Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Städtisches Schmuddelkind

Der Breslauer Platz ist wieder einmal im Fokus der städtischen Planungen. Aktuell mit einem Werkstatt-Verfahren.

Es gibt vieles, was Köln von anderen europäischen Städten unterscheidet. Jedem mag zu diesem Thema der Alleinstellungsmerkmale einiges einfallen, manchem sogar das Gebiet rund um den Hauptbahnhof und hier vor allem der Breslauer Platz. Dabei ist genau das Areal nördlich des Doms ein Ort, der Köln mit vielen anderen großen und kleinen Städten verbindet: Auf der einen Seite der Gleisanlagen findet sich eine repräsentative Schauseite der Stadt, die andere mutet eher wie städtebauliche Ausschussware an. Wie so viele Städte versucht auch Köln die nördliche Seite des Hauptbahnhofs seit geraumer Zeit attraktiver zu machen und ein ähnlich gut funktionierendes Gefüge wie im südlichen Bereich zu generieren.

Wie anderswo so auch in Köln: Ein Bahnhof, zwei Seiten

Und tatsächlich, bewegt man sich einmal gen Süden aus dem Bahnhof hinaus und gleich darauf noch einmal gen Norden, die Unterschiede könnten nicht deutlicher sein. Die elegant leichte Bahnhofsvorhalle aus dem Jahr 1957 leitet die Passanten mit ihrem Deckenschwung auf den 2006 vom Kölner Architekturbüro Schaller/Theodor umgestalteten Vorplatz. Über die im gleichen Zuge gebaute Freitreppe erreicht man den Dom und von hier aus die Kölner Einkaufsstraßen. Ein Fussgängerstrom, der diesen Weg scheinbar selbstverständlich findet.

Ganz anders stellt sich die Situation dagegen auf der Seite des Breslauer Platzes dar. Am nordwestlichen Ende des Platzes taucht die Nord-Süd-Fahrt unter den Gleisen ab, die hier wieder einmal all ihre stadtzerstörende Kraft offenlegt und einer Fräse gleich das Kunibertsviertel vom Eigelstein trennt. Im Süden wird der Breslauer Platz vom temporären Zelt des Musical Domes eher schlecht als recht gefasst – und das nun schon seit 1996. Mitten auf dem Platz thront das Kommerz-Hotel. Ein Bau, der zwar eine gewisse Zeitgeistigkeit ausstrahlt, nicht aber die tatsächlich ja oft verkannten Qualitäten architektonischer Entwürfe dieser Zeit in sich birgt und städtebaulich zudem als Solitär an dieser Stelle deutlich zu exponiert erscheint. Das hier Handlungsbedarf besteht hat die Stadt schon vor langer Zeit erkannt: Bereits 1989 gab es einen Ratsbeschluss, der den Breslauer Platz auf die Agenda der Stadtplanung setzte, 1992 dann einen Architektenwettbewerb aus dessen Vertiefungsphase schließlich das Kölner Büro Büder + Menzel hervorging. Der Entwurf sah unter anderem eine Überbauung der Rheinuferstraße vor, was den Entscheidungsträgern der Stadt im Laufe der Zeit – nach den schlechten Erfahrungen mit den infrastrukturellen Unterwelten rund um den Dom – jedoch als wenig zeitgemäß erschien.

Keine weiteren Unterwelten

Seitdem wurde viel diskutiert, passiert ist wenig. Bis der Kölner Dezernent für Stadtentwicklung, Planen und Bauen Bernd Streitberger 2007 ein neues städtebauliches Konzept vorlegte. Dies sah neben einer Beibehaltung der derzeitigen Verkehrsführung eine Blockrandbebauung vor und verzichtete auf die Platte über die Rheinuferstraße. „Ich will keine weiteren Unterwelten bauen“, so Streitberger damals. Aktuell läuft nun ein Werkstatt-Verfahren zur Zukunft des Areals. Daran sind neben Preisträgern von 1992 sechs weitere Büros beteiligt. Das Ergebnis des Workshops soll Mitte Dezember auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben werden und als Grundlage für einen Bebauungsplan dienen. Basis für das derzeitige Verfahren wiederum ist eine Visualisierung von Büder+Menzel, die neben der von Streitberger angedachten Blockrandbebauung auch das momentan in der Ausschreibung befindliche DFB-Museum an dieser Stelle verortet.

Noch ist nicht abschließend geklärt, ob Köln den Zuschlag als Standort für das Museum des größten deutschen Sportverbands erhält, das unabhängige Institut IFT Freizeit und Tourismusberatung hat auf Basis der Kalkulationen des Deutschen Fussball Bundes mit 350.000 Besuchern im Jahr jedoch schon einmal errechnet, dass ein solches Museum verlustfrei betrieben werden könne. Diese Berechnung stehen allerdings im Widerspruch zu denen des Stadtkämmerers, der einen jährlichen Verlust von 730.000 Euro prognostiziert hatte.

Blockrandbebauung und „architektonisches Unikat“

Allein die Zukunft wird zeigen, wie das Museum vom Publikum angenommen wird, wenn es denn tatsächlich nach Köln kommt – wonach es im Moment aussieht. Ebenso fraglich ist die tatsächliche Architektur, die den Breslauer Platz in Zukunft prägen wird. Alle Beteiligten am aktuellen Werkstatt-Verfahren wollen die Visualisierung von Büder+Menzel explizit nur als Illustration der Machbarkeitsstudie für den Ort verstanden wissen. Derzeit sei man noch derart mit der schwierigen städtebaulichen Situation beschäftigt, dass an Hochbau noch gar nicht gedacht werden könne, so Bernd Streitberger gegenüber koelnarchitektur.de. Fest steht jedoch schon heute, dass ein Museum an dieser Stelle als exponiertes Solitär neben der platzbildenden Blockrandbebauung ausgeführt werden soll. Laut Beschlussvorlage für den Stadtentwicklungsausschuss soll ein „architektonisches Unikat internationalen Anspruchs entstehen“. Damit wird eine hohes Ziel anvisiert. Solch hochgesteckte Ansprüche sind jedoch für den Ort richtig und wichtig, bergen allerdings die Gefahr einer ebenso hohen Fallhöhe.

David Kasparek

DFB-Museum Aufsicht

In der Aufsicht gut ersichtlich: Blockrandbebauung zwischen Breslauer Platz und dem Rheinufer, dazu das Solitär des DFB-Museums.

DFB-Museum Ansicht 1

Ein Solitär könnte an dieser Stelle zwischen den solitären Bauten südlich der Gleise und den Blockrändern im Norden vermitteln.

DFB-Museum Ansicht close up

Der Blick von Brückenkopf der Hohenzollernbrücke auf die neue Bebauung, die den Breslauer Platz endlich adäquat definieren könnte.

DFB-Museum Ansicht 2

Der Blick auf das Bestehende wie auch auf das Kommende: Dom, Hohenzollernbrücke, DFB-Musuem und neuer Block vom anderen Rheinufer aus.

DFB-Museum Rendering

So könnte sich das Areal in absehbarer Zukunft darstellen. Am 31. März 2011 soll der Musical Dome weg sein – nach 15 Jahren temporärem Dasein.