Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Städtische Ästhetik

Zum neuen Gestaltungsbeirat der Stadt Köln

Bereits seit Mitte letzten Jahres ist der neue Gestaltungsbeirat der Stadt Köln im Amt. Die insgesamt neun Mitglieder entstammen dem Gebiet der Architektur und Stadtplanung, wodurch eine fachkundige Beratung der Entscheidungsträger aus städtischer Verwaltung, Fachausschüssen und des Rates sichergestellt werden soll. Dass es bei den vom Gestaltungsbeirat ausgesprochenen Empfehlungen nicht um „De-Luxe-Forderungen“ geht, sondern um ästhetisch und damit städtebaulich relevante Entscheidungen, zeigt auch die Diskussion um die Sanierung der Flora.

Über den Tellerrand

Die Neukonstituierung des vom Rat der Stadt Köln berufenen Beirats für die Wahlperiode 2008 bis 2011 zeigt eine wesentliche Neuerung: Neben dem langjährigen Mitglied Carl Fingerhuth (Zürich), der jüngst noch als Jurymitglied am Wettbewerb zur Erweiterung des Kunsthauses Zürich beteiligt war, finden sich mit Christa Reicher (Aachen) und Roger Riewe (Graz) zwei weitere „Externe“ im Gremium. Daneben sind die Kölner Kai Mettelsiefen, Annette Paul und Jürgen Minkus, der zugleich den Vorsitz innehat, stimmberechtigte Mitglieder. Vertreter sind Peter Berner, Bernd Römer und Peter Smeets. Die Nominierung der Mitglieder obliegt dem Kontaktkreis Köln der Architekten- und Ingenieurverbände (KKK).

Die Einbeziehung von Nicht-Kölnern in einen solchen Beirat ist besonders aus zwei Gründen sinnvoll: Zum ersten bietet der, wenn auch nicht unvoreingenommene, so doch sicher andere Blick auf die Stadt die Möglichkeit eines freieren Umgangs mit städtebaulichen Fragen. Diese Freiheit wiegt eine von Kritikern ins Feld geführte weniger detailreiche Ortskenntnis auf. Zum zweiten entziehen sich die von Außen Hinzutretenden innerkölschen Abhängigkeiten sicher stärker als die in Köln Tätigen, die unweigerlich damit konfrontiert werden.

Fallbeispiel

Die Sitzungen des Gestaltungsbeirats, die in einem Turnus von vier bis sechs Wochen stattfinden, sind nichtöffentlich. Dies liegt auch daran, dass der Beirat bereits in einem frühen Planungsstadium von Projekten mit „besonderer stadtgestalterischer Bedeutung“ hinzugezogen wird – oder zumindest hinzugezogen werden sollte.

Das Beispiel der Kölner Flora, deren ehemaliges Palmenhaus in Trägerschaft von KölnKongress als Veranstaltungs- und Kongresszentrum betrieben wird und das nun saniert und umgebaut werden soll, zeugt von einer nicht immer frühzeitigen Involvierung: Hier erfolgte die Konsultation durch die Verwaltung erst, nachdem bereits alle Entscheidungen zu architektonischer Ausformulierung und inhaltlicher Belegung getroffen waren. Das nun zur Ausschreibung anstehende Projekt stieß auf massive und grundlegende Kritik seitens des Beirats, der daher zu einer „Denkpause“ riet. Nicht der schnellstmögliche Einzugstermin, sondern die nachhaltige Sanierung des Baudenkmals sei entscheidendes Kriterium.

Dass die Fachleute mit ihrem Urteil zumindest bei Teilen der politischen Repräsentanz auf Gehör stießen, macht Mut – denn nicht immer scheint begriffen zu werden, dass ästhetische Kriterien den primär ökonomischen nicht widersprechen müssen. Dennoch scheint es, so der Beiratsvorsitzende Jürgen Minkus, als sei es bei dem Projekt der Flora für eine entscheidende Einflussnahme zu spät. Vermutlich wiegen die politischen Bedenken im Rat hinsichtlich einer Verzögerung des Projekts insgesamt schwerer als die grundlegenden Einwände des Beirats, so dass die Planungen allem Anschein nach ohne eine Revision fortgeführt werden.

Früher Vogel…

Eine frühzeitige Einbindung des Gestaltungsbeirats wird wesentlich sein für dessen wirkliche und effektive Einflussnahme auf Planungsprozesse von „stadtgestalterischer Bedeutung“. Welche Projekte unter dieses Kriterium fallen, entscheiden Verwaltung und Stadtentwicklungsausschuss, auch wenn der Beirat selbst Vorschläge einbringen kann.

Daher wirbt Minkus zuerst einmal für eine bessere Kommunikation – die Einladung an den Stadtentwicklungsdezernenten Bernd Streitberger zu einer Konsultation über „städtebauliche Leitlinien“ stellt hier ein wichtiges Zeichen dar. Vor allem der Masterplan könnte die Gelegenheit bieten, frühzeitig über eine Ästhetik der Stadt ins Gespräch zu kommen – und dabei auch den fachlichen Urteilen der dazu Berufenen von Beginn an Gehör zu schenken.

Rainer Schützeichel

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Nicht nur die Rheinsilhouette entscheidet über die stadtbauliche Qualität Kölns…

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…auch und gerade die Unorte bedürfen der Aufmerksamkeit

Foto: David Kasparek

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Der „Masterplan Innenstadt Köln“ bietet die Gelegenheit einer frühzeitigen Einbindung des Gestaltungsbeirats

Rechte: Albert Speer & Partner

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Ob Kernzone oder „Peripherie“ – der Beirat muss in wesentliche Panungsprozesse eingebunden werden

Rechte: Albert Speer & Partner

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Für eine entscheidende Einflussnahme bei dem Projekt der Flora scheint es zu spät zu sein

Foto: Stadtkonservator