Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Et es wie et es

Zwei Ausstellungen im Stadtmuseum zeigen Köln-Fotos von damals und heute.

Erst ging es ganz schnell – dann passierte lange gar nichts. Dieser für Kölner Bauvorhaben schon symbolische Vorgang lässt sich wunderbar an der Fotoserie von Eusebius Wirdeier beobachten: Das einzige was sich am berühmt gewordenen „Kölner Loch“ über Jahre veränderte waren die davor geparkten Autos und die Zahl der Blätter an den Bäumen. Vom 7.7.2003 bis zum 15.2.2005 ist das vom gegenüber liegenden Kunsthaus Lempertz aufgenommene Bild immer das gleiche. Es zeigt die Baugrube, die nach dem Abriss der Josef-Haubrich-Kunsthalle und des Kölnischen Kunstvereins entstand und aufgrund von Planungsänderungen und Finanzierungsproblemen über Jahre das bauliche Umfeld des Neumarkts bestimmte.

Stadtplanung als Daumenkino

Erst auf dem Foto vom 17.3.2005 beseitigt ein Bagger das inzwischen sprießende Grün vom Grund der Baugrube, aus der dann langsam ein Gebäude wächst. Das dokumentieren die übrigen Fotos der Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum, die mit dem Titel „Köln wie es ist“ wohl kaum eine Bestandsaufnahme aktuellen Kölner Bauens ausdrücken will, sondern der Kölner Verhältnisse. Das vorläufig letzte Foto vom 30.10.2009 zeigt das schicke, fast fertige Kulturzentrum mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum. Auch hier hat die Planungswirklichkeit den Fotografen eingeholt – eigentlich sollte der Bau längst fertig, das Museum eröffnet sein. Baumängel verzögern aber die Fertigstellung, so dass zwei leere Bilderrahmen den Abschluss der Ausstellung bilden: Foto 39 wird im Dezember 2009, 40 im Januar 2010 entstehen – dann ist die Bildserie, die bereits am 30.10.2002 begann, vollendet und das zugehörige Daumenkino kann fertiggestellt werden.

Dokumentarisches Werk

In der Motivfülle zu umfangreich für ein Daumenkino ist die andere Fotoausstellung, die parallel im Stadtmuseum gezeigt wird: „Köln wie es war“ zeigt 100 Fotografien von August Sander. Der Titel stammt von Sander selbst: 1953, nachdem er das kriegszerstörte Köln dokumentiert hatte, stellte er eine Mappe aus 407 älteren Fotos zusammen, die die Stadt vor dem Zweiten Weltkrieg zeigen. Es waren die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, die Sander zwischen 1920 und 1939 zu einem akribischen Archivar seiner Umgebung werden ließen. Neben seinem Hauptwerk „Menschen des 20. Jahrhunderts“ entstanden so auch unzählige Fotos von Fabrikanlagen und Brücken, Kirchen und Denkmälern, Einkaufsstraßen und Wohngebäuden.

Brillant belichtet

Viele der Fotos sind sehr gute dokumentarische Aufnahmen, einige aber stechen als fotografische Highlights hervor: Die Bilder der Hohenzollernbrücke oder von St. Kolumba hinter dem Dischhaus spielen brillant mit dem Licht. Der Verdacht dass August Sander sie bearbeitet hat, liegt nahe, retuschierte er seine Fotos doch teils sehr aufwändig. Und obwohl die Ausstellung das in einer kleinen Vitrine verdeutlicht, wird leider nicht klar, welche Fotos bearbeitet wurden. Auch ein Stadtplan mit den jeweiligen Standpunkten der Fotos würde helfen nachzuvollziehen, wie sehr sich Köln verändert hat, denn ausschließlich anhand der Betitelung ist nicht immer auszumachen wo das Bild gemacht wurde. Insgesamt aber zeigt das Stadtmuseum hier zwei wertvolle Ausstellungen zum Stöbern und Nachdenken.

Vera Lisakowski

Eusebius Wirdeier: Köln wie es ist – Eine fotografische Grubenarbeit 2002-2010

August Sander – Köln wie es war

bis 7. Februar 2010

Kölnisches Stadtmuseum

Zeughausstraße 1-3

50667 Köln

Öffnungszeiten: Mi-So. 10-17 Uhr, Di. 10-20 Uhr

Der Blick von unten – Geschichte des Kölner Lochs

Homepage des Kölnischen Stadtmuseums

Homepage von Eusebius Wirdeier

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Das ‚Kölner Loch‘ am 30.10.2003: Die Baugrube wird langsam grün, ein H markiert den Hubschrauberlandeplatz für Investoren.

Foto: Eusebius Wirdeier

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Das Gelände am 30.10.2009, das neue Kulturzentrum mit Rautenstrauch-Joest-Museum.

Foto: Eusebius Wirdeier

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Mit dem Foto der alten Kunsthalle vom 30.10.2002 beginnt die Serie.

Foto: Eusebius Wirdeier

sander kolumba

Dischhaus und St. Kolumba, entstanden zwischen 1930 und 1934.

Rechte: Kölnisches Stadtmuseum