Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Immer auf der Suche nach dem für den Moment perfekten Bild

Der Architekturfotograf HGEsch im Porträt

 

Kölner Architekturfotografen im Fokus II

Man kann viel über Architektur schreiben. Doch wenn die Bilder fehlen, ist es, als bliebe etwas ungesagt. So freuen wir uns bei koelnarchitektur, dass viele Fotografen uns und unsere Beiträge schon seit Jahren mit ihren Fotografien unterstützen. Vor zehn Jahren haben wir eine erste Porträtserie von Kölner Architekturfotografen veröffentlicht, die wir in den nächsten Wochen mit einer  Folge von Interviews über Licht und Schatten, Inspiration und Intention fortsetzen möchten.

Der erste Fotograf unserer Serie ist Hans Georg Esch, der genaugenommen nicht in Köln, sondern ein wenig außerhalb in Stadt Blankenberg bei Hennef wohnt und arbeitet. Seine Antworten schickte er uns jedoch aus Shanghai. Herzlichen Dank dafür!

 

Wie kamen Sie zur Architekturfotografie?

Bereits als zwölfjähriger habe ich Schlösser und Burgen in meiner Heimat am Rhein fotografiert. Dem bin ich anscheinend treu geblieben. Nach meiner Ausbildung habe ich kurz einem Modefotografen in Düsseldorf assistiert und mir wurde schnell klar, dass diese Welt nicht die meine ist. Ich habe mich dann wieder auf Architektur konzentriert und das mache ich bis heute immer noch – leidenschaftlich und gerne.

 

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HGEsch at work © HGEsch Photography

 

Bilden Sie Architektur ab, oder übersetzen Sie das Gebaute in eine Bildsprache?

Wenn ich auf Architektur schaue, sehe ich gebaute Realität. In meinen Fotos bilde ich diese Realität ab. Dabei versuche ich das Besondere und das mich faszinierende herauszuarbeiten und in meinen Bildern zu zeigen.

 

Wie nähern sie sich dem architektonischen Konzept eines Hauses? Sprechen Sie mit den Architekten und Bauherren oder machen Sie sich selbst ein Bild?

Bei Auftragsarbeiten ist es mir sehr wichtig, dass mir Architekten ihre Idee des Gebäudes erklären und aufzeigen. So kann ich mich – sensibilisiert auf bestimmte Details und Ideen – dem Gebäude fotografisch annähern und diese mit Hilfe von akribisch ausgesuchten Perspektiven und bewusst eingesetzte Lichtstimmungen in meinen Bildern verdeutlichen. In meiner freien Arbeit interessiere ich für urbane Landschaften. Hier sehe ich mich als Dokumentarist der nicht wertend Kulturlandschaft zeigt.

 

Wie viele Bilder braucht man, um ein Haus zu verstehen und welche sind das?

Das hängt natürlich von der Größe und Komplexität des Bauwerks ab – da gibt es aber auch keine Regel. Ich fotografiere solange, bis ich denke, dass ich die Architektur verstanden habe, und bis ich glaube, dass die Idee des Architekten in den Bildern deutlich wird. Meine Fotografien versuchen aber auch in unterschiedlichen Ansätzen die Architektur verständlich zu machen – letztendlich wählt der Architekt dann aus, welcher Ansatz ihm am besten zusagt.

 

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Sydney © HGEsch Photography

 

In den letzten Jahren sieht man auch in den Architekturzeitschriften belebte Bilder. Eine Tendenz, die Sie begrüßen?

Auf jeden Fall! Die Gebäude sind für Menschen gemacht, die darin wohnen, arbeiten oder ihre Freizeit verbringen – daher sollten Sie auch gezeigt werden. Architektur ist ja letztendlich erst dann fertig, wenn sie genutzt wird – und deshalb ist es wichtig, belebte Architektur zu zeigen.

 

Ist die digitale Fotografie gegenüber der analogen Fluch oder Segen für Sie?

In meiner Wahrnehmung ist digitale Fotografie auf jeden Fall ein Segen. Nicht nur, dass ich mein Reisegepäck um ca. 50 Kilo erleichtern konnte, auch ist das Arbeiten nun flexibler und schneller möglich. Ich kann ausgesuchte Standpunkte und Perspektiven einfacher erreichen. Zu Zeiten der Großformat-Fotografie war es schon sehr aufwendig, das Equipment auf bestimme Hochhausdächer oder Locations zu schleppen und ich war mit einer Mannschaft von bis zu vier Assistenten unterwegs. Das ist nun bedeutend einfacher.

 

Welche Lichtsituationen schätzen Sie besonders?

Wie jeder Fotograf bevorzuge ich die sogenannte „Blaue Stunde“, kurz nach Sonnenuntergang bzw. vor Sonnenaufgang. Die Kontraste sind noch nicht so stark und das fahle Licht hüllt Motive in einen Moment der Entrücktheit. In dieser Stimmung sind Fotos möglich, die eher an Malerei erinnern.

 

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Sydney © HGEsch Photography

 

Gibt es Gebäude, die bei Ihnen eine besondere Leidenschaft auslösen?

Ich habe vor knapp 20 Jahren einmal als freie Arbeit die Oper in Sydney 10 Tage lang fotografiert. Ein wunderschönes Gebäude, das immer wieder durch sein Formenspiel überrascht. Das Gebäude zählt wirklich zu meinen Lieblingsgebäuden.

 

Woran erkennt man Ihre Bilder?

Das kann ich selbst schwer beurteilen, trotz Konzeption, versuche ich immer auch intuitiv zu arbeiten, um z.B. schnell einen gefassten Plan zu verwerfen und mich auf im Moment ergebende Lichtsituationen einzulassen. Dabei reflektiere ich meine Arbeit aber nicht. Ich weiß nicht, wie viele Bilder ich in den Jahren meiner Arbeit bereits belichtet habe, aber ich erkenne meine Aufnahmen natürlich immer wieder – auch wenn ich sie durch Zufall nach Jahren in Veröffentlichungen zufällig wieder sehe. Es ist dann so, als ich ob ich alte Bekannte wiedertreffe.

 

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Dubai © HGEsch Photography

 

Wovon lassen Sie sich inspirieren?

Ich versuche immer neugierig und flexibel zu sein und zu bleiben. Diese Neugierde inspiriert mich. Ich bin immer auf der Suche nach einem gelungenen und für den Moment perfekten Bild.

 

Kann Sie Architektur noch überraschen?

Ich lasse mich gerne von Architektur überraschen – diese Überraschung funktioniert bei mir oft dadurch, dass ich mich mehrere Tage mit einem Gebäude beschäftige und der Architektur Blickwinkel und Lichtstimmungen abringe, die nicht sofort sichtbar sind.

 

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Joseph Nicéphore Niépce (1826–1827): Blick aus dem Arbeitszimmer in Le Gras. 20×25 cm auf ölbehandeltem Asphalt (1926) Quelle Wikipedia (gemeinfrei)

 

Zeigen Sie uns ein Bild, das Sie nachhaltig berührt oder inspiriert hat? Warum haben Sie gerade dieses gewählt?

Schon als Schüler hat mich das Foto „Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras“ von Joseph Nicéphore Nièpce von 1822 fasziniert, nicht weil es das erste überlieferte Foto überhaupt ist, sondern auch weil es Architektur zeigt! Ich hätte vermutet, dass das erst belichtete Bild vielleicht einen Menschen zeigt – aber nein, es ist der Hinterhof eines Hauses. Darüber hinaus materialisiert sich in diesem Bild eindrücklich die eigentliche Bedeutung des Wortes Fotografie: Mit Licht malen!

 

Die Fragen stellten Barbara Schlei und Uta Winterhager

 

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