Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Warum es am Rhein so schön ist…

Das Architekturforum Rheinland startet eine Veranstaltungsreihe zur Stadtentwicklung am Rhein

Im Rheinland gibt es wirklich noch viel zu entdecken! Zum Beispiel die Gebäude der 50er Jahre in Köln, die mit der Diskussion über die Sanierung der Oper oder mit dem Projekt „Liebe deine Stadt“ des Künstlers Merlin Bauer in den letzten Jahren wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt sind. Aber auch aus anderen Zeiten lassen sich interessante Gebäude und Leitbilder des Städtebaus wiederfinden, die im Alltag zunächst leicht übersehen werden.

Hier setzt die aktuelle Veranstaltungsreihe des Architekturforum Rheinlands (AFR) an, die sich exemplarisch mit der Entwicklung der Städte im Rheinland beschäftigt. Damit wird das Thema einer Ausstellung aufgriffen, die im November dieses Jahres in Köln zu sehen sein wird. Unter dem Titel „1910-2010+. Dynamik und Wandel der Städte am Rhein“ wird das Museum für Architektur und Ingenieurkunst (M:AI) eine Städtebauausstellung im RheinForum zeigen. Diese Städtebauausstellung wurde in Kooperation mit der Regionale 2010 und dem Kolleg-Stadt-NRW (TH Aachen, TU Dortmund, BU Wuppertal) entwickelt und zeichnet 100 Jahre Stadtentwicklung in den Städten von Bonn bis Duisburg nach.

Eine Reise als Einstieg

Der Überblick entlang des geographischen Raumes und seiner Entwicklung über 100 Jahre bildet als sogenannte „Rheinreise“ den Einstieg in die umfassende Ausstellung. Die unterschiedlichen Schnittstellen der Stadtentwicklung in den Städten Bonn, Köln, Leverkusen, Neuss und Duisburg werden mit einer Vielzahl von Einzelthemen im Schwerpunktbereich „Stadtwandel“ dargestellt. Schließlich wird die Ausstellung auch einen Blick in die Zukunft wagen. In verschiedenen Szenarien sollen aktuelle Fragestellungen an die Stadt erläutert und Bilder für die Stadt der Zukunft am Rhein gezeichnet werden.

Dabei stehen die Städte entlang des Rheins beispielhaft für die Wandlungsprozesse von der Moderne bis ins 21. Jahrhundert, die auch in anderen europäischen Städten zu beobachten sind: Die Ausstellung erzählt die Geschichte und Geschichten von den sich fortwährend erneuernden Städten und des Umlandes, von Veränderung der Lebens- und Arbeitsräume, von gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, die die Stadtgestalt bestimmen und nicht zuletzt von Menschen, deren Ideen und Ideale erheblichen Einfluss auf die Stadtentwicklung nahmen.

Schöne neue Welt: das Rheinland und die Moderne

Auch die Moderne hat zahlreiche spannende Spuren im Rheinland hinterlassen. Die Vorträge am vergangenen Montag beleuchteten zwei Bautypologien, die auf den ersten Blick so gar nichts gemeinsam zu haben scheinen: die Entstehung der modernen Industriebauten mit dem Auftakt der Kunst- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902 (Vortrag Dr. Walter Buschmann) und die zahlreichen Kirchen im Rheinland, die eine Entwicklung der Moderne von den zwanziger Jahren bis in die sechziger Jahre hinein widerspiegeln (Vortrag Prof. Dr. Stefanie Lieb).

Das sich die Ideenwelt der Moderne in den neuen Industriebauten unmittelbar umsetzen lässt, liegt schon in der „neuen“ Bauaufgabe begründet. Spätestens mit der Musterfabrik von Walter Gropius auf der Werkbundausstellung 1914 in Köln beginnt der Typus der Industriearchitektur sich in einer neuen Konstruktions- und Formensprache zu entwickeln. Die zentrale Dampfmaschine wird von dem maschinenbezogenen Elektroantrieb abgelöst, die Architektur der Maschinenhalle kann sich nun mit großen Spannweiten und neuen Konstruktionen unabhängig als „Architektur“ entfalten. Während sich hier also die Moderne bereits mit der Entwicklung von Beginn des Jahrhunderts an durchsetzte und damit seinen internationalen Vorbildern unmittelbar folgt, scheint der Kirchenbau zunächst nur zögerlich als Bauaufgabe der Moderne wahrgenommen zu werden. Mit Ausnahme von Le Corbusier widmeten sich die Architekten auch international nur am Rande dem Kirchenbau. „Eine Kirche wie eine Maschine“ sollte zum Beispiel deshalb auch die Stahlkirche in Essen von Otto Bartning aus dem Jahr 1930 sein. Die herausragenden Architekten im Rheinland von Otto Bartning über Rudolf Schwarz und Dominikus Böhm bis zu Emil Steffann, Hans Schilling und anderen haben zahlreiche Beispiele moderner Kirchenarchitektur erst seit den dreißiger Jahren und dann verstärkt in der Nachkriegszeit umgesetzt.

Mit wachen Augen lassen sich nicht nur in Köln einige besondere Beispiele der Moderne wiederfinden, wie die Vorträge beispielhaft anhand der Themen Industrie- und Kirchenbau gezeigt haben. Es lohnt sich also, etwas genauer hinzusehen, um zu entdecken, was noch in den Städten im Rheinland aus 100 Jahren Bau- und Planungsgeschichte zu sehen ist und wohin sich unsere Städte entwickeln können. Die geplante Ausstellung „Dynamik und Wandel der Städte am Rhein“ wird hierzu zahlreiche weitere Aspekte ergänzen und vertiefen – ein Jahrhundert der Stadtentwicklung im Rheinland bietet viele Themen.

Ragnhild Klußmann

Die nächste Veranstaltung in dieser Reihe findet am 01.03.10

um 19.30 Uhr im Domforum zum Thema: Der Super-„Gau“: Nationalsozialistische Stadtplanung im Rheinland statt.

Weitere Vorträge widmen sich unter anderem den Themen „Entwicklung zur Großstadt“, „Wiederaufbau“, „Großsiedlungen“ oder „Denkmalschutz“.

Weiterführende Links

Homepage des Kolleg-Stadt-NRW

Homepage des AFR

Homepage des M:AI

Ford-Werke Köln Verwaltungstrakt, Architekt Edmund Körner

Foto: Dr. Walter Buschmann

Ausstellungshalle KHD Deutz AG, Architekt Bruno Möhring

Foto: Stadt Köln, Stadtkonservator

St. Engelbert in Köln, Dominikus Böhm

Foto: Prof. Dr. Stefanie Lieb

Fronleichnamskirche Aachen, Rudolf Schwarz 1930

Foto: Christian Eblenkamp