Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Eine Zeit zum Bauen

Die Archäologie ans Licht holen: Die Arbeiten auf dem Platz vor dem Rathaus haben begonnen!

                 

Über sieben Jahre nach dem Wettbewerb zum Neubau des Jüdischen Museums und der Erweiterung der archäologischen Zone gehen die Planungen von Wandel Lorch nun in die Realisierung. Mit der Bohrung von Probepfählen haben im Sommer die Bauarbeiten begonnen. Aber was genau wird jetzt eigentlich gebaut?

 

Planänderung – heimlich, still und leise?

Im März dieses Jahres gab es eine wesentliche Änderung im Bauantrag: Das Untergeschoss des Historischen Rathauses wird in den Museumsbau nicht mehr einbezogen – aus Kostengründen, logisch. Richtig laut hinausposaunt hat die Stadt Köln diesen Beschluss nicht. Dabei hat der Sparzwang hier doch eine sehr positive Folge, denn ganz glücklich war man mit der vorherigen Eingangslösung nicht: Das Gebäude wuchs aus dem Pflaster empor, ohne auf dem Platz selbst einen Eingang anzubieten – eine Situation, der man sonst eher in Fantasy Filmen begegnet und nicht im Städtebau. Auf Buchladen und Cafeteria werden die Einen nur schmerzlich verzichten, die Anderen freuen sich über die durchaus vorteilhafte Konzentration auf das Eigentliche.

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Ebene 1: Römisches und jüdisches Köln. Und auch das von heute: Die Einbeziehung der Rathaus-Untergeschosse wurde zu Gunsten einer eindeutigeren Zuwegung gestrichen! Zugänge führen vom Rathausplatz und auch gegenüber des Wallraff-Richartz-Museums in das Gebäude. Von hier aus hat man einen ersten Blick über die archäologischen Funde. Die tatsächlichen Dimensionen des Projekts zeigen sich unterhalb der Platzebene. Visualisierung: Wandel Lorch WHL GmbH

 

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Lageplan des Museumsneubaus zur Obermarspforten – vis à vis des Wallraf-Richartz-Museums und des Historischen Rathauses. Lageplan: Wandel Lorch WHL GmbH

 

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Durch die Readuktion der Gebäudekubatur entsteht vor dem Wallraff-Richartz-Museum eine großräumige Freifläche. Visualisierung: Wandel Lorch WHL GmbH

 

Die beiden neuen Zugänge liegen nun am Rathausplatz und Obenmarspforten und münden in einem kleinen Eingangsraum, von dem aus eine einläufige Treppe und ein Aufzug in die obere Ebene führen. Von hier aus gibt schon einen ersten Blick auf die archäologischen Stätten. Diese wollte man natürlich nicht mit einer Bodenplatte deckeln, das eigentliche Foyer des Museums liegt folgerichtig im ersten Stock.

 

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Erdgeschoss-Grundriß: Eine 7 Meter hohe Stahlkonstruktion überspannt das Grabungsfeld. Der Neubau des Jüdischen Museums „schwebt“ stützenfrei über den archäologischen Bereichen. Die tragende Konstruktion lagert auf einem umlaufenden Rautentragwerk aus Stahlblechen. Grundriss: Wandel Lorch WHL GmbH

 

Wo die Römer regierten…

… und die jüdische Gemeinde ihre Hochzeiten feierte: der über einen halben Kilometer lange Parcours durch das römische und jüdische Köln beginnt hier in der oberen Ebene. Er führt zunächst durch die Ausstellungsräume des Jüdischen Museums. Von hier aus geht es hinab in die archäologische Zone – von der Theorie in die Praxis.

Zunächst passiert man den ehemaligen jüdischen Tanzsaal unterhalb des Platzdeckels und gegenüber des Wallraff-Richartz-Museums. Über die spätantike Synagoge gelangen die Besucher zum römischen Praetorium, das sich bis unter den Spanischen Bau erstreckt. Der Rundgang führt durch die Keller mittelalterlicher Patrizierhäuser und passiert die Mikwe, bevor er wieder auf die obere Ebene leitet.

 

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Der Schnitt zeigt links die unterhalb des Platzdeckels liegenden Bereiche um den jüdischen Tanzsaal, die Mikwe-Stufen und das Gesamtgebäude mit archäologischer Zone und den Ausstellungsräumen in der oberen Ebene. Die Säle mit den Exponaten zur jüdischen Geschichte sind um die Lufträume oberhalb von Synagoge und Mikwe angeordnet. Schnitt: Wandel Lorch WHL GmbH

 

 

Die Archäologie ans Licht holen

„Entscheidend für die Raumbildung ist der hohe, durch gefiltertes Licht erhellte Raum unter dem Jüdischen Museum,“ heißt es in der Baubeschreibung. Die Kubaturen von Synagoge und Mikwe als rituell zentrale Räume des jüdischen Viertels sind als Lufträume in die obere Ebene fortgesetzt – sozusagen als gedachte Präsenzen – und verbinden auf diese Weise gedanklich und räumlich den archäologischen Bestand mit den Ausstellungsräumen.

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Travertin mit unterschiedlicher Rauigkeit, Spolien – im Sockelbereich vermauert –, Messing und Perlglas bilden den Materialkanon für die Außenhaut. Materialcollage: Wandel Lorch WHL GmbH

 

Die durchscheinende Fassade der unteren Ebene versorgt das Innere mit, nach archäologischen Ansprüchen, gefiltertem Tageslicht. Sparsam eingesetzte Fensterflächen gestatten den Einblick vom Stadtraum auf die historischen Gemäuer. Somit wird die archäologische Zone ans Licht geholt und erhält eine großzügige Präsenz im Stadtraum.

 

Ira Scheibe

5 Kommentare

Dieses Museum ist so unbeschreiblich hässlich und eine weitere fatale Bausünde in unserer historischen Altstadt. Anstatt dem Rathaus einen würdigen Vorplatz zu lassen, wird nun dieser Klotz da hin gesetzt. Typisch Köln! Anstatt mal damit begonnen wird, in der kompletten Altstadt und vorrangig um den Dom herum weitere Gebäude aus der Vorkriegszeit wieder neu zu errichten zu restaurieren, nun wieder so was. Traurig traurig!

Hallo TS, das ist so eine Sache mit der „historischen Altstadt“, denn so richtig historisch ist sie ja nun nicht… Da würde es ganz gut passen, noch ein paar Gebäude aus der „Vorkriegszeit“ wiederaufzubauen. Aber vielleicht überlassen wir das doch besser den Berlinern, die haben auch mehr Platz für so etwas. Ich finde es gut, wenn man sich aus der Tradition heraus in Neues vorwagt.
Viele Grüße
Die Autorin

Also zu den unqualifiziert-ahnungslosen Kommentaren hier kann man nur sagen : Haters gonna hate.

Es ist eine Schande das so ein Platz mit Sicht auf Historisches Rathaus und Dom mit einem Gebäude auch wenn es ein Jüdisches Museum ist verbaut wird.
Man hätte ein Jüdisches Museum auch wo anders Bauen können.
z.B. neben dem Wallr. Richartz Museum