Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Eisberg voraus

Ratsentschluss zur Archäologischen Zone und Jüdischem Museum

Auf der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause am 14.07. brachte der Rat der Stadt noch drei Großprojekte auf den Weg: Den Rheinboulevard, die Sanierung der Flora und die Archäologischen Zone mit dem Jüdischem Museum, dessen Zukunft lange Zeit ungewiss war. SPD, Grüne, FDP und Linke stimmten für die Vorlage der Verwaltung in leicht geänderter Fassung und gaben so Grünes Licht für das Projekt. Die Ratsmehrheit beschloss die Erhöhung des städtischen Eigenanteils um 25,4 Millionen auf nun 37,5 Millionen Euro. Die CDU stimmte dagegen.

Über den Planstand zum Projekt am Rathausplatz informierten etwa eine Woche zuvor Wolfgang Lorch, vom Stuttgarter Architekturbüros Wandel Hoefer Lorch + Hirsch, die als Sieger aus dem Wettbewerbe „Archäologischen Zone“ und „Jüdisches Museum“ im Juni 2008 hervorgingen und Bernd Streitberger bei einem Mittwochsgespräch des hdak. Für den „Eisberg“ aus archäologischen Schichten und oberirdischen Ausstellungsräumen war ein Gebäude zu konzeptionieren, das zudem noch städtebaulich auf 2000 Jahre Stadtgeschichte Rücksicht nehmen muss. Noch einmal wurde klar – als man dem Architekten gedanklich durch den Bauentwurf folgte – was für ein glücklicher Umstand es für Köln ist, diese Aufgabe dem Büro WHL + H anvertrauen zu können.

Kontinuität des Ortes

Seit der Römerzeit ist das Quartier im Stadtgrundriss relativ stabil. „Der planerische Grundansatz“, so Lorch bestehe darin, „das moderne Gebäude in die jahrtausendlange Kontinuität des Ortes einzuordnen“ und regelrecht davon durchdringen zu lassen. Die zeltartig gestaltete Dachlandschaft spiegelt die feinteilige Körnung des einstigen Quartiersgrundrisses wider. Die Portalsgasse am Spanischen Bau erhält die ihm angestammten Dimensionen zurück, und damit wird die Renaissance-Rathauslaube wieder adäquat räumlich gefasst. Auch für die seitliche Ansicht der Laube aus der Judengasse entsteht wieder ein passender Rahmen. Synagoge und Mikwe werden im Museumsgebäude „als Volumen durchgesteckt“, und so in ihrem Grundriss bei der Anlage der Räume berücksichtigt.

Wegen des Wegfalls zugesagter Gelder wurde das Gebäude kleiner geplant als im Wettbewerb beabsichtigt, aber das hatte auch einen positiven Effekt: durch die Verringerung des Gebäudegrundrisses entsteht nun vor dem Wallraf-Richartz-Museum ein Platz mit Treppenanlage und verleiht endlich dem Ungers-Bau eine würdige städtebauliche Hinleitung. Westlich wird der Blick frei auf das Farina Haus. An der Südostecke des Jüdischen Museums soll eine Art begehbares Schaufenster die Neugier auf den Besuch der Innenräume anregen.

via anti culturalis

Der Zugang in das Museum erfolgt von der tieferliegenden Rathaus-Ostseite. Die Ausgrabungszone soll eine angemessene Raumhöhe erhalten, um die sonst typische Kelleratmosphäre zu vermeiden. Aus konservatorischen Gründen wird sie als geschlossener Raum bei durchgängig 12-13 Grad Celsius Raumtemperatur gestaltet, um zum Beispiel Kondenswasserbildung im Sommer zu vermeiden und die lichtempfindlichen Steine zu schützen. Die Gebäudetechnik ist zur Hälfte im Bereich des Rathauskellers, zur anderen Hälfte in der Dachzone untergebracht. Mit einem stützenfreien und ungerichteten Tragsystem können Einbauten in die Bodendenkmäler weitestgehend vermieden werden. Zum Zeitpunkt des Wettbewerbs noch nicht bekannte Spolien werden in den Sockelbereich der Fassade eingearbeitet. „Wir arbeiten gerne mit kontextbezogenen Steinen,“ so Wolfgang Lorch.

Bei 52 Millionen Euro Gesamtkosten und 14,3 Millionen staatlicher Fördermittel sind nun nach dem Ratsbeschluss knapp 38 Millionen Euro von der Stadt zu tragen. Die CDU-Fraktion forderte im Vorfeld der Ratsentscheidung, sich auf Schutzbauten zu beschränken: eine weitere Kölner Peinlichkeit, die sich aber trefflich in die via anti culturalis einfügt: vom bewachten Philharmonie-Dach über das Archäologie-Lager hin zum verschwundenen Stadtarchiv. Weitere Vorschläge willkommen.

Ira Scheibe

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Der neue Platz vor dem WRM in der Perspektive; an der Südostecke des Jüdischen Museums ein begehbares Schaufenster.

Grafik: Wandel Hoefer Lorch + Hirsch

Der Schnitt zeigt die großzügige Einhausung des Grabungsfelds und die Bedeutung von Synagoge und Mikwe für das Museum jüdischer Kultur.

Grafik: Wandel Hoefer Lorch + Hirsch

Grundriß der Ebene 0: die durch den Bau erschlossenen Ausgrabungszonen des jüdischen Ghettos (links) und römischen Praetoriums (rechts)

Grafik: Wandel Hoefer Lorch + Hirsch

Ebene 2: Grundrisse von Synagoge und Mikwe (schraffiert dargestellt) schichten sich im Neubau des Museums durch.

Grafik: Wandel Hoefer Lorch + Hirsch

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