Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Ostwall 7 – kein Einzelfall

Das ehemalige Museum am Ostwall wird Baukunstarchiv NRW

Archive werden gerne als Wissensspeicher und als Orte des kulturellen Gedächtnisses beschrieben. Verfolgt man dieses Bild weiter, so bedarf es großer Aufmerksamkeit, um diese Orte zu erkennen und lebendig zu halten, denn jedes Gebäude bindet wertvolle Baustoffe, Erinnerungen und Ideen – und manchmal auch unentdeckte Schönheit. „Mit dieser Ressource sorgsam umzugehen, ist ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum Umbau unserer Städte.“ Dies ist ein Leitsatz und Schwerpunktthema der Arbeit der Landesinitiative StadtBauKultur NRW.

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© Podehl Fotodesign Dortmund

 

Wie der Umbau praktisch zu bewältigen ist, wie er vermittelt werden kann und wie man einen baukulturellen Mehrwert daraus gewinnt, lässt sich am besten an gebauten Beispielen zeigen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass gerade das ehemalige Museum am Ostwall eines der exemplarisch zu betrachtenden Gebäuden der Landesinitiative wurde, kann hier doch praktisch der Umbau als Zukunftssaufgabe der Stadtentwicklung erprobt werden.

Die von Muck Petzet und der Stadtbaukultur kuratierte Ausstellung „Reduce / Reuse / Recycle → Ostwall 7, Dortmund“, eine aktualisierte und um das Museum am Ostwall erweiterte Auflage des deutschen Beitrags zur Architekturbiennale in Venedig 2012, lenkte erstmals landesweit den Blick nach Dortmund und auf das ehemalige Museum. Es ist nicht nur ein außergewöhnliches Haus, es verkörpert auch jene Idee von Wissensspeicher im doppelten Sinne. 1875 als viergeschossiger Verwaltungsbau für das Landesoberbergamt errichtet, wurde das Gebäude 1911 zum Kunst- und Gewerbemuseum umgebaut. Nach dem Krieg reduzierte man das schwer beschädigte Haus auf zwei Geschosse und baute es mit geringsten Mitteln zu einem der ersten Museen für zeitgenössische Kunst in Deutschland um – ein Musterbeispiel für ressourcensparendes Bauen.

Zukunft konkret!

Doch wie sieht die Zukunft des ehemaligen Museums am Ostwall aus? Diese Frage bewegt seit einigen Jahren Bürger und Fachleute gleichermaßen. Jahrelang stand das Haus mit der Nummer 7 am Dortmund Ostwall leer – der Abriss war schon beschlossen. Doch dann setzten sich engagierte Bürger, Fachleute und Entscheidungsträger für den Erhalt ein und retteten das Gebäude quasi in letzter Minute – mit einer neuen Nutzung als Archiv.

 

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Ausstellung im Lichthof des ehemaligen Museums am Ostwall Ostwall 7 © Podehl Fotodesign Dortmund

 

Konkret vorstellbar wurde der Plan das Museum am Ostwall zum Baukunstarchiv umzunutzen am 29. Januar mit der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages der vier zentralen Träger des Projektes; die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, die Stiftung Deutscher Architekten, die Ingenieurkammer-Bau NRW und der Förderverein für das Baukunstarchiv NRW. „Als größtes und bauintensives Bundesland braucht Nordrhein-Westfalen ein landesweites Archiv, um die Dokumente seiner reichhaltigen Baukultur zu sichern“, unterstrich Walter von Lom, der sich als Architekt im Vorstand des Fördervereins engagiert.

In Zukunft werden Nachlässe einflussreicher und regional bedeutsamer Architekten und Ingenieure gesammelt und für wissenschaftliche Bearbeitung zugänglich gemacht. Ein Grundstock aus über 60 Nachlässen namhafter Architekten und Bauingenieuren steht hierfür bereits bereit, denn die TU Dortmund bringt ihr bestehendes „Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst A:AI“ als Grundstock in das Baukunstarchiv NRW ein und wird auch die wissenschaftliche Leitung des neuen Hauses übernehmen. Das Sortiment umfasst zahlreiche Zeichnungen, Modelle, Briefe, Akten, Foto- und Filmmaterial. Material von beispielsweise Harald Deilmann, Josef Paul Kleihues, Stefan Polónyi, und Josef Franke. Die Sanierung und der Umbau des Gebäudes Ostwall 7 soll Ende 2016 beginnen. Die notwenige Investitionssumme beträgt 3,9 Millionen Euro. Das Land NRW unterstützt diese Maßnahme zu 80 % mit Mitteln der Städtebauförderung, 10 % trägt die Stadt, 10 % der Förderverein für das Baukunstarchiv NRW. Mitte 2018 soll der Betrieb aufgenommen werden.

Es bleibt zu hoffen, dass das Museum am Ostwall kein Einzelfall des ressourcenschonenden  Umbau unserer Städte bleibt.

 

red|bs