köln auch gerne mal auf der Straße ausgetragen wird.

 

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Seiten aus den Kölner Perspektiven

 

Von Innen und Außen betrachtet

Unter den Überschriften Städtebau, Architektur und Öffentlicher Raum ist das Buch in drei gleich gewichtete Kapitel gegliedert. Einleitend liest man dort jeweils ein Interview mit lokalen Akteuren: Franz-Josef Höing und die Leiterin des Stadtplanungsamtes Anne Luise Müller diskutieren über die Möglichkeiten der Stadt (ganz konkret, es geht um Köln) sich neu zu erfinden, Kathrin Möller (GAG) und Martin Frysch (Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Köln Sülz) sprachen über den Wohnungsbau und waren sich einig, “die Architektur muss gut sein“. Und Beatrice Bülter (Kölner Grün Stiftung) und Joachim Bauer (Stellv. Leiter des Grünflächenamtes) kamen in ihrem Gespräch über die Kölner Grünräume zu der These, dass das Grün heute als Gemeingut verstanden wird.

Interessant ist auch der Blick von außen, nicht von ganz weit weg, sondern der von Planern und Architekten, die Köln kennen, aber von ihrem Wohn- und Arbeitsort in Dortmund oder Berlin und somit mit etwas Distanz auf die Stadt am Rhein schauen. Kunibert Wachten schrieb den Gastkommentar zum Städtebau, worin er verspricht, dass Kraftanstrengungen und Tabubrüche sich lohnen werden. Arno Brandlhuber klärt die Standard-Frage und macht Köln Mut beim Wohnen und Arbeiten mehr zu experimentieren, wobei er hier auf die Projekte seiner Kölner Jahre (das Wohn-und Atelierhaus am Kölner Brett sowie die Schreinerei und das Dentallabor in Riehl) verweist, wo er dies bereits praktizierte. Andreas Denk schreibt in seinem Essay „Am gedeckten Tisch“ ein Plädoyer für die Notwendigkeit des öffentlichen Raumes.

 

Seiten aus den Kölner Perspektiven. Foto: Costa Belibasakis für Stadt Köln

 

 

Ist denn alles gut und schön?

Die Auswahl der Projekte oblag den Herausgebern, Subjektivität ist hier also Programm, und sie zeigt einmal mehr, wie groß die Bandbreite der Aufgabenstellungen ist, mit der sich auch die städtische Verwaltung auseinandersetzen muss. Da gibt es die großen Konversionsflächen, die Häfen, die Parkstadt Süd oder die ehemaligen Industrieareale in und um Ehrenfeld, aber auch die Notwendigkeit, den auf dem Roncalliplatz nicht mehr länger geduldeten Skatern einen adäquaten Ersatz zu bieten. Und das KAP686 ist inzwischen durchaus zum Vorzeigeprojekt geworden, genau wie der Familienpark unter der Zoobrücke. Kleine Flächen, die Lust machen auch an anderer Stelle und im großen Maßstab mutig zu denken, ob es nun ein ganzes Quartier oder nur ein kleiner Platz im Schatten des Domes wird.

 

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Seiten aus den Kölner Perspektiven

 

Auch bei den Kulturbauten wird es interessant, einige der Projekte sind den Kölnern schon seit Jahren vertraut, weil sie es doch immer wieder in die Schlagzeilen der Lokalpresse geschafft haben. Doch es geht weiter mit der Oper, der Archäologischen Zone und auch mit dem Historischen Archiv, das – so der aktuelle Planungsstand – nun ein Geschoss niedriger wird als der Wettbewerbsentwurf von 2011. Und es gibt auch Neues, Wettbewerbe, die im Laufe des letzten Jahres entschieden wurden, wie der für die Hochschule für Musik und Tanz, der für die Generalsanierung des WDR Filmhauses oder die Heliosschule, zeigen sehr lebendig und facettenreich, wie das Köln von morgen heute gedacht wird. Bestimmt ist nicht alles, das in diesem Buch vorgestellt wird, jetzt schon zuende gedacht, Wettbewerbsentscheide wie der für die Neubebauung des Rudolfplatzes oder das Areal der Deutschen Welle wollen dringlich noch diskutiert werden, aber auch hier hilft das Buch, indem es anregt und informiert.

 

Seiten aus den Kölner Perspektiven. Foto: Frederik Lezmi für Stadt Köln

 

 

Gute Ansichten, gute Aussichten

So macht dieses Buch Lust auf Köln, nicht nur auf das, was kommen wird, sondern mit den Bildern der drei Kölner Fotografen Frederik Lezmi, Thilo Schmülgen und Costa Belibasakis, die einige Tage, in den frühen Morgenstunden oder am späten Abend rund um den Dom, in den Veedeln oder im Kölner Grün unterwegs gewesen sind, um die Stadt so zu zeigen, wie sie heute schon ist. Und dort sehen wir tatsächlich schon viel von der Urbanität, der Dichte, dem Leben und der richtigen Durchmischung, die vielfach als die Formel für gesunde Stadtentwicklung eingesetzt werden. Fast könnte man heute schon mit dem nächsten Band anfangen, denn das Planen und Bauen, das Spekulieren und Visionieren geht jeden Tag weiter, rechtsrheinisch und linksrheinisch, im Zentrum wie am Rand. Irgendwie doch ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass wir so schnell nicht fertig werden …

 

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Umschlagfoto: Thilo Schmülgen für Stadt Köln

Die „Kölner Perspektiven Städtebau – Architektur – Öffentlicher Raum“ wurden herausgegeben vom Dezernat Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Verkehr der Stadt Köln mit dem Haus der Architektur Köln, Texte von Uta Winterhager u. a.

Das Buch ist im Jovis Verlag  erschienen und dort wie auch im Buchhandel für 29.95 € im Buchhandel erhältlich.

 

(red./ka)