Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kritische Stellungnahme

Pressemitteilung des BDA Köln anlässlich der aktuellen Berichterstattung im Kölner Stadt-Anzeiger zum Neubau von Moscheen in Duisburg und Köln.

Die Beiträge im Kölner Stadt-Anzeiger vom 31.08.2007 zum Duisburger und Kölner Moscheebau beurteilt der BDA Köln als außerordentlich verstörend und skandalös. In seinen Augen besteht die Gefahr, dass die Kräfte in der Ditib, die den kulturellen Aufbruch wollen, ohne den auch die zeitgenössische Interpretation des Islam nicht gelingt, den Rückhalt verlieren, weil sie sich vorhalten lassen müssen, das sie sich statt Akzeptanz nur Konflikte einhandeln.

Im Folgenden die gemeinsame Stellungnahme von Christian Schaller, Vorsitzender des BDA Köln und Prof. Erwin H. Zander, Vorsitzender des Hauses der Architektur Köln:

Der Kölner Stadt-Anzeiger vom 31.08.2007 belegt, wohin eine populistische Diskussion führt.

Der Bundesbauminister als oberster Hüter der Baukultur posiert vor der monströsen Duisburger Moschee und lobt die Ditib Duisburg dafür, den Geschmack des Volkes mit dieser osmanischen Folklore getroffen zu haben. Der ebenfalls aus Duisburg stammende Präses der evangelischen Kirche liest der Ditib in Köln die Leviten, weil sie

anmaßende Architektur betreibe und rät ihr, hübsch bescheiden und in Anpassung an Volkes Stimme zu bauen, und die Leser fordern die Ditib auf, sich doch endlich als das zu zeigen, was sie ist und eine islamisch-osmanische Moschee zu bauen, statt ihre

wahre Natur perfide hinter neuzeitlicher (Fabrik-)Architektur zu verstecken. Fehlt eigentlich nur noch, dass ein Vertreter der Architektenschaft im KStA ein Interview zum Scheitern moderner Sakralarchitektur beisteuert.

Es wäre ja vielleicht alles nicht so schlimm, wenn dahinter nicht ein kulturpolitisches Konzept sichtbar würde. Statt den für beide Seiten fruchtbaren Dialog auf Augenhöhe zu suchen, wird der Minderheit der anspruchsvolle kulturelle Dialog verweigert, um sie nach bewährtem Modell in ein folkloristisches Homeland abdrängen zu können, wo sie unter Aufsicht ihre archaische Hirtenkultur pflegen darf. Das ist Kultur-Rassismus, verbrämt wie eh und je mit dem pseudo-aufklärerischen Pathos der Hüter von Kultur und Zivilisation, ein Pharisäertum, das Bibel, Grundgesetz

und Kultur nicht als befreiende Botschaft und Auftrag begreift sondern als Keulen, mit denen man/frau ungestraft und guten Gewissens dreinschlagen kann.

Dabei bestünde die Chance, dass aus der kreativen Auseinandersetzung eines der renommiertesten Architekturbüros weltweit mit der anspruchsvollen Bauaufgabe Moschee im Dialog mit der Führungsspitze der größten Vertretung türkischer Muslime in Deutschland als Bauherren, moderiert von einem qualifizierten Beirat, in Köln ein beispielhafter Bau entsteht, wegweisend für einen selbstbewussten Islam in Deutschland – so wie es längst solch wegweisende Beiträge im Bereich der Literatur und des Films

aus der deutsch-türkischen Kulturszene gibt, die zum Besten gehören, das Deutschland auf diesem Gebiet aufzuweisen hat und mit dem es im Ausland punktet.

Damit der baukulturelle Anspruch eingelöst wird, ist begleitende Kritik auch außerhalb des Beirats unerlässlich. Professionelle Kritik muss den Entwurfsprozess kompetent und konstruktiv begleiten, sachkundig die städtebauliche und architektonische Qualität auf den Prüfstand stellen, damit Architekt und Bauherr gezwungen werden, ihr Bestes zu geben. Ihr Auftrag ist es aber auch für die Freiheit der Kunst einzutreten und sie vor unqualifizierter und ideologischer Einengung zu schützen. Eine Stadt, in der die Freiheit der Kulturschaffenden keinen Raum hat und ihre Eigenverantwortung nicht respektiert und verteidigt wird, verspielt ihren kulturellen Anspruch.

Köln, 1. September 2007

Christian Schaller Prof. Erwin H. Zander

Zum Stadtanzeiger Artikel vom 31.08.2007

Tiefensees Lob für Moscheebau

Modell des aktuellen Entwurfes des Architekten Paul Böhm für die DITIB Zentralmoschee.

Foto: DITIB

1 Kommentar

Nun den liebe Kollegen.
Ihr Kommentar erscheint für mich, besonders offensichtlich in den beiden ersten Absätzen, allein durch sein gewähltes Vokabular: „Kultur-Rassismus, pseudo-aufklärerischen Pathos, Pharisäertum…“ sehr polemisch. („dreinschlagen“ ist sehr passend)
Die im dritten Absatz zitierte „deutsch-türkische Kulturszene „ begründet doch nicht allen ernstes ihrer Meinung nach den Bau dieser Moschee. Diese wird, ist man ehrlich, vielleicht gelinde gesagt unter den Moslems gerade mal „hingenommen“. Wodurch begründet sich sonst noch die angesprochene „kreative“ Chance?
Der dritte Absatz wagt immerhin ein gemächliche Kritik zum Status quo. Wirft aber zugleich sehr bedenkliche unseren Berufsstand betreffende Fragen auf. Ist das Büro Böhm wirklich kein renommiertes Architekturbüro? War das Büro nicht Sieger eines ausgeschriebenen Wettbewerbs unter Renommierten Architekten? Waren die Juroren (Fachleute) der Aufgabe nicht gewachsen? Der Leser wird leider im Unklaren gelassen, wie die angeführte (noch bessere) „sachkundige städtebauliche u architektonische Begleitung“ wohl konkret ausschauen/begründbar sei.
Und zum gutem Schluss, wohl mit versöhnender Absicht mit Bauherren u Architekten gemeint, wird die Freiheit der Kunst beschworen. Pardon, das klingt doch ziemlich beliebig und wirkt wirklich nicht besonders sachlich geschweige den fachlich.
Eine, mir sei es vergönnt, polemische Frage (Freiheit der Kunst) zum Schluss: Ist es für einen deutschen Architekten, vertretbar ein Einkaufszentrum mit Geschlechtertrennung zu planen/bauen? (Wohl wissend, das die Antwort nie erfolgt, da sie doch zu kompromittierend wäre.)