Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Heimaturlaub: Drachenfels

Abbruchstimmung und Aufbruchstimmung auf dem Drachenfels

Manchmal wird man von dieser Sehnsucht nach Heimat gepackt, nach Rheinromantik und einer sagenhaften Vergangenheit und dann muss man unbedingt ins Siebengebirge. Hier ist Deutschland noch so deutsch, wie es sich außer uns auch Niederländer, Amerikaner und Japaner vorstellen – bietet die wildromantische Landschaft doch eine wunderbare Kulisse für Geschichten von Drachen, Raubrittern und versunkenen Schiffen.

Englische Reisende hatten den Drachenfels auf der Suche nach dem Idealbild der Romantik Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt. Hier zwischen Burgruine und Rhein fanden sie die landschaftliche Pittoreske, die genau ihren Vorstellungen entsprach. Mit mondänen Hotels und prunkvollen Villen schufen sie die Grundlage für die touristische Erschließung des Drachenfelses von Königswinter aus. Immer noch zehrt die Region von den Bildern und Sehnsüchten dieser Ära des landschaftlichen Erlebens die – teilweise überlagert von einer zweiten Zeitschicht aus den prosperierenden Jahren der jungen Bonner Republik – einen schrägen und tragikomischen Eindruck hinterlassen hat.

Die Fehler der Vergangenheit …

Auch wenn der Drachenfels immer noch der meistbestiegenste Berg Europas ist, sind die Besucherzahlen rückläufig und das einst so erhebende Landschaftserlebnis scheint auf die Vermarktung von billigem Deutschlandkitsch reduziert zu sein. Um gegenzusteuern hat sich die Stadt Königswinter erfolgreich als Status A-Projekt der Regionale 2010 beworben – so konnten 21 Mio. Euro zur Verfügung gestellt werden, um die Kulturlandschaft des Naturschutzparks Siebengebirge qualitativ so aufzuwerten, dass sie in einer authentischen und zukunftsorientierten Form dem Tourismus eine neue Chance geben kann.

Eines der vier Leitprojekte ist die Neugestaltung des Drachenfelsplateaus und der Burgruine aus dem 12. Jahrhundert. 1965 hatte es mit demselben Planziel schon einmal einen Wettbewerb gegeben, damals setzte sich der Kölner Architekt Ernst Sapia mit der kruden Betonarchitektur seines Panoramarestaurants gegen 23 andere Entwürfe durch. Noch bei der Eröffnung 1976 glaubte man an den provokanten Kontrast der zeitgenössischen Architektur und der wilden Landschaft, aber schon wenige Jahre später war die zackige Betonbrüstung, die den Berg weithin sichtbar kennzeichnete, mehr Makel als Attraktion.

… und was man daraus lernen kann

Weniger einstimmig war das Ergebnis des Drachenfels-Wettbewerbs, den die Stadt Königswinter im Jahr 2008 auslobte. Wohl unter dem Druck eine nachhaltige Lösung zu finden, wurden zunächst zwei erste Preise vergeben, um schließlich den 3. Preis zur Weiterbearbeitung zu empfehlen. (ein 1. Preis WES & Partner, Berlin mit Schultes Frank Architekten, Berlin, ein 1. Preis Atelier Loidl, Berlin mit Jörg Wessendorf, Architekt, Berlin)

Der drittplatzierten Entwurf von pool 2 Architekten aus Kassel in Zusammenarbeit mit plandrei Landschaftsarchitekten aus Erfurt verzichtete kostensparend auf einen kompletten Abriss des denkmalgeschützten Restaurants und setzt einen gläsernen Kubus auf das bestehende Kellergeschoss. Die großzügige zum Tal hin abfallende barrierefrei erschlossene Sitzstufenanlage soll teilweise von der Gastronomie genutzt werden, aber auch ohne Verzehrspflicht öffentlich zugängig sein. So kann im Vergleich zur Ausgangssituation die Baumasse erheblich reduziert und von der Terrassenkante zurück versetzt werden um im doppelten Sinne Raum für einen zeitgemäßen Drachenfelstourismus zu schaffen. Die Gestaltung der Glasfassade wurde seit der Wettbewerbsentscheidung in der Stadt ausführlich diskutiert und schließlich einvernehmlich entschärft. Statt der charakteristischen Gitterstruktur wird nun eine vertikale Konstruktion aus basaltfarbenen Betonwerksteinen eine wesentlich einfachere und gefälligere Ansicht bieten – schließlich lernt man ja aus den Fehlern der Vergangenheit.

Wer dieser Tage auf den Drachenfels steigt (mit der Zahnradbahn fährt oder auf dem Esel reitet), wird dort eine große Abbruchbaustelle vorfinden, an der nur noch die Betonzacken des Panoramarestaurants ins Tal ragen. Aber bald werden auch sie abgesägt und der Altbau wird als Fundament des Neubaus hinter einer Natursteinwand verschwinden.

Ostern 2012 soll das neue Drachenfelsplateau eröffnet werden, aber auch während der Bauzeit lohnt sich der Aufstieg, denn von oben ist der Blick über Bonn und das Rheintal einfach immer erhebend.

Uta Winterhager

 

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Abbruchstimmung auf dem Drachenfels. Alles muss weg – nur die Bergstation der Zahnradbahn wird am Tor zu Schloss Drachenburg (ohne das nierenförmige Dach) wieder aufgebaut.

Foto: Dirk Krüll

Der neue Glaskubus wird an das Hotel aus den 30er Jahren angeschlossen

Visualisierungen: Pool 2 Architekten

Hinter der Natursteinwand wird der Keller des Altbaus versteckt

Visualisierungen: Pool 2 Architekten

In Zukunft gibt es weniger Architektur dafür mehr Panorama

Visualisierung: Pool 2 Architekten

Nur der Keller des Panoramarestaurants steht noch und wird das Fundament des neugestaltete Plateaus bilden.

Foto: Dirk Krüll

Landschaftliches Erleben: Freie Sicht auf die Burgruine

Foto: Dirk Krüll

Schon nach 30 Jahren mochte niemand mehr den Entwurf des Kölner Architekten Ernst Sapia.

Foto: Dirk Krüll