Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

(un)gebaut ambivalent (un)built ambivalence

Titus Bernhard im AIT Salon

Noch bis zum 31. Juli zeigt der Kölner AIT Salon die im vergangenen Jahr bei Aedes in Berlin gestartete Ausstellung (un)gebaut ambivalent (un)built ambivalence, eine Werkschau des Augsburger Büros Titus Bernhard Architekten.

Haus 9×9 Titus Bernhard Architekten, Augsburg 2003. Zum ersten Mal wurde eine Gabionenfassade an einen gedämmten und abgedichteten Rohbau angehängt. 365 handbefüllte  Körbe mit zirka 40.000 Steinen bilden 28 t Speichermasse, die den Wärmedurchgang regulieren. Im Sommer wie im Winter zeigt sich ein behagliches Klima und minimaler Heizbedarf.

 

Titus Bernhard Architekten bauen exklusive Villen, doch in der Ausstellugn, die derzeit auf Deutschand-Tour ist, soll noch eine andere, eine substanziellere Seite ihrer Arbeit gezeigt werden, so der kryptische Pressetext: Anhand von ausgewählten Projekten wird die gesellschaftliche Verantwortung der Architekten und ihre intensive Auseinandersetzung mit strukturellen Themen im Kontext der architektonischen Aufgabe dargestellt. Sie belegen zum einen die hohe handwerkliche und ästhetische Qualität der zahlreichen Projekte, geben aber auch einen Ausblick auf das enorme Spektrum neuer Bauaufgaben, die die typische konzeptionelle Stärke und die gestalterische Kraft im Werk aufzeigen.

bild11x11
Haus 11×11 Titus Bernhard Architekten, Bayern 2013. Haus 11 x 11 ist zeichenhaft und in seiner Bauweise neu: Über die Außenwände aus Stahlbeton und Holz sowie über ein Holzdach aus vorfabrizierten Elementen wird eine mehrschichtige Flüssigabdichtung mit schwarzem Finish gecoated. Darüber läuft eine lotrechte Holzlamellen-Fassade ohne Konter-Lattung, die an Gratbalken auf dem Dach zusammenläuft.

 

Titus Bernhard: Die Ausstellung (un)gebaut ambivalent entsteht aus einer Phase des strukturellen Umbruchs und der inhaltlichen Neuorientierung im Büro.

Der Titel der Ausstellung steht zunächst programmatisch für Rückblick, Gegenwart und Vorschau. Vor allem verweist er auf eine intensive Auseinandersetzung mit übergeordneten essenziellen Themen, die mich in der Tiefe wirklich interessieren auf dem Weg zu Authentizität und eigenen Ausdrucksformen: Das Spannungsfeld, einerseits zu praktizieren mit hohem handwerklichen und ästhetischen Anspruch, andererseits die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz, der sozialen Verantwortung und – auch unabhängig von konkreten Bauaufgaben oder deren Realisierung – gestalterische Strategien.

Wir sehen in dieser Erweiterung in thematischer, konzeptioneller und struktureller Hinsicht die große Herausforderung des Büros für die Zukunft. Titus Bernhard Architekten stand bislang vor allem für hochkarätige Villen und exklusive Architektur. Viele ausgezeichnete Häuser entstanden so und verschließen sich nach Ihrer Fertigstellung der Öffentlichkeit, können neben ihren Bewohnern nur noch von wenigen erlebt werden.

Dass es eine andere Seite gibt, eine dem Menschen zugewandte Haltung, zudem das Bedürfnis, einer breiteren Öffentlichkeit die wunderbare Welt der Architektur näher zu bringen, eine Beschäftigung mit strukturellen Themen – der jeweiligen architektonischen Aufgabe übergeordnet –, eine intensive Auseinandersetzung mit Leitmotiven, sollen ausgewählte Projekte dieser Ausstellung exemplarisch zum Ausdruck bringen.

 

Die Ambivalenz dieser Themen, d.h. realisierte Architektur (primär hochwertiger Wohnungsbau) versus oftmals unrealisierter Projekte (größtenteils Wettbewerbsbeiträge) mit ausgeprägten Leitgedanken, ist sowohl gleichwertiger Part unserer kreativen Arbeit und eines reichen Spektrums an Aufgaben als auch Teil einer persönlichen intensiven Auseinandersetzung, die heute kontinuierlich die Arbeit des Büros begleitet.

In der Ausstellung und im neuen Katalog zeigen wir zahlreiche, den meisten bislang unbekannte Projekte und geben einen Ausblick auf das enorme Spektrum unserer Ideen. Die Maßstäbe ändern sich und wir beweisen, dass wir auch große, komplexe Bauaufgaben lösen und realisieren.

Lag der Fokus in unserer ersten Ausstellung 2004 in der Entwicklung von einer aus der Klassischen Moderne hergeleiteten Architektur hin zu Fragen der Materialität und der sinnlichen Wahrnehmung, zeigt diese Ausstellung bei Aedes, dass sequenzielle, morphologische und prozesshafte Themen bei kleinen wie großen Projekten im Vordergrund stehen und wie wir mit diesen Ansätzen ein breiteres Spektrum an Aufgaben konzeptionell strukturieren und baulich umsetzen.

FCA Arena Augsburg
SGL Arena, FCA Stadion, Augsburg, 2009. Die Arena mit 31.000 Plätzen zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus: Zum einen ist das Spielfeld gegenüber dem gewachsenen Gelände um acht Meter abgesenkt, dadurch ist die Hüllfläche reduziert und es wird eine sehr gute Energie-Bilanz erzielt. Es ist zudem das erste CO2-emissionsfreie Stadion Europas. Zum anderen wurde eine Fassade aus insgesamt 36.000 laufenden Metern Alu-Rohren geplant, die mit Lichtstäben verwoben, sinnbildlich für „den Gegner einwickeln“ steht.

 

 

Das Büro Titus Bernhard Architekten wurde 1995 in Augsburg gegründet. Ihr Spektrum umfasst konzeptionellen Hochbau, Innenausbau als auch Freiräume und Außenanlagen. Besonderer Wert wird auf die interdisziplinäre Zusammensetzung des Mitarbeiterteams gelegt, die den Bereichen Architektur, Bildende Kunst, Maschinenbau, Computeranimation, neue Medien und Grafikdesign angehören. Das Büro hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den „Kunstförderpreis Architektur” der Stadt Augsburg 1998, den BDA-Preis Bayern 2006, die Erich-Schelling-Medaille 2006 und „best architects“ in den Jahren 2006, 2008, 2009, 2012 und 2013.

 

 

AIT- ArchitekturSalon Köln

Vogelsanger  Strasse 70   Barthonia Forum | ehemalige 4711 Fabrik

D-50823 | Köln

Fon: +49 (0) 221 / 299 41 50-1

Ausstellung: 18. Juni bis 31. Juli 2014

 

Zur Ausstellung sind zwei Ausstellungskataloge erschienen:

Haus 9×9
Sinnlicher Minimalismus Sensual Minimalism
Enlarged edition © 2013 Aedes and the authors
ISBN 978-3-943615-14-2

Haus 11×11
(un)gebaut ambivalent (un)built ambivalence
© 2013 Aedes and the authors
ISBN 978-3-943615-15-9

 

 

(red.uw)