Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Starke Struktur

Das ehemalige Lufthansa-Hochhaus in Deutz bekommt eine neue Fassade

Die Aufwertung der rechten Rheinseite geht weiter. Im Rahmen der Regionale 2010 soll die große Freitreppe zum Rheinufer zwischen Deutzer- und Hohenzollernbrücke entstehen, die alten Messehallen werden von RTL und Talanx bezogen, seit 2005 gibt es das Köln-Triangle, weitere Baumaßnahmen sind für den Bereich des Deutzer Bahnhofs und der sogenannten Messe-City Deutz geplant. Mag man auch von den architektonischen Ergebnissen halten was man möchte, die „Schälsick“ wandelt sich zweifellos. Am östlichen Kopf der Deutzer Brücke steht mit dem ehemaligen Lufthansa-Hochhaus ein Gebäude, an dem sich die Geister scheiden. Für die einen ist es ein Stück gebaute Zeitgeschichte, in dessen goldbedampften Scheiben sich die Abendsonne „…so wunderbar spiegelt“, für andere ist es ein Stück furchtbare, stadtzerstörende Architektur, die an dieser Stelle dringend getilgt werden sollte.

Zwischen 1967 und 1969 von Johannes Mroncz und Eberhard Zunn erbaut, gliedert sich der 95 Meter hohe Bau in zwei Baukörper: ein 22 Geschosse hohes Hochhaus an der Mindener Straße und einen westlich daran anschließenden elfgeschossigen Riegel der zum Rhein hin terrassiert abfällt. Die Fassade des Baus mit seinen golden schimmernden Fenstern wird von Betonfertigteilen klar getaktet. Kontrastiert wird diese horizontale Struktur der beiden Hauptbaukörper durch außenliegende Treppenhäuser als vertikale Elemente. Dies kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass der Bau jegliche Kommunikation mit der Stadt vermissen lässt. Weder das Rheinufer ist adäquat angebunden, noch finden sich die Adressen der Gebäudeteile für die Passanten nachvollziehbar im Stadtraum.

Der Bau von 1969 hat Qualitäten

Mit dem im Februar entschiedenen und von Hochtief ausgelobten Fassadenwettbwerb sollten nun gleich zwei Probleme gelöst werden: Zum einen sollten zwei ablesbar voneinander unabhängige Baukörper geschaffen werden und zum anderen sollte eine zeitgemäßere und damit besser zu vermarktende Fassade auf die vorhandene Struktur gelegt werden. Wie man eine solche Struktur aus den siebziger Jahren mittels neuer Fassade revitalisiert haben etwa blauraum architekten mit ihrem Projekt in der Hamburger Bogenallee bewiesen. Neben dem Fakt, dass sich eine Wandlung erzielen lässt, wurde hier auch der Beweis erbracht, dass die Strukturen einiger Bauten aus jenen Jahren extrem flexibel sind. Stefan Forster hat das mit seinen Um- und Rückbauten von Plattenbauten in Leinefelde ebenso eindrücklich aufgezeigt.

Unter dem Vorsitz von Wolfgang Döring entschied sich die Jury aus Michael Arns, Dörte Gatermann, Kaspar Kraemer, Jürgen Minkus, Rolf Müller und Bernd Streitberger Ende Februar in einem als Einladungswettbewerb ausgelobten beschränkten Wettbewerb dafür, den ersten Preis an HPP Hentrich-Petschnigg & Partner zu vergeben. Der zweite Preis ging an JSWD Architekten aus Köln, mit dem dritten Platz wurde der Entwurf von Petzinka Pink Technologische Architektur aus Düsseldorf ausgezeichnet. Hochtief hat das Projekt schneidig mit „maxCologne“ tituliert und erhoffte sich vom Wettbewerb „ein Maximum an Ausstattungsqualität und Nutzerkomfort, verbunden mit der exponierten Lage im Kölner Stadtbild“. Sowohl der Altbau als auch die Lage bieten die Voraussetzungen dafür.

Zwei Adressen, eine Fassade

Der Entwurf von HPP sieht dabei vor, zwei deutlich von einander getrennte Baukörper auszubilden, die über die Fassade aus gleichförmigen Glaselementen wieder in Bezug zu einander treten sollen. Das bisher außenliegende Treppenhaus des Hochhauses wird in diese Fassade ebenso integriert, wie die Terrassen des rheinseitigen Riegelbaus. Zwar bleiben diese Terrassen erhalten, um den Baukörper jedoch ein ruhigeres Äußeres zu verleihen werden sie in den oberen Stockwerken jeweils um soviel größer, dass sie eine gemeinsame Gebäudekante zum Rhein hin bilden. Zusätzlich soll dieser Baukörper mit einem großen Flugdach versehen werden.

Zwischen dem Kennedy Ufer, der Deutzer Brücke und der Mindener Straße soll so ein neuer Platz auf Höhe der Auffahrt zur Deutzer Brücke entstehen, der die Häuser tatsächlich an die Stadt anbindet. In den Erdgeschossen der beiden Bauten sollen Gastronomie, Besprechungs- und Lagerräume angesiedelt werden, sonst werden die Häuser einer reinen Büronutzung vorbehalten bleiben. Im Inneren sollen flexible Grundrisse Aufteilungen zwischen Großraum- und Einzelbüros ermöglichen, die auch über mehrere Etagen zusammen geschaltet werden können. Zusätzlich soll der Bau in Zukunft die Energieeinsparverordnung (ENEV) von 2007 um 50 Prozent übertreffen. Bereits in diesem Sommer soll mit dem Rückbau begonnen werden. Ende 2011 sollen die geplanten knapp 50.000 Quadratmeter Geschossfläche dann mit ihrem neuen Kleid glänzen.

Das prämierte Ergebnis zeichnet sich zwar in der Tat durch Klarheit und Stringenz aus, auch das Anliegen, einen echten Platz am Deutzer Brückenkopf zu schaffen, erscheint sinnfällig, ob dies jedoch durch den Entwurf von HPP erreicht wird scheint zweifelhaft. Die neue Fassade sorgt zwar dafür, dass die ENEV-Kriterieren erfüllt werden, doch sollte dies heute eine Selbstverständlichkeit sein. Zusätzlich ist der neue Entwurf von einer nicht zu leugnenden Austauschbarkeit geprägt. Die streitbare Sechzigerjahre Fassade besitzt einen Wiedererkennungswert, der dem neuen Entwurf trotz des Flugdaches abgeht. Ob der neu entstehende Platz durch ebenerdige Lagerräume wirklich belebt werden kann oder ob die Passantenströme und die geplanten Gastronomien dies erreichen können wird dagegen die Zeit zeigen. Es wurde wohl die Chance vertan, einen ähnlich einprägsamen und wieder erkennbaren Entwurf an dieser prominenten Stelle zu entwickeln, der die vorhandenen Qualitäten des Baus von 1969 neu interpretiert.

David Kasparek

zur Internetseite von HPP Hentrich Petschnigg & Partner

zur Internetseite von Hochtief

blauraum

Eines der Vorzeigeprojekte in Bezug auf Revitalisierung von Bauten aus den 1970er Jahren: Die Bogenallee in Hamburg von blauraum architekten.

hpp perspektive

HPP Hentrich-Petschnigg & Partner gingen als Sieger aus dem geladenen Wettbewerb hervor.

hpp aufsicht

Zwei von einander getrennte Baukörper an einem neuen Platz am Deutzer Brückenkopf: Städtebaulich eine deutliche Verbesserung.

hpp ansicht süd

Sowohl das Hochhaus, als auch der Riegel am Rhein werden mit der gleichen Fassade verkleidet. Durch den Verzicht auf die Terrassierung des Riegels und die Umbauung des Treppenhauses am Hochaus ist ein deutlicher Gewinn an Klarheit zu verzeichnen.

jswd perspektive 1

Das Kölner Büro JSWD Architekten belegen mit diesem Entwurf den zweiten Rang.

jswd perspektive 2

Die Umbauung des Bestandes wird in ein Gebäudevolumen transformiert, dass sich aus verschiedenen Kuben zusammensetzt. Mit der Farbgebung scheint dieser Entwurf noch am ehesten den Versuch zu unternehmen, das Lufthansa-Hochhaus in eine gegenwärtige Architektursprache zu übersetzen.

ppa perspektive

Petzinka Pink Technologische Architektur aus Düsseldorf transformieren in ihrem Entwurf die gotische Fassade des Doms: Der dritte Platz.

3 Kommentare

Am 25.06.2007 schrieben Sie in einer Bewertung der Diplomarbeiten Ihrer (damals noch) Studienkollegen zum exakt gleichen Thema : „Die Fassade zeigt einen Zeitgeist, der kaum noch nachzuvollziehen ist. In einigen der Entwürfe wird nun die alte und ehemals topmoderne Fassade durch eine neue ersetzt. Nur, diese Fassade ist heute zeitgeistig, ist heute modern, ist heute chic. Die jetzige war genau das jedoch vor rund 30 Jahren. Nur die wenigsten Studierenden haben in der Kubatur des Hauses das Hauptproblem erkannt.“

Hat die Reife des Diploms Ihre Einstellung zu diesem Gebäude und der Fassade beschwichtigt oder doch eher der Respekt vor den großen Büros, den Sie seinerzeit Ihren Kommilitonen verweigert haben?

siehe auch:

https://koelnarchitektur.de/pages/de/home/news_archiv/1748.htm

Ich verstehe das Problem nicht ganz. Wer genau liest, findet wenig positive Bewertung.

„Mit der Farbgebung scheint dieser Entwurf noch am ehesten den Versuch zu unternehmen, das Lufthansa-Hochhaus in eine gegenwärtige Architektursprache zu übersetzen.“

Versuch unternehmen bedeutet nicht mal gelungen.

„Das prämierte Ergebnis zeichnet sich zwar in der Tat durch Klarheit und Stringenz aus, auch das Anliegen, einen echten Platz am Deutzer Brückenkopf zu schaffen, erscheint sinnfällig, ob dies jedoch durch den Entwurf von HPP erreicht wird scheint zweifelhaft.“

Das Anliegen erscheint sinnfällig. Kein Wort darüber dass es gelungen ist.

„Zusätzlich ist der neue Entwurf von einer nicht zu leugnenden Austauschbarkeit geprägt.“

Ich merke schon, die Angst vor den großen Büros schimmert durch.Weiter:

„Es wurde wohl die Chance vertan, einen ähnlich einprägsamen und wieder erkennbaren Entwurf an dieser prominenten Stelle zu entwickeln, der die vorhandenen Qualitäten des Baus von 1969 neu interpretiert.“

Vielleicht habe ich aber etwas missverstanden.
Für mich gilt im Übrigen die alte Regel: Unbekannt wird weniger ernstgenommen, zumal davon auszugehen ist, daß persönliche Betroffenheit mindestens eine Rolle spielen könnte.

Was für eine glanzlose Verstümmelung:
Da war mal ein Gesicht einer Dekade, in so vieler Hinsicht kühn, als großes Ganzes erdachtes Manifest einer utopischen Epoche.
Was macht man daraus? Mittelklasse.
Das Profil, das Material, Farbe, Form, alles auf dem Schrottplatz der Geschichte.