Regelmäßig berichten wir an dieser Stelle über die großen Kölner Konversionen, die Parkstadt Süd, das Heliosgelände oder das Clouth-Quartier. Doch auch am Rand der Stadt gibt es brachliegende Industrieareale, die großes Potential und charmante Substanz für neues Wohnen bieten. Eines davon findent sich in Holweide an der Kochwiesenstraße.
Die Geschichte der alten Baumwollbleicherei auf dem Gelände der Schweinheimer Mühle hätte nachdem das hier zuletzt tätige UnternehmenCordier Spezialpapapier m Nevember 2009 den Betrieb eingestellt hatte, auch längst zu Ende sein können. Denn die Hallen und Werkstätten in denen während des zweiten Weltkreigs Maschinengewehrgurte und später wie schon seit 1900 Verbandwatte und andere Verbandstoffe hergestellt wurden, standen leer und ökonomische Gründe legte dem Besitzer den Abriss des Industriedenkmals nahe. Doch die Bürger wehrten sich. Ein Schweizer Entwickler erkannte das Potential des zwischen dem historischen Ortskern und einem Naturschutzgebiet gelegenen Backsteinidylls in der partiell maroden Substanz und konnte das 2,4 Hektar große Gelände erwerben. Bis 2018 soll aus dem ehemaligen Fabrikgelände das Baumwoll-Quartier werden, ein neues Stückchen Stadt mit 180 Wohneinheiten, die für junge Familien geplant werden.
Der Baseler Architekt Luca Selva arbeitete nach dem Abriss einiger nicht erhaltenswerter Fabrikgebäude eine lineare Ordnung für das Quartier heraus: Die historischen Werkhallen, die von den Kölner Büro Girzalsky Dohmen Architekten zu Wohnhäusern umgebaut werden, sollen mit Neubauten in Form von Stadthausreihen, Hofhäusern und Geschosswohnungbauten zu fünf Zeilen ergänzt werden, deren Materialität und Kubatur aus dem Bestand heraus entwickelt wurden. Dazwischen werden halböffentliche und öffentliche Grünflächen und je nach Haustyp auch private Gärten angelegt, die als grüne Achsen den Blick durch das gesamte Quartier bis in das Naturschutzgebiet freigeben. Sogenannte Pocket-Parks brechen die Länge der Zeilen auf und machen das Quartier auch in Nord-Süd-Richtung durchlässig.
Im Norden grenzt das Gelände an den Strunder Bach, der im Rahmen der Regionale 2010 als Kultur- und Landschaftsachse ausgebaut wurde. Mit seiner Kraft wurden an dieser Stelle schon im 14. Jahrhundert die abteiische Mühle zu Schweinheim betrieben. Die Architekten möchten hier anknüpfen, indem sie den Quartiersplatz an die Brücke legen und damit eine Einladung in Richtung des Holweider Ortskerns aus sprechen. Das Herzstück des neuen Quartiers soll eine Kindertagesstätte werden, die in eine der zentralen Hallen einziehen wird. Unter dem Gelände wird es eine Tiefgarage mit 230 Plätzen geben, damit das Quartier autofrei beliben kann.
Überall an seinen Rändern scheint es, als suche das Baumwoll-Quartier Anschluss an das Vorgefundene, es reagiert mit weichen Kanten und Durchlässigkeit, nimmt Spuren auf, statt Baufronten zu bilden und Grenzen zu markieren.
Uta Winterhager