Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Hohe Häuser

Eine neue ‚Stadtkrone‘ in Deutz. Der BDA diskutierte beim Montagsgespräch über die Zukunft der Kölner Stadtsilhouette.

In der für Montagsgespräche ungewohnten aber angenehmen Umgebung des Institut Francais setzte der BDA die Tradition zahlreicher Podiumsdiskussionen um relevante und aktuelle Kölner Städtebau Projekte fort.

Deutz will hoch hinaus, deshalb hatte der Bund Deutscher Architekten Vertreter von Verwaltung, Hochschule und den Altbürgermeister zur Diskussion geladen, um grundsätzliche Fragen der Kölner Hochhauspolitik zu klären.

Wie könnte ein Hochhauskonzept für Köln aussehen oder braucht man überhaupt Hochhäuser? Sollen wie in Frankfurt oder New York Areale ausgewiesen werden, in denen Wolkenkratzer an Wolkenkratzer steht oder gibt es eher ein Ringkonzept, ähnlich der Mittelalterlichen Wehrtürme, Solitäre, die weit über die Dachlandschaft der Stadt hinausragen?

Hochhäuser als Hoffnungsträger

Vielschichtig war das Thema angelegt, denn die Dynamik der Hochhäuser im allgemeinen und in der speziellen vom Dom geprägten Kölner Skyline, lassen sich kaum ohne Emotionen und Ressentiments diskutieren. „Hochhäuser sind und bleiben irrational“ resümierte Hochhausexperte Prof. Günter Uhlig von der Universität Karlsruhe gleich zu Beginn der Veranstaltung.

Ebenso irrational sei jedoch auch die Hoffnung, die Hochhäuser und deren ästhetisierende Wirkung bei den Menschen erzeuge. Noch dazu erforderten an vielen Standorten ökologische und ökonomische Herausforderungen innovative Alternativen im Hochhausbau. Nicht zuletzt deshalb seine grundsätzlich positive Bewertung zum Thema.

Allerdings seien klare Forderungen an die Konzeption zu knüpfen. Bauherrn müssen verpflichtet werden „einen öffentlichen Raum herzustellen“. Weiterhin sei die Einbindung der Verteilerebene auf Straßenniveau von Nöten. Persönlich favorisiere er „schlanke, hohe Punkthäuser und nicht die derzeit für Deutz geplanten Scheibenhäuser“.

Hochhäuser als Zeichen wirtschaftlicher Potenz.

Hochhausvisionen ganz realer Art skizzierte Altbürgermeister Norbert Burger. Im Geiste sieht er sich im Boot den Rhein auf- und abwärts fahren, links und rechtsrheinisch vorbei an zwei unterschiedlichen aber dennoch korrespondierenden Städten, „denn als Pendant zum mittelalterlichen Stadtkern und dem Dom sieht er im Rechtsrheinischen „die City des 21. Jahrhunderts“ emporwachsen. Um in „internationalen Dimensionen zu denken“ will sich CDU Ratsmitglied Karl-Jürgen Klipper in das Abenteuer Stadtentwicklung auch ohne Hochhauskonzept stürzen. Sein Credo: „Der vor Jahrhunderten gebaute Dom darf nicht verhindern, dass wir in Köln zu einer modernen Stadtentwicklung kommen.“ Die Antwort, wie die moderne Stadtentwicklung konkret aussehen soll, blieb er indes schuldig.

Auf keinen Fall seien „die Deutzer Hochhäuser ein angemessenes Umfeld für das Weltkulturerbe Kölner Dom.“ Barbara Precht v. Taboritzki, Vorsitzende des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege gehört qua ihres Amtes zu den Zweiflern und Bewahrern der Kölner Silhouette. Sie fürchtet, das sich die Flächen der neuen Hochhäuser addieren und damit der Blick auf den Dom von der Deutz-Kalkerseite verstellt würden.

Hochhaus als Zeichen

Wurde bei der Hochhausdiskussion vor allem die persönliche Haltung zu Städten wie New York und Frankfurt in den Vordergrund gestellt, ging es in der Fragestellung zum Areal des neuen ICE-Terminals um konkrete, zeitnah zu realisierende Projekte.

Vor einem Jahr wurde der Wettbewerb für das geplante ICE-Terminal Köln-Deutz entschieden. Der erste Preis (Jaspert & Steffens, Köln) zeichnete sich durch eine zentrale Wegeführung vom Haupteingang am historischen Bahnhofsgebäude über einen großzügigen, belichteten Platz unter den Gleistraßen bis hin zu einem neuen Hauptfoyer der Messe mit davor liegender Freifläche aus.

In Zusammenarbeit mit Messegesellschaft und der Bahn hat das Stadtplanungsamt den Wettbewerbsentwurf weiterentwickelt und mittlerweile zur Rechtsgrundlage gebracht. Auch das formelle Verfahren mit Bürgeranhörung ist bereits abgeschlossen. Leider sind vom ursprünglich urban verdichteten Konzept, das vermietbare Flächen mit öffentlichen Räumen verband, nur noch Rudimente, wie das große quadratische Dach – Köln setzt erneut auf „Zeichen“ – erhalten.

Der große 60 Meter breite Platz, in der B-Ebene, wichtiges Kriterium für die Prämierung des Entwurfs durch das Preisgericht, war der Bundesbahn zu teuer. Vom historischen Bahnhofsgebäude hin zum erweiterten Messeareal führt nun ein 12-20m enger, abgewinkelter Verbindungstunnel: von hier wird die Erschließung zu den Gleisen organisiert. Die Veränderungen, die auf die Bedürfnisse der Messe eingehen sind mindestens genauso gravierend: der Platz am Nordeingang des Terminals wurde um die Hälfte beschnitten, um der Messe einen repräsentativen Eingang ins eigene Hochhaus zu geben.

Hochhäuser als Investitionsanlage

Korrespondieren im Wettbewerb die drei Hochhäuser noch miteinander und mit den beiden in Deutz bereits bestehenden Bauten, so wurden sie in der Überarbeitung auf Investorenwunsch mit der Breitseite parallel zum Fluss gestellt, um möglichst viel vermietbare Fläche mit Domblick anbieten zu können. Hochhausexperte Prof. Günter Uhlig von der Universität Karlsruhe bemängelte auch die „konventionelle Platzierung und den Scheibencharakter“ der Deutzer Hochhäuser. Es bleibt zu hoffen, der Rat des Professors – „Kölner habt mehr Mut und seit in der Planung radikaler und selbstbewusster“ – gehört und aufgegriffen wird. bs