Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Virtuell und ohne Standortprobleme

Das Forschungsprojekt ´virtuelles museum//kölner sport´ der FH Köln und der SpoHo für einen web-Erlebnisraum rund um den Kölner Sport

Ob Gullideckel, Kofferradios oder Orangenpapierchen – so genannte virtuelle Museen wuchern überall im Netz, meist allerdings nur als web-Kataloge seltsamer Sammeltriebe. Komplexere Ausführungen kennt man als virtuelle Ableger zu real existierenden Museen, wie etwa die webpage des DHM in Berlin. In eine andere Richtung geht das „virtuelle museum // kölner sport.“ Es steht nicht in Verbindung mit dem Deutschen Sport- und Olympiamuseum, wie man vielleicht meinen könnte, sondern soll als rein virtuelle Austauschplattform mit interaktiven Tools „Erlebnisräume“ bieten, die alles zugleich sind: Informations-, Ausstellungs- und Kommunikationsstätten.

Derzeit entwickelt wird der Prototyp Müngersdorfer Sportpark, seit seiner Gründung 1923 Austragungsort vieler wichtiger Sportereignisse. Diese kann der Besucher im zukünftigen virtuellen Museum nach den drei Kategorien Ort, Zeit und Sportart in „Kollektionen“ ansehen. Darin werden auch so genannte Nachstellungen enthalten sein: historische Fotos werden durch eine bestimmte Überblendtechnik mit solchen kombiniert, die aktuell vom gleichen Standpunkt aus aufgenommen wurden. Eine herrliche Chance für die Studenten: Die besten Ergebnisse des Semesters im Fach Architekturfotografie kommen gleich ins Museum.

Zeigt her eure Schuh‘

Ein weiteres Projektbeispiel ist „Cybersneaker – dein Schuh, dein Sport, deine Geschichte.“ Für manche Sportler, nicht nur für die Profis, haben ihre Schuhe mehr als nur einen praktischen Nutzen. Sie sind Souvenirs errungener Erfolge, durchgestandener Strapazen oder einfach glücklicher Momente. Auf cybersneaker.de werden diese Schuhgeschichten gesammelt. Hier gibt es Bild-, Schrift- und Tondokumente von grenzüberschreitenden Wanderschuhen, von leidenschaftlichen Tanzschuhen und lügnerischen Fußballschuhen. Die Aktion läuft noch und hat zum Ziel, die Kölner Bürger früh auf das virtuelle museum // kölner sport aufmerksam zu machen und sie in seinen Entstehungsprozess einzubinden.

Architektur und Forschung

An der Fachhochschule Köln wurde im April 2008 der Forschungsschwerpunkt Corporate Architecture gegründet mit der Zielsetzung einer interdisziplinären Zusammenarbeit der Fakultäten in der angewandten Forschung. Beim Institut für Gestaltung der Fakultät für Architektur ist die Leitung des Forschungsschwerpunktes angesiedelt. Ausstellungsarchitektur – etwa in Firmenmuseen – ist eine der Hauptkompetenzen des Fachbereichs. „Die Grundlagenforschung bleibt weiterhin Hoheitsgebiet der Universitäten, aber die FH erkennen zunehmend Potentiale im Bereich der Drittmittelforschung“, meint Prof. Jochen Siegemund, Leiter des Instituts für Gestaltung, Medien, Objekt und Raum an der FH. Die Rheinenergie Stiftung Jugend Beruf Wissenschaft finanziert das Vorhaben des virtuellen Sportmuseums über zwei Jahre mit 120.000 Euro.

Das interdisziplinäre und sogar hochschulübergreifende Forschungsvorhaben ist in Deutschland Pilotprojekt. Weitere Beteiligte sind das Institut für Medienforschung und –pädagogik und der Studiengang Medieninformatik an der FH und das Institut für Sportgeschichte an der Deutschen Sporthochschule Köln. Hier werden von Dr. Gabi Langen die ungehobenen Schätze des Vereinsarchivs „Kölner Sportgeschichte e.V.“ gehütet – alte Bundesliga-Eintrittskarten, Plakate und vieles mehr –, die das historische Material für das Museum darstellen.

„Auf der Suche nach einer angemessenen und innovativen Form des Umgangs mit der historischen Dimension des Sports in Köln, die gleichermaßen anschaulich und wissenschaftlich fundiert ist, bietet ein ‚virtuelles Museum‘ neue Möglichkeiten,“ so Siegemund. Dabei geht es nicht nur um Geschichte, sondern auch um Geschichten, um den Sportalltag, um Spielstätten und Zeitzeugenberichte. Geplant sind Diskussionsforen, Online-Befragungen oder virtuelle Landkarten, auf denen der Besucher besondere Orte der Kölner Sportgeschichte finden kann. Möglicherweise werden auch Elemente aus den „electronic sports“ integriert, die den Nutzer zur Interaktion einladen, und Techniken der Augmented Reality, also der computergestützten Erweiterung der Realitätswahrnehmung, wie man sie schon aus Fernsehaufzeichnungen kennt.

Die Fragen, die im Projekt erkundet werden sollen, sind die folgenden: Gelingt es dem virtuellen Museum, historische Inhalte zu vermitteln? Kann hier zum Thema Sport ein Austausch über die Generationen hinweg zustande kommen? Kann es Einflüsse auf die Beteiligung am Sport, ob aktiv im Training oder passiv als Zuschauer, in der physisch realen Welt geben? Wird die technische Umsetzung den Zielen gerecht? Wie auch immer die Projektergebnisse aussehen werden, eins ist jedenfalls sicher – es wird das einzige Kölner Museum ohne Standort-Probleme.

Ira Scheibe

Schuhgeschichten:

Auf cybersneaker.de kann man Schuh-Memory spielen.

Viele Spielfelder will das Museum bearbeiten. Die Themen reichen von Information über Interaktion bis zur Identifikation.