Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Wir lassen den Dom in Kölle

Eine Unternehmensberatung bringt den Kölner Dom ins Second Life. Doch das ist nur der Anfang.

Die gute Nachricht vorweg: Der Dom bleibt in Köln. Auch im Second Life. Seit einiger Zeit plant eine Unternehmensberatung, die Rheinmetropole virtuell nachzubauen. Und weil man bekanntlich immer am Anfang beginnt, hat man sich das Herzstück der Stadt zuerst vorgenommen: Detailgetreu wächst die gotische Kathedrale nun in den virtuellen Himmel – doch wie der Rest der Stadt bald aussieht, ist noch unklar.

Köln wächst in die virtuelle Welt

Sandra Lendorf hat zwar viele Pläne, aber noch kein genaues Konzept. Sicher sei, dass die Stadt nicht eins-zu-eins kopiert werden soll – was ja auch schwer möglich wäre. Alles sei noch „im Wachsen“ sagt die Geschäftsführerin der Firma Seminal Considarations GmbH (Seminal3d), die die Internetseite virtuelles-koeln.de betreibt. Hier bekommt man einen kleinen Vorgeschmack von dem, was Lendorf sich vorstellt: Mit Hilfe und nach Plänen der Dombauverwaltung wird der Dom zunächst detailgetreu und im 3D-Format nachgebaut, als Anfangspunkt einer virtuellen Stadtentwicklung. In größer werdenden Kreisen, so Lendorf, sollen dann nach und nach weitere Gebäude der Stadt entstehen.

Plattform für Medien und Wirtschaft

Was das bringen soll? In den vergangenen vier Jahren hat sich das Second Life als Treffpunkt im Internet etabliert. So plant Lendorf, die Stadt als räumliche Internetpräsens zu errichten. Köln als virtuelle Plattform, auf der „Medien, Politik, Bewohner und Unternehmen“ zusammengeführt werden, wie es auf der Internetseite heißt. In 3D-animierten Gebäuden soll Handel betrieben und kommuniziert werden. „Vielleicht löst das Second Life eines Tages sogar das World Wide Web ab“, prophezeit Lendorf. Das sähe dann vielleicht so aus: Statt auf einer zweidimensionalen Internetseite, könnte sich ein Unternehmen mit Firmensitz im Second Life dreidimensional präsentieren. Seine Kunden könnten so Geschäftsräume betreten oder Produkte im Rundumschlag betrachten. So was ist bis jetzt Zukunftsmusik. Doch die hat viel mit Architektur zu tun.

Virtuelle Warenwelten

„Unsere Firma wird entscheiden, wie welche Gebäude am Ende aussehen“, kündigt Lendorf an. Grundsätzlich wären auch Bürgerentscheide möglich. Sogar an Architekturwettbewerbe habe man gedacht. Zurzeit sei SeminalD damit beschäftigt, mit Architekten als Berater in Kontakt zu treten. Die Idee: Ein Kunde von SeminalD lässt sich von der Firma beraten, wie er sich seinen Firmensitz im Kölner Second Life vorstellt. Mit Hilfe von Architekten wird ein Haus entworfen, das am Ende gar nichts mit dem eigentlichen, echten Firmensitz des Kunden zu tun haben muss. So ziehen – theoretisch – Studenten in riesige Paläste und Geschäftsleute in kleine Klitschen ein.

Der Dom bleibt am Rhein

„Es wäre schön, wenn wir alle markanten Gebäude der Stadt abbilden könnten“, sagt Lendorf. Doch was ist, wenn sich zum Beispiel ein großes Textilwarengeschäft in der Schildergasse weigern sollte, sein Gebäude eines italienischen Stararchitekten abbilden zu lassen? Oder der Architekt seine Pläne einfach nicht zur Verfügung stellt? Was ist mit Copyrights? „In solchen Fällen kann es sein, dass das Gebäude einfach unberücksichtigt bleibt“, sagt die Kauffrau pragmatisch. Das hieße allerdings auch, dass anstelle des Textilwarengeschäfts Schrebergärten oder Achterbahnen errichtet werden könnten. Der Kölner Dom jedoch bleibt das Herz der Stadt, dafür hat die Dombauverwaltung bereits gesorgt. Sie hat Pläne für den Nachbau der Kathedrale zur Verfügung gestellt – und damit auch den Standort festgelegt. Man stelle sich das mal vor: Der Dom auf der rechten Rheinseite…

Der Stand der Dinge zum Domnachbau im Internet

Annika Wind

Mehr als 800 Jahre dauerte es im echten Leben bis zur Fertigstellung des Kölner Doms. Jetzt wächst die Kathedrale ein zweites Mal in den Himmel – per Mausklick.

Detailgetreu wird die Kirche nachgebaut, in Kooperation mit der Dombauverwaltung.

Reale (rechts) und virtuelle Sockelzonen im Vergleich.

Sogar die Fenster werden nachgebaut. Auch wichtige Ausstattungsgegenstände wie etwa der Königsschrein sollen im virtuellen Dom zu finden sein.

Blick ins Gewölbe.