Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Entwicklungspotenzial oder Penthouse-Paradies?

Ausstellung ‚Rechtsrheinische Perspektiven – Stadtplanung und Städtebau im postindustriellen Köln‘ im Deutzer Bahnhof

Was ist denn hier los? fragten sich am 5. Mai die Passanten im Deutzer Bahnhof. Denn schon von Weitem war nicht zu überhören, dass hier irgendetwas passierte. Laute, moderne Musik einer wilden Blaskapelle lud ein, stehen zu bleiben, mitzutanzen oder auch nur hinzuschauen. Wohin? Auf die aktuellste Ausstellung der Stadt Köln mit dem Titel „Rechtsrheinische Perspektiven – Stadtplanung und Städtebau im postindustriellen Köln“. Diese wurde am 05. Mai 2011 im Deutzer Bahnhof mit einer offiziellen Vernissage eröffnet. Und offiziell waren auch die Anwesenden: Kölns Beigeordneter für Planen und Bauen, Bernd Streitberger, der Geschäftsführer der Regionale 2010-Agentur, Dr. Reimar Molitor sowie der Berliner Architekt Philipp Meuser als Kurator der Ausstellung standen vorne auf dem Podium.

Rechtsrheinische Entwicklungspotenziale

„Das Rechtsrheinische hat ein ganz besonderes Entwicklungspotenzial – wie kein anderes der Regionale-Projekte“, so Dr. Reimar Molitor bei seinen einleitenden Worten.

Kurz zur Entstehungsgeschichte dieser Ausstellung: Bereits 2004 gab es den ersten Workshop zu dieser Thematik, 2006 folgte der nächste. 2010 konnte dann mit Hilfe der Regionale 2010 – mit den daraus resultierenden Mitteln – die Reihe fortgesetzt werde. Aufgabe der fünf ausgewählten und eingeladenen Planungsteams (Architekten und Landschaftsplaner) war es, Ideen für die Zukunft der von industrieller und demografischer Veränderung geprägten Stadtteile Deutz, Kalk und Mülheim-Süd zu entwickeln. Jedes Team erhielt ein Stadtgebiet mit all seinen Problemen und Möglichkeiten. So entstanden fünf Ideen, die nun der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Wird Deutz zum Penthouse-Paradies?

Oder: Was bringt ein Rückbau der Stadtautobahn für Kalk und Deutz? Kann der öffentliche Nahverkehr in Mülheim durch eine Schwebebahn ergänzt werden? – Dies sind einige der gewollt provokanten Thesen für die Zukunft des Rechtsrheinischen, die nicht nur für Stadt- und Verkehrsplaner und für Hochbau- und Landschaftsarchitekten, sondern gerade auch für die Bürgerinnen, Bürger, Bewohnerinnen und Bewohner von Interesse sein dürften. So beschäftigte sich z.B. das Team Rübsamen + Partner / club L94 mit dem Stadtteil Kalk und seinen vielen Brückenräumen. Durch deren Aufwertung mit Grünflächen und neuen Nutzungen wie einem Stylepark könnte Kalk ein neues Gesicht bekommen.

Die Idee einer Schwebebahn in Mülheim als Ergänzung zum ÖPNV kam vom Team Claus en Kaan / greenbox. Diese soll kürzere Wege ermöglichen und eine andere Wahrnehmung für das postindustrielle geprägte Mülheim schaffen. Ein weiteres Thema war die Zukunft des Rheinraumes. So bearbeiteten Jo Coenen + Co / Agence Ter die rechtsrheinischen Kölner Häfen. Wie kann aus Hafenflächen ein neues Stadtquartier entstehen? Und wie können brachliegende Grünflächen oder Freiflächen unter den Brücken aufgewertet werden?

„Wir wollen anstoßen, nachzudenken“

Der Anstoß zum Nachdenken ist Kurator Philipp Meuser auch gelungen. Denn das Gute an der Ausstellung ist, dass diese grundlegenden und abstrakten Fragestellungen in leicht verständlicher Weise aufbereitet und präsentiert sind und so wirklich zum Nachdenken und zur Diskussion anregen. Alle Pläne, Photos und Skizzen wurden auf auffällig roten Stelen angebracht, diese dann in einem Kreis in der Eingangshalle des Deutzer Bahnhofs angeordnet. „Das ist genau das, was ich als Kurator erreichen wollte: Ein starkes- rotes – Bild, welches aber durchaus durchlässig für die Besucher der Ausstellung ist“, freute sich Meuser mit einem Blick in die Runde. „Wir wollen irritieren und provozieren. Anstoßen, über die Zukunft von Köln nachzudenken“, so Meuser weiter. Und damit man seine Gedanken auch sofort loswerden kann, gibt es vor Ort auch einen „Briefkasten für Ideen“.

30.000 Menschen …

… kommen täglich durch den Bahnhof Deutz. Und dies ist ein wichtiger Grund für die Wahl der Ausstellungslocation. „Wir in der Stadt sehen uns in der Verpflichtung, den Entwicklungsprozess im Rechtsrheinischen weiter zu führen und die Bürger mit ein zu beziehen“, erläutert Bernd Streitberger. Und so ist die Ausstellung nicht nur vom 5. Mai bis 4. Juli 2011 in der Rotunde des Bahnhofes Köln-Messe/Deutz täglich rund um die Uhr zu sehen, sondern die gleichen Inhalte sind auch Gegenstand einer Wanderausstellung. Diese können die Bürgerinnen, Bürger und alle Interessierten zwischen 9. Mai und 4. Juli an fünf weiteren Standorten besuchen, unter anderem im Bezirksrathaus Kalk und im Hauptbahnhof Köln. Kennzeichen aller Ausstellungsorte ist, dass sie täglich von vielen Menschen frequentiert werden.

Ein Ausstellungskatalog bietet einen ergänzenden Einblick in die „Rechtsrheinischen Perspektiven“ und der handliche Architekturführer „Rechtsrheinisches Köln“ (Präsentation am 31. Mai 2011) lädt auf den Spuren der Industriegeschichte zu Touren durch die »innere Peripherie« der rechtsrheinischen Stadtbezirke ein.

Natalie Bräuininger

Weitere Informationen gibt es unter 0221 / 221-21328, oder per Mail an rechtsrheinische.perspektiven@stadt-koeln.de.

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Laute, moderner Blasmusik irritierte, provozierte und lud ein, stehen zu bleiben.

Rechtsrheinisch Ausstellung

Alle Pläne, Photos und Skizzen wurden auf auffällig roten Stelen angebracht, diese dann in einem Kreis in der Rotunde des Deutzer Bahnhofs angeordnet.

Rechtsrheinisch Streitberger

Kölns Beigeordneter für Planen und Bauen, Bernd Streitberger (li) und der Geschäftsführer der Regionale 2010-Agentur, Dr. Reimar Molitor (Mitte) eröffneten die Ausstellung.

Rechtsrheinisch Briefkasten

Ein Briefkasten für Ideen wartet auf Anregungen, Kritik und Feedback der Kölner Bürger.

Rechtsrheinisch Meuser

Kurator Philipp Meuser freute sich sichtlich über den Erfolg der Vernissage. ‚Das ist genau das Bild, welches ich erreichen wollte.‘