Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

„Architekturfotografie – Made in China“

Das Architekturjahr 2012 im MAKK läuft weiter

Am 1. September eröffnete im MAKK die Ausstellung „Architekturfotografie – Made in China“ als fünfter Programmpunkt des aktuellen Architekturjahres. Gezeigt werden Fotografien und Videos westlicher und chinesischer Künstler, sowie eine Installation von Harald Fuchs, die in den letzten 14 Jahren entstanden sind. Kuratiert wurde die Ausstellung von Norbert Moos.

Auch wenn der Titel es vermuten ließe, gezeigt wird keine dokumentarische auf Bauwerke fokussierte Architekturfotografie, sondern eine große Bandbreite künstlerische Positionen, die sich mit dem rasanten Wandel der chinesischen Gesellschaft und den damit erzwungenen sozio-kulturellen und ästhetischen Veränderungen ihrer gebauten Umgebung auseinandersetzen.

Zu schön um kritisch zu sein?

China wird in den nächsten 15 Jahren Wohnraum in den Städten für 350 Millionen Menschen schaffen müssen. In welchem Maßstab und mit welcher Rigorosität dabei vorgegangen wird, zeigen insbesondere die Serie „Nail House“ von Peter Bialobrzeski, der die letzten dem Abbruch trotzenden kleinen Wohnhäuser der Hutongs vor einer Kulisse aus Schutt und gigantischen Neubauten fotografisch festgehalten hat und die Gegenüberstellung der großformatigen Fassaden mit der Serie 100 x 100 beide von Michael Wolf, die immer aus dem gleichen Blickwinkel, die Bewohner der Megastruktur in ihren winzigen bis unter die Decke vollgestopften Zimmern zeigt.

Auch Frank Schoepgens hat sich in seinen Bildern mit dem extremen Kontrast zwischen Altem und Neuem auseinander gesetzt, wobei hier, wie auch in den (inszenierten) Aufnahmen der Serie „Lebensraum“ von Ben Plefka Personen eingesetzt werden um die Unwirtlichkeit dieser Szenarien noch zu überzeichnen. Aus der mit dem Prix Pictet ausgezeichneten Serie „Yangtze – The Long River“ des in London lebenden israelischen Fotografen Nadev Kander werden drei erschreckend stimmungsvolle Bilder gezeigt. Die Serie entstand zwischen 2005 und 2007 und dokumentiert die haltlose Zerstörung der Uferlandschaft durch Megainfrastukturprojekte wie den Drei-Schluchten-Staudamm, endlos erscheinende Wohnblöcke oder gigantische Brücken.

Inszenierte Wirklichkeit

Während die westlichen Fotografen die klassische Reisefotografie als Instrument einer kritischen Betrachtungsweise nutzen, fokussieren die chinesischen Fotografen in der Mehrzahl auf Detail und Stillleben. Der Star der chinesischen Fotoszene Feng Yan, der nach Studium und Arbeit in den USA wegen besserer Absatzmöglichkeiten wieder nach China zurückgekehrt ist, inszenierte Möbel und Alltagsgegenstände an ungewöhnlichen Orten, während das Künstlerehepaar Shao Yinong und Mu Chen großformatige im klassischen Sinne dokumentarische Fotografien der „Assembly Halls“ machte, die während der Kulturrevolution für politische Versammlungen benutzt wurden.

Die Ausstellung rührt an. Nicht die Architektur, die hier nur Mittel zum Zweck ist, sondern die Schicksale der Menschen, die, wenn die Szenen echt sind, weinen, schreien oder vor Angst erstarrt sind, oder, in den gestellten Bildern, nur noch als Staffage ihres lebensfeindlichen Umfeldes fungieren.

Und ich frage mich, wie die Wirklichkeit aussieht, wenn die Bilder und Filme, die derzeit im MAKK gezeigt werden, die chinesische Zensur als Kunst passieren konnten.

Uta Winterhager

Der Ausstellungskatalog

„Architekturfotografe – Made in China“ ist im Museumsshop für 19,80 € erhältlich.

Die Sonderschau ist eine Gastausstellung der

21. Internationalen Photoszene Köln (IPK), die vom

1. Bis 30. September 2012 die photokina begleitet.

Sonderöffnungzeiten während der photokina

vom 18. – 23. September täglich von 11 – 21 Uhr

Michael Wolf, a39, 2005

ben plefka, lebensraum, 2006

Peter Bialobrzeski, Nail Houses 24, 2010

ben plefka, lebensraum, 2006

Michael Wolf, room29, 2006

Nadav Kander, Chongqing II, Chongqing Municipality, 2006

Ausstellung im MAKK