Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Chancen eines Quartiers

Das BDA-Montagsgespräch zur Messe-City Deutz brachte wenig wirklich neue Erkenntnisse, zeigt aber Gefahren und Potentiale des künftigen Quartiers auf.

Das BDA-Montagsgespräch vom 16. Februar widmete sich dem „aktuellen Stand der Dinge“ in der Messe-City Köln-Deutz. Seit langer Zeit wird im Bereich zwischen dem Deutzer Bahnhof, den neuen Messehallen und der Deutz-Mülheimer-Straße geplant, abgerissen, weitergeplant, verworfen und neu geplant – inzwischen ist für dieses Areal immerhin der Begriff der „Messe-City“ einführt. Nach einigen Schwierigkeiten und dem Protest um den Abriss des so genannten „Barmer Blocks“ fand ein Werkstattverfahren statt (koelnarchitektur.de berichtete). Der Kölner BDA-Architekt Stefan Schmitz legte diese Entwicklung zur Einführung in den Abend kurz und anschaulich dar. Die Leiterin des Stadtplanungsamts Anne Luise Müller erläuterte im Folgenden den aktuellen Stand der Planungen der Messe-City. So fand im letzten Jahr eine Klausurtagung statt, bei der sich die beteiligten Politiker mit den Ergebnissen des Werkstattverfahrens beschäftigten. Da nach Auskunft der beteiligten Politiker keiner mit diesen Ergebnissen vollends zufrieden war, wurde ein Kompromiss erarbeitet, dessen Ergebnisse Müller nun vorstellte.

Homogene Blöcke

Nach wie vor gilt auch für das von Frau Müller vorgestellte Bild, dass es sich hierbei nur um eine von vielen möglichen Konfigurationen der Gebäudekörper handelt. Mit diesem Schritt ist noch keine finale Aussage über die tatsächlichen Dimensionen und Anordnungen der Bauten gemacht, geschweige denn eine bindende architektonische Aussage getroffen. Zunächst einmal geht es hierbei nur darum, generelle Aussagen zu treffen. So zum Beispiel, dass zwischen den Messehallen und der neuen Bebauung eine Anlieferzone von siebzig Metern Breite genauso freizuhalten ist, wie eine Platzraum zwischen den Neubauten und dem Deutzer Bahnhof. Für die Neubauten wird eine homogene Höhe von sieben Geschossen vorgeschrieben – abgesehen von drei Hochpunkten. Diese sollen nach dem Willen der Politik, der sich aus den Ergebnissen des Werkstattverfahrens speist, als „Umlenkpunkt“ am östlichen Ende des neuen Platzes etwa auf Höhe des Messeingangs Süd, im westlichen Zipfel des Areals und direkt an der Deutz-Mülheimer-Straße liegen. Für die beiden ersten wird eine Höhe von etwa sechzig Meter zugelassen, also etwa 14 Geschosse. Die gesamte Bebauung könnte als homogene siebengeschossige Blockstruktur ausgeformt werden und soll durch eine Sondernutzung ergänzt werden.

Die Entwerfer schlagen vor – die Politik entscheidet

Im Anschluss an die beiden einführenden Vorträge fanden sich neben Anne Luise Müller Olaf-Arne Drehsen von JSWD-Architekten, Norbert Hilden (FDP, Stadtentwicklungsausschuss), Karl Jürgen Klipper (CDU, Vorsitzender Stadtentwicklungsausschuss), Barbara Moritz (Bündniss90/ die Grünen, zweite stellvertretende Vorsitzende Stadtentwicklungsausschuss) und Norbert Walter-Borjans (Dezernent für Wirtschaft und Liegenschaften) unter der Moderation von Jürgen Keimer auf dem Podium ein. Zunächst stand dabei die von Stefan Schmitz in den Raum gestellte Frage im Mittelpunkt, ob die politischen Entscheidungsträger mit der Sitzung im vergangenen Jahr nicht etwas betrieben hätten, was über ihre Kompetenzen und Möglichkeiten hinaus geht, nämlich Planung. Dies wurde von den anwesenden Politikerinnen und Politikern ausdrücklich zurückgewiesen, sei es doch „immer die Politik, die die Entscheidungen treffe – die Fachplaner machen nur entwerferische Vorschläge“, so Barbara Moritz. Und tatsächlich, so Müller, ginge es in diesem Gebiet ja erst einmal darum, Baurecht zu schaffen. Ein etwaiger Bebauungsplan ist dann schließlich von unterschiedlichen Planern im Rahmen des möglichen unterschiedlich zu interpretieren.

Droht der Verlust der Qualität?

Neben einigen Fragen zum vergangenen Verfahren, das erwartungsgemäß sowohl auf Ablehnung, als auch auf Zustimmung stieß, wurde die Frage nach dem weiteren Vorgehen nur am Rande erörtert. Norbert Walter-Borjans betont, dass sein Dezernat derzeit mit dem Dezernat für Stadtentwicklung, Planen und Bauen von Bernd Streitberger zusammen arbeite, um die europaweite Ausschreibung des Projekts bis Juni diesen Jahres auf den Weg bringen zu können. Hierfür soll ein Investor für das gesamte Gebiet gesucht werden, dem mittels der Ausschreibung zur Auflage gemacht werden soll, Architektenwettbewerbe für die tatsächlichen Gebäude durchzuführen. Was von den Ergebnissen, die in den Workshops, deren Verfahrensweise sowohl von einigen Politikern als auch von Architekten wie Drehsen oder dem ebenfalls am Verfahren beteiligten Peter Berner vom Architekturbüro ASTOC als positiv bewertet wurden, aber als finale Auflage in der Ausschreibung bindend wird, blieb im dunkeln.

So bemängelte auch Olaf-Arne Drehsen, dass die jetzigen Planungen etwa in punkto Bezugslinien noch einiges zu wünschen übrig ließen. Auch ob die Idee, eines „Stadtbalkons“, wie ihn JSWD im Werkstattverfahren andachten und von der Politik in die aktuellsten Pläne aufgenommen wurde, für die Ausschreibung relevant sein wird, konnte nicht geklärt werden. So blieb bis zum Ende völlig offen, ob die entscheidenden, weil raumbildenden Elemente die in den bisherigen Verfahren entworfen wurden, für die spätere Realisierung überhaupt bindende Wirkung haben werden. Allen Beteiligten möchte man aber genau das wünschen. Den Bürgern, die dieses Areal dereinst nutzen sollen, den Architekten, die ihre Potentiale – sowohl wirtschaftliche wie auch gestalterische – in das Verfahren eingebracht haben und schließlich der Politik. Ist es doch in ihrem Sinne, sowohl ein attraktives Quartier zu schaffen, dessen Flächen sich vermarkten lassen und dem Image der Stadt zuträglich sind. Dies scheint jedoch nur möglich, wenn ein Qualitätssiegel für solche Vorhaben eingehalten wird: Planung von und mit Fachleuten. Ohne die Einbindung von Architekten droht die nötige Qualitätssicherung zu scheitern – und das, obwohl die bisherigen Verfahren, wenn auch kontrovers, so doch zielführend waren.

David Kasparek

Zur Seite des Fotografen Jens Willebrand

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