Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die unentdeckte Metropole

Welche Perspektiven gibt es für die Region zwischen Köln und Dortmund, in der mehr als 11 Millionen Menschen leben? Zugespitzte Antworten entwirft die Ausstellung RheinRuhrCity.

Wohin steuert die Region zwischen Köln und Dortmund, die sich wie ein Flickenteppich aus vielen kleinen Mikrokosmen zusammenaddiert? Für eine Ausstellung im Düsseldorfer NRW Forum entwickelte das holländische Architektenteam MVRDV aus Rotterdam überspitzt visualisierte Perspektiven und Zukunftsszenarien. Dabei begreifen die Architekten die im Umbruch begriffene Region mit ihren über 11 Millionen Einwohnern als ,eine Stadt’: RheinRuhrCity – Die unentdeckte Metropole.

Über drei Räume breitet sich RheinRuhrCity aus. Über ein riesiges den Boden bedeckendes Luftbild des gesamten Bereichs, betritt der Besucher die Ausstellung. Es verdeutlicht Maßstab und Dimension zugleich. Im ersten Raum kommen Planer und Politiker zum Thema Globalisierung und Regionalisierung zu Wort. Kühn entwickelte Zukunftsszenarien werden auf einer riesigen Leinwand im zweiten Ausstellungsraum gezeigt.

Im dritten Raum wird der Besucher selbst zum Planer. Hier können Entwicklungstendenzen gesetzt und die Folgen der eigenen Planung sofort überblickt und korrigiert werden. Z.B. die weit reichende Erkenntnis, dass die Häuser ziemlich hoch sein müssten, wenn alle Menschen der Region mit Blick auf den Rhein wohnen sollen.

Mit dem Eintritt in das Informationszeitalter verändern sich auch die Anforderungen an Architekten, Stadt- und Raumplaner. Immer häufiger stellen sich Fragen nach den großflächigen Auswirkungen planerischer Entscheidungen. Ein ideales Experimentierfeld hierfür bildet das real existierende Rhein-Ruhr-Gebiet. Ein Gebiet das traditionell wandlungsfähig und erneut mitten in einem schwierigen Strukturwandel begriffen ist.

Von hier und jetzt führt die fiktive Reise in die Zukunft der Region. MVRDV entwarfen für dieses heterogene Agglomerat nicht eine Lösung – sondern vier ganz unterschiedliche Szenarien.

Aus der Vogelperspektive erleben die Ausstellungsbesucher die kontinuierliche Mutation der Metropole an Rhein und Ruhr zu vier unterschiedlichen Visionen. Durch die Überlagerung von real gefilmten und künstlich eingefügten Elementen werden immer neue Zustände der RheinRuhrCity komponiert.

Was wäre wenn?….Was würde passieren, wenn das Ruhrgebiet ohne politische Eingriffe sich selbst überlassen bliebe? Oder wenn sich jede Stadt in der Region ausschließlich auf ihre individuellen Stärken konzentrieren würde? Angenommen es gäbe keine Zuwanderungs-Beschränkungen und die Einwohnerzahlen der Rhein-Ruhr-Region würden stetig ansteigen. Wie würde sich der Charakter der Region verändern? Oder man stelle sich vor, die zukünftigen Einwohner von RheinRuhrCity haben ihren Wohnort bewusst ausgewählt, weil sie von den attraktiven Lebensbedingungen angezogen wurden.

Technische Grundlage all dieser Szenarien ist ein Computerprogramm mit Namen „RegionMaker“. Eine Software, mit der sich Einflüsse unterschiedlicher Faktoren auf die strukturelle Entwicklung von Städten und Regionen simulieren lässt. Gefüttert ist das Zukunftsprogramm mit allen Daten die zu einer funktionierenden Gemeinschaft gehören ….. Wohnen, Industrie, Straße, Wald, Kriminalität, Stadt, Land, … Im Ungewissen der Zukunft bleiben jedoch alle diejenigen Faktoren, die wir noch nicht kennen. Aber das Konkrete ist auch nicht Anliegen der Ausstellung.

Die einzelnen Szenarien wurden anhand realer Daten entworfen. Durch eine bis ins Extreme gesteigerte Gewichtung der möglichen Kombinationen von Bevölkerungszusammensetzung, Infrastruktur, Flächenbelegung und Nutzungsverteilung werden auf spektakuläre Weise die Pole deutlich, zwischen denen die realen Entwicklungen der Region Rhein-Ruhr stattfinden könnte.

Könnte! Denn auch dies verdeutlicht die Ausstellung, noch ist die Metropole unentdeckt. Die meisten der befragten Bewohner identifizieren sich vor allem mit der Stadt in der sie leben, es fehlt ein definiertes Zentrum und abgesehen von der Romantik des Industriezeitalters mangelt es dem Gebiet an Strahlkraft der Vergangenheit.

Ein “Laboratorium zum Nachdenken bei gelockerter Vernunft” nennt Minister Vesper die provokante, kritische Untersuchung der Region an Rhein und Ruhr an der auch Hochschulen aus Deutschland und den Niederlanden beteiligt waren. Entstanden ist eine Ausstellung, die Fragen stellt, die übertreibt und die ebenso absurde wie schauderhafte Cyberspaces der möglichen Zukunft entwickelt. bs

RheinRuhrCity – Die unentdeckte Metropole

16. November 2002 bis 16. Februar 2003

Di – So von 11:00 bis 20:00, Fr bis 24:00

NRW-Forum Kultur und Wirtschaft

Ehrenhof 2, 40479 Düsseldorf

info@nrw-forum.de

Jeweils am Mittwoch werden in unzähligen Vorträgen und Symposien Themen der Ausstellung RheinRuhrCity vertieft. Fragen nach den Innovationskräften die zur Metropolenbildung führen oder die Frage nach der Identität der Region werden genauso diskutiert wie Ansätze zu einer alternativen Stadtplanung.