Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Blick zurück und nach vorn

Ein Interview mit Hartmut Hoferichter, der das Kölner Stadtplanungsamt Mitte Februar verlässt.

Hartmut Hoferichter, bisher Leiter des Stadtplanungsamts und seit Mitte Februar Beigeordneter der Stadt Solingen im Ressort Planen, Verkehr und Umwelt blickt im koelnarchitektur.de-Interview zurück und nach vorne: auf seine Arbeit und die Stadtplanung in Köln.

Mit Hartmut Hoferichter sprach Barbara Schlei.

Herr Hoferichter, Sie waren nur 6 Jahre als Leiter des Kölner Stadtplanungsamtes tätig. Das ist angesichts der meist sehr langen Planungsprozesse relativ kurz. Gibt es dennoch von Ihnen initiierte Projekte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

H.H.:Eins der größten Projekte, die verwirklicht wurden, war die Neugestaltung des Wiener Platzes. Dies allerdings auch nur, weil der Vorlauf, der für ein solches Projekt notwendig ist, in der Zeit lag, als ich noch nicht Leiter des Stadtplanungsamtes war. Aber hier konnte ich als Mitarbeiter sowohl die Wettbewerbsphase, das Bebauungsplanverfahren als auch später die Umsetzungsphase begleiten. Eine große Herausforderung, die in weiten Teilen sehr gelungen ist.

Ist Architekturqualität ein Kriterium interner Entscheidungsstrukturen?

H.H.: Qualitative Akzente zu setzen ist ein notwendiges Thema an vielen Stellen in Köln. Vor allem bei Einzelvorhaben, an denen ich mitgewirkt habe, war mir deshalb die Architekturqualität besonders wichtig, z.B. beim Neubau des Gerlingkonzerns von Foster oder dem Kaufhaus von Renzo Piano für Peek & Cloppenburg. Beide Projekte stehen ja kurz vor ihrer Fertigstellung.

Mit dem B-Plan Mediapark war ich nur am Rande betraut, aber bei der Umsetzung der einzelnen Bauvorhaben habe ich mich bei Bauherren und im Gestaltungsbeirat dafür stark gemacht, die Preisträger zum Zuge kommen zu lassen.

Sehr intensive Verhandlungen gab es zum Kölnturm. So wie der Kölnturm sich jetzt darstellt, teilweise nicht in Übereinstimmung mit den Bebauungsplan, das waren Dinge, an denen ich mitgewirkt habe.

Wie beurteilen Sie den Mediapark in seinem jetzigen, fast vollständigen Erscheinungsbild?

H.H.: Das städtebauliche Konzept war längst entwickelt, als ich ins Stadtplanungsamt kam. Diese Grundsatzentescheidung, habe ich akzeptiert. Und wenn man sich bei den einzelnen Baulfeldern auf Alternativen einlässt, wird es immer auch Ergebnisse geben, die ich selbst nicht favorisiert hätte.

Wichtig war es, ein paar Grundregeln einzuhalten, z.B. die Höhe der Gebäude zum Platz, die für die Raumbildung notwendig sind, und das soviel wie möglich vom Grundkonzept umgesetzt wurde.

Welche Bedeutung hat Kommunikation über Architektur für Sie und Ihre Arbeit?

H.H.: Die öffentliche Diskussion beschränkt sich auch in Köln noch zu sehr auf die einschlägigen Zirkel, also etwa die Montagsgespräche des BDA, das Architekturforum Rheinland, der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz die zwar sehr aktiv sind, aber eben nur die Fachöffentlichkeit erreichen. Die gemeinsame Basis, die wir jetzt über koelnarchitektur.de haben, birgt Chancen in zwei Richtungen. Zum ersten werden die diversen Aktivitäten und Diskussionen besser koordiniert und bilden die Ausgangsbasis für eine umfangreichere Beteiligung von Nichtfachleuten.

Auch die Anstrengungen, die die Architekturqualität fördern, und ins Bewusstsein rücken, muss man intensivieren. Die Frage, welches konkrete Erscheinungsbild ein Gebäude hat, wird bei Bürgeranhörungen überhaupt nicht diskutiert.

Inwieweit lässt sich der öffentliche Diskurs als Motor für Projekte einsetzen?

H.H.: Ein richtiger Schritt in die richtige Richtung waren sicher die beiden Aktionen plan99 und plan2000. Das könnte ein Einstieg in das Thema sein, denn an vielen Orten der Veranstaltung ging das Interesse weit über den Kreis des Fachpublikums hinaus.

Meiner Erfahrung nach braucht es immer einen Anlass für Bürgerbeteiligung z.B. die EXPO in Hannover oder die Hochhausplanung für Frankfurt.

Die Idee, ein Stadtforum einzurichten, also ein Forum mit einem festen Ort, wo sich viele Menschen treffen und regelmäßig Architektur kommunizieren, war leider in der kurzen Zeit nicht durchzuführen.

Wir sprachen eingangs über Projekte, die Ihnen in der Vergangenheit besonders wichtig waren. Gibt es ähnliche Projekte, an denen Ihr Herz hängt, die Sie aber jetzt im Stich lassen müssen?

H.H.: Ja, das ist insbesondere der ICE Bahnhof. Ein städtebaulich sehr schöner Entwurf. Jetzt, wo die erste Überarbeitung des Wettbewerbs von Jaspert & Steffens/ Köln vorliegt, zeigt sich, dass es eine Reihe tatsächlich vorhandener wirtschaftlicher Zwänge gibt, deren Beachtung die Qualität des ersten Entwurfes einschränken könnte.

Uns war damals schon klar, das es keine leichte Aufgabe sein wird, die sehr großzügige –1 Ebene oder das städtebaulich und gestalterisch bedeutsame Dach umzusetzen. Dennoch denke ich nicht, das man den Entwurf 1:1 weiterführen muss. Da lassen sich an der ein oder anderen Stelle Abstriche machen, die städtebaulich keine so gravierenden Einbußen zur Folge hätten. Darauf hätte ich gerne weiter Einfluss genommen.

Haben Sie Visionen für die Architekturszene Kölns?

H.H.: Wenn es gelingt, über den Zeitraum der nächsten 10 Jahre, die drei oder vier großen Projekte, wie die Entwicklung des Breslauer Platzes, den ICE Bahnhof, die Nord- Süd-Fahrt und die Herausforderung im Rechtsrheinischen auf den Weg zu bringen, so wie wir das jetzt diskutieren, dann ist das ein großer Qualitätssprung.

Ein weiterer Wunsch, vielleicht mehr ein Hinweis, den ich geben würde, ist es Stadtplanung und -entwicklung stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein zu rücken: durch Foren, Bürgeranhörungen und Veranstaltungen auch die Bürger an Diskussionen und Entscheidungen zu beteiligen.