Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

workstation

Aus Hochseecontainern werden studentische Arbeitsräume.

Ein Jahr lang beschäftigt sich ein Team aus Studierenden und Mitarbeitern der Architekturfakultät der FH Köln mit dem Projekt „workstation“.

Die Architekturfakultät hat ein Problem: Es gibt fast keine Arbeitsplätze für Studierende. Diese Tatsache trägt weitreichende Konsequenzen mit sich, weil den Studierenden einer der wichtigsten Bestandteile im Studium fehlt – ein Platz zum Kommunizieren, die Möglichkeit von- und miteinander zu lernen sowie den Austausch untereinander zu fördern. Um diesen Missstand zu beseitigen wird im Herbst 2007 das Projekt workstation ins Leben gerufen – Hochseecontainer sollen zu studentischen Arbeitsräumen ausgebaut werden. Acht Studierende bekommen die Chance bereits während ihres Studiums ihre erste „eigene“ Architektur zu realisieren. Unterstützt werden sie von zwei Mitarbeitern der Fakultät.

Wieso Hochseecontainer

Zum einen kann mit Hochseecontainern modular geplant werden, so dass spätere eventuelle Erweiterungen möglich bleiben. Zum anderen sind sie mobil, ein wichtiger Aspekt für die Weiterverwendung der Räumlichkeiten, da sie auf dem Campus der FH Köln erst einmal nur als temporärer Bau installiert werden konnten. Hinzu kommt, dass sie bereits über eine äußere Hülle verfügen.

Entwurf

Um großzügige Arbeitsräume für die Studierenden zu schaffen, werden jeweils zwei Hochseecontainer (40’ High Cubes) durch das Entfernen einer Längsseite zusammengeschaltet. Gestapelt auf zwei Geschossen sollen zwei Arbeitsräume mit je 50 Quadratmetern entstehen. Die Kurzseiten der Container werden zur Belichtung und Erschließung geöffnet, die Längsseiten bleiben komplett geschlossen. Auf der Westseite dient ein aus L-Stahlprofilen entworfener zweiläufiger Treppenturm mit Antritt der Erschließung. Um den Charakter der Container zu bewahren bleibt nicht nur die Außenhülle mit ihren Trapezblechen erhalten, sondern auch die typische Flügeltür, indem sie – nach Osten ausgerichtet – durch das Einhängen eines Austrittes zu einem Balkon umgenutzt wird. Der Innenraum wird durch das Möbelkonzept dominiert: Mit Lochfräsungen versehene Platten und Kisten bilden das Modul. Durch Zurrgurte zusammengehalten wird aus acht Kisten und einer Platte ein Schreibtisch, durch ein Kissen ergänzt entsteht aus einer Kiste ein Hocker. Die an den Längsseiten aufgebrachte Horizontallattung aus sägerauhen Dachlatten lässt Kisten zum hängenden Regal werden oder Platten zu Präsentationstafeln. Entsprechend variabel ist das Beleuchtungskonzept. Es ist bestimmt durch Klemmleuchten die entsprechend der Möblierung an der Lattung befestigt werden können. Dank des intelligenten Systems kann dem Anspruch an Variabilität Rechenschaft getragen werden, da es sowohl möglich ist in Gruppen und einzeln zu arbeiten, zu zeichnen, Modelle zu bauen aber auch Ausstellungen und Vorträge zu veranstalten.

Konstruktion

Gut, dass die Container ein Modul bieten, schwierig ist allerdings die Dichtigkeit der bestehenden Stahlhülle. Eine hinterlüftete Konstruktion wird entwickelt, so dass sich möglicherweise ergebendes Kondensat am Stahl absetzt und nicht in der Dämmebene – es entsteht ein „Haus-im-Haus-Prinzip“. Die dämmende und dichtende Ebene nach Innen zu legen, ist gleichermaßen dem Anspruch die Container später noch transportieren zu können geschuldet, da die LkWs auf die entsprechenden Größen genormt sind. Um die Tragfähigkeit der High Cubes weiterhin sichern zu können, werden die herausgetrennten Längsseiten durch Träger und Stützen ersetzt – jede andere Entscheidung hätte fatale Folgen, denn jedes Element eines Hochseecontainers ist tragend.

Ausführung

Dank der Kooperation der Fakultät mit der GAG Immobilien AG und der Unterstützung weiterer Partner aus der Wirtschaft ist das Projekt überhaupt möglich geworden. Dem entsprechend lange war die Vorlaufzeit, da nicht nur ein Bauantrag gestellt, sondern Material- und Geldspenden zusammengetragen werden mussten bevor die Theorie Praxis werden konnte. Der Ausbau wurde von Jack in the Box, einem Verein für Beschäftigungsförderung, ausgeführt: Seit die Container Anfang Januar in die Werkstatt des Vereins rangiert worden waren, schnitten, schweißten, sägten, hämmerten, schliffen, strichen, klebten und schraubten die Arbeiter unermüdlich. Ende August werden die Hochseeriesen zur FH Köln geliefert und auf dem Campus platziert. Letzte Arbeiten werden vor Ort durchgeführt: Das Fensterglas wird eingesetzt, die Elektronik installiert und der Treppenturm montiert.

Ein Resümee

Nach einem Jahr konnte das Projekt im Rahmen der plan08 seinen Abschluss finden und eingeweiht werden. Abschließend bleibt zu klären wer, wann und wie die Arbeitsplätze nutzen darf. Schließlich sind die nun vorhandenen 24 Arbeitsplätze ein Anfang aber noch lange nicht ausreichend für einige hundert Studierende der Architekturfakultät. Bleibt zu hoffen, dass es wie geplant ein Ort der Kommunikation, des Schaffens und der Inspiration wird. Ein erster Schritt wurde getan, jetzt muss es weitergehen.

Franziska Tokarski

Die Autorin studiert Architektur an der Fachhochschule Köln. Sie ist Mitglied der studentischen Redaktion A:JUGEND

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Die Südfassade mit dem angeschlossenen Treppenturm und den aufgeklappten Containertüren

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Der Treppenturm – zur leichten Montage mit L-Winkeln konstruiert

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Ein geräumiger Innenraum ergibt sich durch die Verbindung zweier Container

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Die Horizontallattung – wesentliches Element für das Möbelkonzept

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Der grüne Stoff der Sitzkissen

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Das Tischlinoleum – in weiß und schwarz gehalten, der Bodenbelag in einem hellen Grau

© FH Köln

Vor der Planung: Die Container im Niehler Hafen