Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Das kann ich hier schon mal ausschließen

Der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters stellt beim BDA-Montagsgespräch seine Ideen zur Stadtentwicklung vor.

Das BDA-Montagsgespräch am 31. Mai konnte mit prominentem Besuch aufwarten: Wie gewohnt im Domforum fand sich dieses Mal der im letzten Jahr neugewählte Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters ein, der nach einer kurzen und bündigen Einführung des Vorsitzenden des BDA-Nordrhein-Westfalens Martin Halfmann seine Vorstellungen der Kölner Stadtentwicklung vorstellte. Grund für den ersten Besuch eines Kölner Bürgermeisters sei, so Halfmann, dass dieser die Stadtentwicklung „zur Chefsache“ gemacht, also direkt seiner Person unterstellt habe. In seiner Funktion als Sprecher der BDA-Architekten im Lande wies Halfmann zudem darauf hin, dass Planerinnen und Planer die Erfahrung gemacht hätten, dass nicht in erster Linie die Menge an Stadtentwicklungsverfahren problematisch gesehen würde, sondern viel mehr deren Vorbereitung von Seiten der verantwortlich Handelnden der Städte und Kommunen.

Der SPD-Mann Roters stellte im Folgenden seinen Vortrag unter den Titel „Gegensätzliche Entwicklung von Stadtteilen – eine Aufgabe für die Stadtentwicklung“. Zunächst stand dabei die Situation der Stadt Köln im Fokus seiner Betrachtungen. Die in Fachkreisen bekannten Themen des demografischen Wandels, der Desintegration von Bevölkerungsgruppen, Struktur- und Klimawandel, sowie die rückläufigen Wahlbeteiligungen bei gleichzeitig schrumpfender Finanzkraft legte Roters anschaulich, kurz und bündig dar. Mit verständlichen Grafiken wies er „Problemviertel“ der Stadt und somit Handlungsfelder für die künftige Stadtentwicklung aus. Entlang eines Gürtels im rechtrheinischen von Nord nach Süd von Mühlheim, Kalk und Gremberghoven nach Finkenberg – aber auch im linksrheinischen Hipsterviertel Ehrenfeld – kulminieren die Probleme der Stadt: Eine hohe Arbeitslosenquote trifft auf die niedrigsten Zahlen an Schulabgängern mit Abitur oder Realschulabschluss, die Wahlbeteiligung ist zudem gering. Roters, der sich als „deutlicher Verfechter der europäischen Stadtkultur“ verstanden wissen wollte, plädierte hier für eine ganzheitliche Entwicklung, die eben jene Viertel auf den Kölner Durchschnitt heben solle.

Sektorale und räumliche Stadtentwicklung

Die Konzepte, die die Stadt dabei als Werkzeuge ansetzten will – oder bereits ansetzt – beschrieb der Oberbürgermeister als vielfältig und unterschied zwischen sektoraler und räumlicher Stadtentwicklung. Im Rahmen dieser sektoralen Entwicklung nannte er mehrere Wohnbaukonzepte sowie Konzepte die Wirtschaft, Verkehr oder den demografischen Wandel angehen sollten, so Roters. Die räumliche Stadtentwicklung solle vor allem den Blick ins rechtsrheinische richten, den Deutzer Hafen oder das Gebiet der Fachhochschule in Deutz und deren möglichen Umzug nach Bayenthal anpacken. Auch die Weiterführung des Grüngürtels in eben jenem Bereich in Bayenthal, der als möglicher neuer FH-Standort in Frage kommt, spiele hier eine Rolle. Darüber hinaus nannte Roters mit der Förderung von Tempo-30-Zonen in „wenn möglich allen Wohngebieten“, die Stärkung der Fahrradfreundlichkeit Stadt und der baulichen Verdichtung der Innenstadtbereich zur Bekämpfung einer ausfasernden Zersiedelung der Stadtränder aktuelle – und populäre – Themen, die ihm als dringlich gelten.

Die anschließende Fragerunde, moderiert durch den Kölner BDA-Vorsitzenden Stefan Schmitz, versuchte dann einige Problemstellungen die durch Roters angerissen wurden, einzukreisen und zu klären. Ein Unterfangen das leider misslang, was dennoch zu einigen Interessanten Verlautbarungen der Teilnehmer führte. So bekannte Roters, dass die Ansiedelung eines schwedischen Möbelhändlers am Butzweiler Hof in seinen Augen als Fehler zu werten sei, da so zuviel Kaufkraft aus dem Innenstadtbereich abgezogen worden wäre. In Bezug auf den möglichen Umzug der FH vom Kölner Osten in den Süden, verstrickte sich Roters dann jedoch in einige Widersprüche. So läge die Entscheidung über den Umzug nicht bei der Stadt, sondern beim Land. Doch wer genehmigt einen potentiellen Neubau, wenn nicht die Stadt? Zudem betonte Roters die Wichtigkeit von „Schul- und Bildungsinseln“, die mehrere Bildungseinrichtungen zentral zusammenführten, vor allem mit Blick auf „neun Hauptschulen, die die Stadt in Zukunft schließen“ müsse. Eine solche Insel der Bildung könne auf dem Gelände der ehemaligen Dombrauerei südlich der Bahngleise viel besser entstehen als in Deutz. Dass es in Umfeld der Deutzer FH jedoch bereits mehrere andere Schulen mit ähnlichem Potential gibt, wurde nicht erwähnt. Dennoch hob Roters hervor, diese Projekte nicht „über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden“ zu wollen.

Ausschlussverfahren und verpuffte Explosivität

Ob Jürgen Roters seinen eigenen und an diesem Abend präsentierten Ansprüchen gerecht werden kann, wird sich zeigen. Dabei muss er sich auch an den eigenen Aussagen messen lassen, wie jener, über das Ehrenfelder Helios-Gelände. Bezugnehmenden auf besorgte Anwohnerstimmen ob der Pläne auf dem Areal eine Shopping-Mall zu errichten, sagte Roters: „Dass da neue Kalk-Arkaden verwirklicht werden, kann ich hier schon mal ausschließen.“ Dem Kölner BDA sei für die Zukunft gewünscht, dass er das Potential, das seine Veranstaltungen regelmäßig innehaben, besser nutzen möge. Vor allem die abschließende Diskussion kam ob der Länge der einzelnen Wortmeldungen kaum in Schwung, auch die Fragen des Moderators hätten griffiger sein dürfen. So verpuffte die Explosivität die einigen Fragestellungen inhärent war – und noch ist – im schönen Bau von Fritz Schaller am Dom.

David Kasparek

Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) im Gespräch mit dem Vorsitzenden des BDA-Köln, Stefan Schmitz.

Foto: Christian Wendling

So sieht der Masterplan von AS&P die Fortführung des Grüngürtels im Kölner Süden: Oben der Ist-Zustand, darunter die Vision, in der auch die Gebäude des IWZ der Kölner Fachhochschule ihren Platz finden könnten.

Rechte: Albert Speer & Partner

Viel Potential für Neues: Der Masterplan von AS&P ist „ein Leitfaden für die kommenden Stadtentwicklungsprojekte“, so Oberbürgermeister Jürgen Roters.

Rechte: Albert Speer & Partner