Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Entschleunigte Preise

Der Kölner Architekturpreis 2010 ist vergeben: Aus 104 eingereichten Arbeiten erhalten fünf Projekte eine Auszeichnung, neun weitere eine Anerkennung.

Architekturpreise in Deutschland – so scheint es – stehen im Gegensatz zu unserer schnelllebigen Zeit. Ihr Rhythmus ist merkwürdig unregelmäßig, mal werden sie jährlich abwechselnd von BDA Land und Bund vergeben, mal zugleich – und dann werden auf der nächsthöheren Ebene noch die Preisträger der darunter liegenden berücksichtigt. Aber egal, ein Preis ist immer eine große Ehre – und in diesem Jahr gibt es nach einer Durststrecke 2008 und 2009 wieder mehrere Preise: Die „Nike“ vom BDA wurde bereits im Mai verliehen, die „Nike für Preis und Leistung“ ging sogar nach Köln, an Schilling Architekten für ihr 2006 mit dem Kölner Architekturpreis ausgezeichnetes Verwaltungsgebäude der Stadtentwässerungsbetriebe. Am kommenden Montag gibt es die „Auszeichnung vorbildlicher Bauten in NRW 2010“ und jetzt war erst mal die Preisverleihung zum Kölner Architekturpreis 2010 dran.

Alte Bekannte …

Diese Vergabepraxis – der letzte Kölner Architekturpreis wurde 2006 verliehen – bringt es aber mit sich, dass man zumindest bei einigen der Projekte fragt: „Wie? Jetzt erst?“. Ganz sicher beim wohl bekanntesten Preisträger: Kolumba, das Kunstmuseum des Erzbistums Köln aus dem Jahr 2007. Peter Zumthor hat für dieses in seiner Zurückhaltung überragende Bauwerk schon den „Preis für Architektur in Deutschland 2008“ erhalten und in der Jurybegründung zum Pritzker-Preis 2009 wird Kolumba ausführlich erwähnt. Auch die Jury des Kölner Architekturpreises hat sich einstimmig für die Preisvergabe ausgesprochen – und lobt: „Seine geniale Fähigkeit, den Geist der Sinn- und Antwortsuche, der Besinnung und der Demut in zeitlose haptische und optische Qualitäten zu übersetzen, lässt die Prophezeiung zu, dass Peter Zumthors Kolumba auch in hundert Jahren noch den Kölner Architekturpreis gewinnen würde.“

Ebenfalls bekannt und mit dem Schulbaupreis NRW 2008 ausgezeichnet, ist die Offene Ganztagsschule der Grundschule Buschfeldstraße. Über das in Form und Farbe ungewöhnliche Haus mit der markanten Eingangsspitze sagt die Jury: „es strahlt eine selbstbewusste Eigenständigkeit aus und definiert eine eigene Haltung die den Betrachter anregen, selber über die vordefinierten Grenzen zu sehen.“ Und das, so schlussfolgert die Jury, sei für ein Schulgebäude genau richtig.

… scheinbar Bekannte …

Bei einem weiteren ausgezeichneten Projekt fragt man sich: „Haben die dafür nicht schon einen Kölner Architekturpreis bekommen?“ „Fast richtig“, ist die Antwort. Trinkt + Kreuder d.n.a. haben den Kölner Architekturpreis 2003 für die Umnutzung der Seilerei F&G in Mülheim bekommen. 2010 sind die „Seilerhöfe“ dran – schon mit dem „best architects 09” Award ausgezeichnet. Auf dem gleichen Gelände gelegen wurde hier die ehemalige Lagerhalle zu Büros umgestaltet. Die bewegte Geschichte des Industriebaus wird nicht versteckt, sondern spiegelt sich in den unterschiedlichen Materialien und wegen der Tiefe des Gebäudes wurden zahlreiche Innenhöfe integriert, die zum bestimmenden Element des Bürogebäudes wurden, wie die Jury anerkennend hervorhebt: „Hinter den Fassaden verbergen sich wahre Bürooasen. Private und halböffentliche Innenhöfe unterschiedlichster Ausformung liegen in der Tiefe der Hallen und werden von den Nutzern als erweiterte Arbeits- und Aufenthaltsräume genutzt.“

… und versteckte Entdeckungen

Vom gleichen Architekturbüro stammt auch ein Projekt, das gar nicht so leicht zu entdecken ist. Schon der Name „hw rod“ ist kryptisch – es ist die Lagerstätte für Hochwasserschutzelemente in Rodenkirchen. „Leider kann fast niemand dieses Gebäude sehen“, bedauert auch die Jury, denn es versteckt sich hinter Bäumen und abgeschlossenen Toren. Dabei ist es wirklich sehenswert: Statt einer Standardhalle haben die Architekten hier ein nierenförmiges Gebäude mit gewellter Oberfläche geschaffen, das die Flächenversiegelung so gering wie möglich hält. Der besondere Clou aber sind die drei Mini-Innenhöfe, in denen bestehende Bäume erhalten wurden und die nun der Belichtung dienen. „Es bleibt zu hoffen“, schreibt die Jury in ihrer Begründung, „dass dem Interessierten wenigstens an einigen ausgewählten Tagen diese Halle geöffnet werden kann, der wunderschöne, fast sakrale Innenraum erlebbar wird und man sehen kann, wie mit wenig Geld aus einer so profanen Bauaufgabe so viel Funktionales und Schönes ohne Zierrat entstehen kann“.

Dann doch etwas leichter zu entdecken ist das „Wohnhaus Schlegelstraße“ in Lindenthal von jäck_molina Architekten. Von außen – insbesondere in der Gartenansicht – wirkt es eher wie ein verunglückter Bauherren-Verschönerungsversuch mit Baumarktunterstützung. Von innen schlängeln sich auf Raumbreite, aber 22 Metern Tiefe, die Nutzungsbereiche bis in den Garten hinein gekonnt aneinander. Als besonders bemerkenswert empfindet die Jury die schmal geschlängelte Treppe, die sich wie eine Skulptur über die Ebenen windet: „Großartig und erhellend war dieser Aufstieg. Die Licht – und Raumfülle des Hauses erfährt man auf dieser alle Räume vernetzenden Treppe.“

 

Anerkannt gut

Neben den fünf Preisträgern erhalten weitere neun Projekte eine Anerkennung:

Hohe Domkirche Köln – Neubau Zugangsbauwerk zum Südturm
Architekt: Kaspar Kraemer Architekten BDA
Bauherr: Metropolitankapitel der Hohen Domkirche Köln

Umbau und Erweiterung Geißbockheim 1. FC Köln
Architekt: Römer Partner Architektur
Bauherr: 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA

Haus Rollinger
Architekt: Johannes Götz und Guido Lohmann
Bauherr: Familie Rollinger

Büro- und Logistikcenter „Alpha eins“
Architekt: Giuliani.Hönger Architekten ETH BSA SIA
Bauherr: HIBA Grundbesitz-GmbH & Co. KG

Kranhäuser Rheinauhafen
Architekt: BRT Architekten Bothe Richter Teherani auf Grundlage der Entwürfe des Workshops der ARGE 1. Preisträger Rheinauhafen Köln: „Bothe Richter Teherani, Busmann und Haberer, Linster, Schneider-Wessling und Abbing“ vom April 1993
Bauherr: moderne stadt Köln + Development Partner AG, Düsseldorf + Pandion AG, Köln

Pumpwerk St. Leonardus-Straße
Architekt: ASTOC architects & planners
Bauherr: Stadtentwässerungbetriebe Köln AöR

Mehrfamilienhaus als Baulückenschließung im Innenstadtbereich
Architekt: Raderschall Architekten BDA
Bauherr: Wolfgang Raderschall

hdak-Kubus – Interimsquartier für das Haus der Architektur
Architekt: gernot schulz : architektur BDA
Bauherr: Verein zur Förderung von Architektur und Städtebau

Meetingpoint plan09
Architekt: LHVH Architekten
Bauherr: plan project Sabine Voggenreiter und Kay von Keitz GbR

 

Präsentation der Preisträger

Die fünf ausgezeichneten Projekte werden gemeinsam am 27. September um 19 Uhr in den Spichernhöfen präsentiert, zwischen dem 4. und 13. Oktober finden Einzelpräsentationen in der „Sehstation“ auf dem Offenbachplatz statt. Vom 4. bis zum 16. Oktober werden im Haus der Architektur alle 14 Preisträger in einer Ausstellung präsentiert. Einen Überblick über alle 104 Teilnehmer gibt eine Ausstellung vom 25. September bis 4. Oktober in den Spichern Höfen.

 

Barbara Schlei
Redaktion koelnarchitektur.de

>>Homepage des Kölner Architekturpreises

 

Kolumba aussen 02

Außen ein monolithischer fast abweisender Baukörper erschließen sich dem Besucher im Inneren klare Räume und Durchgänge von fast karger Eleganz.

OGTS_Schilling_Ansicht-Suedwest

Mit dynamischer Form über trapezförmigem Grundriss, verläuft der zweigeschossige, orange-rot lasierte Erweiterungsbau der Bertold-Otto Grundschule im Kölner Stadtteil Holweide parallel zur Straße.

kap2010 hw rod innen

Das Lager für Hochwasserschutzelemente von innen – die Innenhöfe dienen der Belichtung und dem Erhalt des Baumbestandes.

Seilerhöfe. Büro, Atelier und Produktion in ehemaligen Lagerhallen.
Foto: Christian Richters, Münster