Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Networking Architects

Über Hollywood, lukrative Betätigungsfelder und die Expo Real.

Ingenieure – und damit auch die Architekten – rangieren in der Allensbacher Berufsprestige-Skala im oberen Mittelfeld. Das gute Ansehen spiegelt sich bei den meisten jedoch nicht in ihrer Einkommenssituation wider. Der Grund: die hohe Architektendichte im Land. Wer im Wettbewerb bestehen will, muss mehr als nur gute Pläne erstellen können. Wer nicht auf ein unmoralisches Angebot à la Hollywood warten will, erfährt in diesem Beitrag, warum Kooperationen und aktives Networking für Architekten und die Immobilienwirtschaft gleichermaßen erfolgversprechend sind.

Hollywood hat die miserable Einkommenssituation der Architekten bereits vor Jahren thematisiert: Als Robert Redford „ein unmoralisches Angebot“ im gleichnamigen Film machte, bot er eine Millionen Dollar für eine Nacht mit der attraktiven Demi Moore. Als Ehefrau eines Architekten in höchsten Geldnöten akzeptierte sie das Angebot, und das Unglück nahm seinen Lauf.

Während die Geldsorgen des Filmarchitekten gleich mit der Ehefrau verschwinden, lässt sich die reale Einkommenssituation der Architekten nicht mit einem „unmoralischen Angebot“ verbessern. Denn dazu bräuchten wir allein in Deutschland 97.000 Robert Redfords.

Wettbewerb

Einer von Tausend Bundesbürgern ist Architekt – kein Land der Welt hat eine so hohe Architektendichte aufzuweisen. Der Wettbewerb ist groß und die Aufträge sind knapp. Lediglich acht Prozent der Architekturbüros beschäftigen mehr als zehn Mitarbeiter. Zum Vergleich: Fast sechzig Prozent der Büros haben nicht mehr als drei Mitarbeiter.

Umso mehr verwundert es, dass die Architekten sich die Netzwerke der Immobilienwirtschaft nicht stärker zunutze machen. Bisher haben nur wenige die lukrativen Betätigungsfelder in der Real Estate Industry für sich entdeckt.

Architekten in der Immobilienwirtschaft

Deutliche Zeichen der Annäherung setzt die Bundesarchitektenkammer, die in diesem Jahr ihre Präsenz auf der Expo Real weiter ausbauen konnte. Der Auftritt der Architekten auf Deutschlands wichtigster Immobilienmesse war ein voller Erfolg. In diesem Jahr beteiligten sich gleich zehn Länderkammern an dem Expo-Stand.

Das gemeinsame Motto des energieeffizienten Bauens wurde auch in weiteren Foren der Messe als das Zukunftsthema der Immobilienwirtschaft gehandelt. Zahlreiche Architektenvorträge belegten, welche Vorreiterrolle die deutschen Architekten hier auch im internationalen Architekturexport einnehmen können.

Mit gutem Beispiel voran

Von den 23.800 Besuchern der diesjährigen Expo Real zählen lediglich acht Prozent zur Architektenschaft. Zu den wenigen Architekten, die immobiliewirtschaftliche Veranstaltungen für ihr Business nutzen, zählt Kai-Uwe Lompa, Geschäftsführer, aIB Agiplan integrale Bauplanung GmbH.

Bei der Expo Real ist die aIB Agiplan integrale Bauplanung GmbH seit vielen Jahren Partner der Stadt Duisburg. In diesem Jahr hat das Büro zum ersten Mal eine Experten-Diskussion initiiert, die dann im vierteljährlichen Rhythmus in Duisburg fortgesetzt werden soll. So können die Architekten nicht nur Präsenz im lokalen Netzwerk zeigen, sondern auch konkrete Themen mit ihrer Kompetenz besetzen.

Partner auf Augenhöhe

Der Architekt von morgen muss Managementkompetenzen besitzen und die Fähigkeit zur Kooperation – auch außerhalb der planenden Berufe. Im Dialog mit den unterschiedlichen Disziplinen der Immobilienwirtschaft lernen die Architekten die Sichtweise und Argumente ihrer Auftraggeber und Geschäftspartner en Detail kennen. So können sie auf Augenhöhe kommunizieren und sich als Dienstleister für die individuellen Bedürfnisse Ihres Gegenübers positionieren.

Abgesehen von den wenigen großen Architekturbüros, die eine Vielzahl von Aufgaben abdecken können, besteht die Chance der kleinen und mittleren Büros in einem genau definierten Profil. In der Spezialisierung liegt die Zukunft. Je nach Expertise können das einzelne Wachstumsbranchen wie die Gesundheitswirtschaft und die Logistik oder aber ausgewählte Nischen wie PPP im Schulbau oder altersgerechte Wohnraumanpassung sein. Der Erfolg am Markt steht und fällt mit einem Netzwerk von hochkarätigen Kontakten. Denn nur wer die maßgeblichen Investoren, Entwickler, Finanzierer, Betreiber und Nutzer einer Branche persönlich kennt, hat die wichtigste Voraussetzung für den nächsten Auftrag bereits in der Tasche. Dass der Architekt gestalterisch und wirtschaftlich attraktive Räume planen kann, versteht sich von selbst.

Berufsbild

Zu guter Letzt noch eine Nachricht aus dem Land des großen Kinos: Der Spielzeughersteller Mattel hat kleine und große Barbie-Fans befragt: rund 70 Prozent votierten für Barbies Traumberuf – Architektin! Übrigens hat sich die Architektin Barbie bereits spezialisiert. Sie entwirft Traumschlösser für ihresgleichen. Kontakte werden beim Pferderennen und beim Coiffeur gepflegt. Networking zahlt sich eben aus.

Vera Kiltz

Die Bundesarchitektenkammer setzt auf Energieeffizienz – eines der wichtigsten Themen der diesjährigen Expo Real.

Expo-Real-Vortrag auf dem Stand der Bundesarchitektenkammer

2 Kommentare

Hmm, komisch das bei einer so hohen Dichte an Arichtekten und soviel Konkurrenz noch immer so viel Mist in Deutschland gebaut wird. (Zentrale Lufthansa)

„Elvis has left the building – oder warum Architekten den Weg in die Öffentlichkeit scheuen…“
Insbesondere die junge Architekten-Generation hat erst wenig finanzielle Rücklagen gebildet und läuft Gefahr, konjunkturelle Krisen nicht zu überstehen. Strategien werden meist erst dann entwickelt, wenn die Situation schlecht und die Lage aussichtslos ist. Mangelndes Vertrauen der Bauherren in die Fähigkeiten des Büros und ein undefiniertes Profil sind weitere Barrieren. Die Architekten wissen zwar, dass etwas getan werden muss, um sich gegen die immer größer werdende Zahl von Mitbewerbern zu behaupten, doch fehlen ihnen dazu die richtigen Instrumente und Kontakte. In der universitären Architektenausbildung haben PR und Marketing bislang nur einen geringen oder gar keinen Stellenwert, also investiert man Zeit und Geld in die Bereiche, mit denen sich Architekten standesgemäß am ehesten identifizieren können: ins visuelle Erscheinungsbild. Doch eine systematische Pressearbeit ist keineswegs eine Frage des Geldes, sondern auch eine der Strategie, die dahinter steckt.
Durch den Aufbau erstklassiger Kontakte zu Redakteuren, Informanten und sonstigen Entscheidern lassen sich auf Dauer weitaus größere Image- und Akquisitionserfolge erzielen als
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